Tiroler Arbeiterzeitung
5 Nr. 111, Oktober 2018 H INTERGRUND & A NALYSE Versicherte künftig fremdbestimmt Milliarden-Fakes der Regierung D ie Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen in die neue „Österreichische Gesund- heitskasse“ würde das Ende der Selbstverwaltung bedeuten. Diese garantiert aber den Versicherten Einfluss auf gesundheitspolitische Entscheidungen in den Ländern. Die Regierung will nun die Arbeitge- bervertreter massiv aufwerten und die politische Macht neu verteilen. Nichtversicherte werden in Zukunft über Versicherte im Interesse der Wirtschaft entscheiden und Kür- zungen im Gesundheitswesen sind dann viel leichter durchsetzbar. Auch können die Länderkassen nicht mehr über die Beiträge entscheiden. I m Jahr 2017 betrug der Gesamt- aufwand der Sozialversicherungs- träger 61,57 Mrd. Euro. Demge- genüber steht ein Aufwand für die Selbstverwaltungsgremien von 5,6 Mio. Euro, weniger als ein Zehntau- sendstel (!) der Gesamtausgaben. Das von der Regierung verwendete Argument der „Funktionärsmilliarde“ erweist sich als glatter Fake. Ein Fake ist auch die angekündigte Einspa- rung von einer Milliarde Euro: Sogar in den Erläuterungen zum Gesetzes- entwurf wird darauf hingewiesen, dass die Einsparung bis 2023 nicht eine Milliarde, sondern lediglich 33 Millionen Euro betragen wird… DIE SVA-REFORM FACTS Der österreichische Patient Umstrukturierung. Die Sozialversicherungsreform droht zum finanziellen Desaster zu werden: Über zwei Milliarden Euro soll das gefährliche Spiel mit der Gesundheit kosten. D ie vielzitierte Leistungsharmo- nisierung durch die Reform ist ein weiterer PR-Gag der Bun- desregierung, da eine Angleichung der Leistungen für Arbeitnehmer etwa an jene für Beamte ebenfalls nicht finanzierbar ist. Im Gegenteil: Anstelle einer Harmonisierung wird eine Drei-Klassen-Medizin geschaffen. Ganz oben Politiker und Beamte, gefolgt von Selbstän- digen und Bauern. Der Rest bildet die unterste Klasse, darunter die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer. Sie bekommen schlechtere Leistungen und das, obwohl alle die gleichen Beiträge bezahlen. Und um die Reform zu finanzieren, drohen Selbstbehalte, Leistungskürzungen und Ambulanzgebühren. Weitere Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter Tel. 0800 / 22 55 22 – 1217 bzw. rueckenwind@ak.tirol.com F PÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein teilt ein zweifelhaftes Schicksal mit Innenminister Herbert Kickl: Beide kommen seit Amts- antritt nicht mehr aus den Schlag- zeilen. Kein Wunder, vor allem die „Reformen“ aus Hartinger-Kleins Ressort sind ein direkter Angriff auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Umgestaltung der Allgemeinen Unfallversicherungs- anstalt (AUVA), im Eilzugtempo durchgeboxtes Arbeitszeitgesetz mit der Möglichkeit des Zwölf- Stunden-Tages, Mindestsicherung Neu und jetzt die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen zu einer Mega-Gesundheitskasse. Mangelndes Tempo ist das einzige, das man Hartinger-Klein nicht vorwerfen kann, mangelnde Sorg- falt und Weitsicht hingegen schon, denn der überhastete Bau einer riesigen Österreichischen Gesund- heitskasse wird Milliarden kosten. Geld, das auf den Steuerzahler ab- gewälzt wird und das im Gesund- heitssystem letztlich fehlen wird. „Fusionen dieser Größenordnung gehen selten gut aus, wie das Fias- Schlechte Aussichten. Selbstbehalte, Ambulanzgebühren und Leistungskürzungen – die Arbeitnehmer werden bei der Kassenreform zu den Verlierern zählen… ko bei der Zusammenführung der Pensionsversicherungsanstalten im Jahr 2003 eindrucksvoll beweist“, so AK Präsident Erwin Zangerl. Rechnungshofprüfungen bestäti- gen, dass durch die damalige Fusi- on mehrere hundert Millionen Euro an Folgekosten angefallen sind, ebenso sind die Verwaltungskosten nach der Fusion übermäßig stark gestiegen. Bedenklich findet Zan- gerl nicht nur das Tempo, mit dem die Fusion trotz der negativen Fak- tenlage kommen soll, sondern auch die permanente Fehlinformation und Schönfärberei. „Fakt ist, die von Kanzler und Vizekanzler an- gepriesene Patientenmilliarde ist in Wirklichkeit eine Mehrbelastung, die auf die Menschen zukommen wird. In Summe reden wir