Tiroler Arbeiterzeitung
5 Nr. 112, Nobember 2018 A RBEIT & S TEUER Via WhatsApp Kellner entlassen S achen gibts...Fünf Jahre arbeitete Peter als Kellner in einem Gas- tronomiebetrieb. – Obwohl sein Lohn von 1.600 Euro netto nicht immer pünktlich am Konto war, er nie eine Lohnabrechnung erhielt und seine 172 Überstunden in einem Buch des Chefs zwar notiert, aber nie abgegol- ten wurden, hielt er ihm die Treue. Im Sommer wurde Peter dann krank. Pflichtbewusst gab er dem Chef Bescheid und ließ ihm die Krankmel- dung zukommen. Deshalb konnte er es kaum fassen, als er am selben Tag vom Chef per WhatsApp entlassen wurde! Begründung: Peter sei nun zum 3. Mal nicht zur Arbeit erschie- nen. „Das war aber nie unentschuldigt und auch sonst habe ich nichts getan, das eine Entlassung rechtfertigen wür- de“, versicherte Peter, als er in der AK Imst verzweifelt um Hilfe bat und ein Foto der Überstunden-Notizen zeigte. Schriftlich wiesen die AK Experten den Arbeitgeber darauf hin, dass die Entlassung zu Unrecht erfolgt war, und forderten für das AK Mitglied Kündi- gungsentschädigung, Urlaubsersatz- leistung, anteilige Sonderzahlungen, die Abgeltung der 172 Überstunden sowie Lohnabrechnungen und ein Dienstzeugnis ein. Wenige Tage später erhielt Peter alle Unterlagen und auf seinem Konto gingen 5.655 Euro ein. Viel Geld, um das er ohne die Hilfe der AK wohl umgefallen wäre. ARBEITSRECHT ERFOLG Weihnachtsgeld: Das gilt Extra-Gehalt. Viele haben es schon bekommen – das heiß ersehnte Weihnachtsgeld. Aber wem steht es zu und wann ist es fällig? Die Juristen der Arbeiterkammer klären auf. Z weimal im Jahr gibt es für die meisten Arbeitnehmer mehr Geld am Lohn- und Gehaltszettel – das Weih- nachtsgeld und das Urlaubsgeld. Aber diese sogenannten Sonder- zahlungen bekommen nicht alle Beschäftigten. Denn es gibt kei- nen gesetzlichen Anspruch darauf (mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes). Fast immer ist das im jeweils gültigen Kollektivvertrag (KV) geregelt, bisweilen auch im Einzelarbeitsvertrag. Übrigens: Der anzuwendende Kollektivver- trag muss in der Firma aufliegen. Es gibt aber auch Arbeitsverhält- nisse, die keinem Kollektivertrag unterliegen, sodass die betrof- fenenArbeitnehmer kein Urlaubs- und kein Weihnachtsgeld erhal- ten. Im Zweifel bei den Arbeitsrechtsexperten der AK nachfragen! Extra im Börsel Ein Extra im Bör- sel kann gerade zu Weihnachten jeder gut brauchen. Auch Doris wäre froh da- rüber. Sie hat einen kleinen Sohn und ar- beitet geringfügig als Verkäuferin in einer Boutique. Im Unter- schied zu ihrer vollzeit- beschäftigten Kollegin hat sie kein Weihnachtsgeld bekommen. Da auch die Chefin des kleinen Mode-Geschäfts nicht genau Bescheid weiß und zum ersten Mal eine geringfügig Beschäftigte angestellt hat, erkundigt sich Doris bei den AK Juristen. Und die haben gute Nachrichten. Denn: Sieht der Kollektiv- vertrag Weihnachts- und Urlaubs- geld vor oder werden diese sonst im Betrieb bezahlt, dann stehen sie den Teilzeitbeschäftigten und damit auch den geringfügig Be- schäftigten ebenfalls zu und zwar im anteiligen Ausmaß. Kollektivvertrag zählt Im Handel bekommen Vollzeit- beschäftigte nach dem Handels- Kollektivvertrag Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Also steht es auch Doris als geringfügig Be- schäftigter zu. Sie ist froh, dass sie sich bei der AK erkundigt hat und berichtet ihrer Chefin. Diese sichert ihr auch gleich zu, das Weihnachtsgeld zu überweisen. Der Kollektivvertrag legt auch fest, wann die Sonderzahlungen fällig sind: Das Weihnachtsgeld meist im November oder Dezem- ber, das Urlaubsgeld meist im Juni oder Juli. Das steht zu Das Weihnachtsgeld, auch als 13. Gehalt bezeichnet, beträgt meist einen Monatslohn. Es gibt aber auch Branchen, in denen weniger gezahlt wird. Regelmäßig geleis- tete Überstunden und Prämien müssen dann im Urlaubs- oder