Tiroler Arbeiterzeitung

ZEITUNG FÜR ARBEIT UND KONSUMENTENSCHUTZ DER KAMMER FÜR ARBEITER UND ANGESTELLTE FÜR TIROL 11. JG. , JUNI 2019 | NR. 120 Österreichische Post AG | Postentgelt bar bezahlt | Verlagsort 6020 Innsbruck | RM 12A039146 K TIROLER ARBEITERZEITUNG N iemand weiß, wie die Regierung nach den Neu-Wahlen aussehen wird. Nicht wenige befürchten einen schmutzigen Wahlkampf, der die Kluft zwischen den Parteien noch weiter vergrößert und zu einer noch stärkeren Lagerbildung führen wird. Umso wich- tiger ist die Rolle der Sozialpartner. Sie stehen für Vertrauen, Verlässlichkeit und Stabilität seit mehr als 70 Jahren. Durch das positive Zusammenwirken von Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- schaft hat sich Österreich zu einem der wohlhabendsten Länder entwi- ckelt. Und zwar nicht durch Streit, sondern durch Dialog und Verstehen. Das erwarten sich die Menschen auch von einer künftigen Regierung: Mehr Zusammenarbeit und einen vernünf- tigen Interessenausgleich gegen jede Spaltung unserer Zivilgesellschaft. Wir werden die Regierung daran messen, wie sie mit den Sozialpartnern, vor allem mit der AK, zusammenarbeitet. AK Präsident Erwin Zangerl Gestalten ist besser als spalten KOMMENTIERT S echzig Stunden Arbeitszeit pro Woche, Null Tage Ur- laub, keine Interessenver- tretung: Die Situation der Arbeitnehmer ist mehr als trist, als Karl Renner und der Metaller- gewerkschafter Franz Domes in den Wirren des Ersten Weltkriegs den ersten Entwurf eines Arbeiter- kammergesetzes einbringen. Das war 1917. Drei Jahre später, im Februar 1920, werden die Arbei- terkammern gegründet. Sie gehen einer unsicheren Zukunft entge- gen, ebenso wie Millionen von Menschen, die ein maschineller Vernichtungskrieg entwurzelt hat. Der Schock über das Erlittene sitzt tief und so werden die Ar- beiterkammern auch als „Schutz- schild“ für soziale Errungenschaf- ten gesehen. Und die Arbeit der Arbeiterkammern wird rasch kon- kret. Die Arbeitszeit wird auf 48 Stunden wöchentlich gesenkt, die Arbeitnehmer erhalten eine Woche Urlaub, eine allgemeine Kranken- und Unfallversicherung wird ein- geführt, ebenso eine Arbeitslosen- versicherung und eine finanzielle „Entschädigung“ für Lehrlinge: Viele wichtige Neuerungen die- ser Zeit tragen die Handschrift der AK. Anfang vom Ende. Auf der Asche des ErstenWeltkrieges wird jedoch schon der nächste vorbereitet. Weltwirtschaftskrise, Ständestaat, Aufstieg des Nationalsozialismus: Bereits 1933 werden die Arbeiter- kammern mit Hilfe von „Notver- ordnungen“ ausgeschaltet, 1938 werden sie aufgelöst. Erst 1945, nach Ende des nationalsozialis- tischen Terrorregimes, treten die Arbeiterkammern wieder auf den Plan. Und sie setzen dort fort, wo 1933 ihre freie Arbeit gewaltsam beendet wurde. In den folgenden Jahrzehnten veränderte ihr Einsatz das Arbeits- und Gesellschaftsle- ben grundlegend. Gemeinsam in die Zukunft. Kooperation statt Konfrontati- on heißt die Zauberformel: 1946 kommt es zur Zusammenarbeit aller Interessensgruppen – die So- zialpartnerschaft ist geboren. Sie wird zu einem Meilenstein, der uns bis heute Frieden und Wohl- stand gebracht hat. 1947 werden das Sozialversicherungs-, Kollek- tivvertrags-, Betriebsräte- und Ar- beitsinspektionsgesetz verabschie- det, die Pensionsversicherung für alle wird eingeführt, in den 1950er Jahren kommen das Mutterschutz- gesetz und die 45-Stunden-Woche für alle, in den 1960ern die Ver- längerung des Mindesturlaubs auf drei Wochen, in den 1970ern die 40-Stunden-Woche und das Gleichbehandlungsgesetz, in den 1980ern werden fünf Wochen Mindesturlaub für alle eingeführt. Die 1990er bringen die Väter- karenz und die Lehrlingsfreifahrt, die 2000er Jahre u. a. die Erhö- hung der Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung: Aus keinem Lebensbereich ist die AK wegzudenken. Im Zuge der Sozialpartnerschaft gestaltete sie Österreich nach solidarischen Grundsätzen neu und verhalf dem Land zu Aufschwung und Wohl- stand. Obwohl diese Leistungen nicht angezweifelt werden, wird ständig versucht, die Interessen- vertretung der Arbeitnehmer zu schwächen. Solidarität in der Krise. „Was wir derzeit erleben ist eine Krise der Solidarität. Einzel- und Partei- interessen werden über das Wohl der Bevölkerung gestellt“, urteilt AK Präsident Erwin Zangerl. Es gehe nur mehr darum, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. „Ohne Dialog, ohne Zusammenar- beit und ohne gemeinsame Werte wird aber alles in Frage gestellt, was die Generationen vor uns hart erarbeitet und erkämpft haben. Wenn die Sozialpartner ausein- anderdividiert und die Arbeiter- kammern und Gewerkschaften zurückgedrängt werden, wird ein wichtiges Stück Solidarität ver- loren gehen. Und damit, das dür- fen wir nicht vergessen, auch die Sicherheit: auf einen ordentlichen Arbeitsplatz, auf ansprechende Gesundheitsversorgung, auf Aus- bildung und auf Hilfe, wenn das Tempo zu hoch geworden ist. Wir müssen die Solidarität wieder aus der Krise führen, in die sie, ohne jede Not, gedrängt wurde“, so der AK Präsident. SOLIDARITÄT © vextrofusionart /stock.adobe.com GESUNDHEITSBERUFE Endspurt für Registrierung D ie Beschäftigung in einem Gesundheitsberuf (DGKP, Pflegefachassistenz, Pflegeassistenz, MTD-Berufe) ist ab 1. Juli 2019, nur mit einer Eintragung in das Gesund- heitsberuferegister erlaubt. Melden Sie sich daher rechtzeitig! Diese Dokumente brauchen Sie für die Registrierung, wenn Sie über den 1. Juli 2018 in einem aufrechten Dienstverhältnis ge- standen sind: Pass oder Personalausweis Passfoto Zeugnisse oder Diplom Antrag Heiratsurkunde ✓ ✓ ✓ ✓ ✓ ✓ ✓ KONTAKT: AK Tirol Tel.: 0800/225522–1650 eMail: gbr@ak-tirol.com Mehr auf tirol.arbeiterkammer.at/gbr Das öffentliche Register finden Sie unter https://gbr-public.ehealth.gv.at Wenn Sie eine neue Beschäfti- gung annehmen oder neu in einen registrierungspflichtigen Beruf einsteigen, dann zusätzlich : Strafregisterauszug Gesundheitszeugnis AK: Stabiler Partner auch in Krisenzeiten Hintergrund. Seit fast 100 Jahren begleitet die Arbeiterkammer die Beschäftigten, stellte sich gegen Krisen und verhalf als wichtiger Sozialpartner dem Land zu Aufschwung und Wohlstand. Und dabei setzt sie vor allem auf eines: den solidarischen Zusammenhalt.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=