hier von unglaublichen 2,1 Milliarden Euro, wie die Rechnung der AK Experten zeigt“, sagt Zangerl. Wer wird das bezahlen? Vor- sichtig geschätzt gehen die AK Experten von 500 Millionen an Fu- sionskosten aus, erhebliche perso- nelle und zeitliche Ressourcen wer- den gebunden, wodurch sich die Serviceleistungen auf Jahre hinaus deutlich verschlechtern werden. Hinzukommt die Zusammenlegung der neun Gesamtverträge mit den Ärztekammern zu einem öster- reichweiten Gesamtvertrag. Auch hier ist mit Kosten von mindestens 500 Millionen Euro zu rechnen. Schließlich belastet die Regierung die Gebietskrankenkassen und die AUVA in den nächsten fünf Jahren mit 1,1 Milliarden Euro zusätzlich: Mindestens 150 Millionen pro Jahr, weil die Kosten für die Behandlung von Arbeitsunfällen nicht mehr er- setzt werden, und 30 Millionen pro Jahr, die von den Versicherten der Gebietskrankenkassen in Richtung Privathäuser fließen, hinzu kom- men Beitragskürzungen und an- deres mehr. „Eine Milliarde, wie das die Re- gierung anpreist, kann man nicht einsparen, indem man ein paar Sitzungsgelder wegstreicht. Das geht nur auf dem Rücken der Ver- sicherten, etwas, das die Regierung verschweigt. In Wahrheit wird dem Gesundheitssystem eine Milliarde Euro entzogen – mit allen nega- tiven Effekten für die Menschen“, so Zangerl. Reform schafft Drei-Klassen-Medizin 14 Jahre, was nun? W as tun nach der achten Schulstufe? In einen Lehrberuf einsteigen oder weiter zur Schule gehen, eventuell Matura machen? Die Entscheidung ist gerade in die- sem Alter schwierig, daher hilft die AK Tirol mit wichtigen Informationen: Eltern und Jugendliche erhalten von Experten einen Überblick über die verschiedenen Ausbildungsvarianten, über Trends am Arbeitsmarkt sowie Tipps zur Schul- und Berufswahlent- scheidung. Vermeiden Sie über- stürzte Entscheidungen und melden sich gleich an zum kostenlosen AK Infoabend „14 Jahre, was nun?“ am Di. 6. November ab 19 Uhr in der AK Landeck, Malserstraße 11 , unter 0800/22 55 22 – 3450 oder landeck@ak-tirol.com Auf ins Abenteuer Europa D u brauchst Zeit, um dich beruflich zu orientieren, musst ein paar Monate überbrücken oder willst einfach eine Auszeit nehmen? ann sind die Langzeit-Rücken- wind-Projekte, die die AK für junge AK Mitglieder bzw. Junge aus Arbeitnehmerfamilien anbie- tet, vielleicht genau das Richtige für dich! Im Rahmen des Eras- mus+ Programmes gibt es in ganz Europa Möglichkeiten, um neue Menschen, Kulturen und Arbeits- weisen kennenzulernen. Etwa in Italien , wo ab November junge engagierte Menschen imAlter von 18 bis 30 Jahren die Möglichkeit haben, an verschiedenen Solida- ritätsprojekten des Roten Kreuzes für 6 Monate teilzunehmen. Ein- satzorte sind Ancona, Cingoli, Marotta, Montelabbate und San Severino Marche . In Piandimeleto können sich Interessierte in einer öffentlichen Bücherei und in Pe- saro in einem Jugendinformati- onszentrum für je 6 bis 12 Monate engagieren. In Senigallia kann im Sozialzentrum Le Rondini mitge- arbeitet werden, wo u. a. Freizeit- aktivitäten für Kinder organisiert oder Näh- und Sprachurse für jun- ge Mütter angeboten werden. Quer durch Europa. Eben- so starten ab November in Polen ( Kwidzyn ) und in Finnland ( Kokkola ) mehrere Langzeitprojekte in den unterschied- lichsten Bereichen der Freiwilligenar- beit. Von Jugendzen- tren, Kindergärten und schulischen Einrichtungen bis hin zu Recycling-Werkstätten können die Teilnehmer 10 bis 12 Monate wertvolle Erfahrungen sammeln und dabei ihre Fremd- sprachenkenntnisse ergänzen. So gehts. Die Teilnahme ist kostenlos, Vorkenntnisse sind nicht notwendig, du musst zwischen 17 und 30 Jahre alt sein. Unterkunft, Verpfle- gung, Taschengeld und Sprachkurs sind inkludiert. Projekte ab 10 Monaten können als Zivildienst angerech- net werden! Vielfältiges Angebot. „Rückenwind“ lautet der Titel eines AK Projektes, das es jungen Menschen ermöglicht, in ganz Europa ihren Wissenshorizont zu erweitern. FÜR SCHÜLER UND ELTERN Gesamtaufwand: 61.572.204.840 Є Aufwand für Selbstverwaltungsgremien: 5.672.880 Є 0 8 0 0 / 2 2 5 5 2 2 – 1 2 1 7 Schnell entschließen und rasch anmelden! © Rawpixel.com/stock.adobe.com
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