Weihnachtsgeld enthalten sein, wenn dies im KV steht oder ver- einbart ist. Teilzeit und geringfügig Bei Teilzeitbeschäftigten müssen auch regelmäßig geleistete Mehr- stunden für die Berechnung des Weihnachtsgelds berücksichtigt werden. Geringfügig Beschäf- tigte haben ebenfalls einen An- spruch auf Sonderzahlungen im anteiligen Ausmaß ihrer Arbeits- zeit, falls diese den Vollzeitbe- schäftigten der Branche oder des gleichen Betriebes bezahlt wer- den. Für Zeiten von Elternkarenz, Präsenz- oder Zivildienst steht grundsätzlich kein Weihnachts- geld zu. Nicht ganzjährig Das volle Weihnachtsgeld steht grundsätzlich nur jenen Arbeit- nehmern zu, die während des ganzen Kalenderjahres im Be- trieb beschäftigt waren. Hat das Arbeitsverhältnis unterm Jahr be- gonnen, wird das Weihnachtsgeld in der Regel auch nur anteilig aus- bezahlt. Achtung: Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe haben erst nach mindestens zweimonatiger Be- schäftigung beim selben Arbeit- geber Anspruch auf Sonderzah- lungen. Neues zumKinderbetreuungsgeld Urteil. Mehr Wochengeld steht zu, wenn Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsentgelte fällig waren. Damit steigt das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, aber nicht automatisch! V on dieser Entscheidung des Obersten Gerichts- hofes (OGH) können Müt- ter profitieren: Wurden vor der Meldung der Schwanger- schaft regelmäßig Überstunden geleistet bzw. wenn Sonn- und Feiertagsentgelte anfielen, müs- sen diese laut OGH auch bei der Berechnung des Wochengeldes berücksichtigt werden. Wer einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld bezieht und mit einem positiven Bescheid mehr Wochengeld erhält, dem steht auch mehr Kinderbetreu- ungsgeld zu. Denn das Wochen- geld ist Berechnungsgrundlage für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, dieses be- trägt 80 % des Wochengeldes und maximal 66 Euro pro Tag. 14-Tage-Frist . Allerdings ent- steht der Anspruch nicht automa- tisch! Die Neuberechnung des Kinderbetreuungsgeldes muss binnen 14 Tagen ab Erhalt der Mitteilung über den hö- heren Wochengeldan- spruch schriftlich beantragt werden. Achtung: Wer die Frist versäumt, verliert den Anspruch auf eine Neuberechnung! Rückwirkende Berechnung • Verlangen Sie vom Arbeitgeber eine korrigierteArbeits- und Ent- geltbestätigung. • Der Antrag auf rückwirkende Neuberechnung des Wochen- geldes muss bei der jeweiligen Krankenkasse schriftlich ein- gebracht werden. Achtung: Der Beginn des Wochengeldbezuges Bei Fragen rund um Weih- nachtsgeld oder Kollektivvertrag informieren die Experten der AK Arbeitsrechtsabteilung unter 0800/22 55 22 – 1414. Infos gibt es auch auf www.ak-tirol.com Kontakt darf nicht länger als zwei Jahre zurückliegen! • Sobald die positive Mitteilung über den höheren Wochen- geldanspruch vorliegt, muss binnen 14 Tagen ein gesonderter Antrag auf Neuberechnung des einkommensabhängigen Kinder- betreuungsgeldes bei der jewei- ligen Krankenkasse eingereicht werden. Bei Fragen helfen die AK Sozial- rechtsexperten unter 0800/22 55 22 – 1616. Schenken oder vererben? F ür das eigene Hab und Gut haben viele Menschen ein Leben lang gearbeitet. Oft sind sie unsicher, wann und wie eine Vermögensweitergabe sinnvoll ist? Vermeiden Sie teure Fehler und informieren Sie sich beim kostenlosen AK Infoabend „Schenken oder vererben?“ . Die nächsten Termine: Di. 27. Nov. um 19 Uhr in der AK Lienz, Beda-Weber-Gasse 22 mit Notar Mag. Markus Mayr. DW 3550 oder lienz@ak-tirol.com Do. 29. Nov. um 19 Uhr in der AK Reutte, Mühler Straße 22 mit RA Mag. Harald Rossmann. DW 3650 oder reutte@ak-tirol.com Anmeldung per eMail oder unter 0800/22 55 22 und der jeweiligen Durchwahl (DW). Die Experten geben u. a. Tipps zu Schenkung, Übergabe, Erbfolge, Pflichtteil, Testament, Grunderwerb- steuer oder Pflegekostenregress. AK LIENZ & AK REUTTE © Racle Fotodesign /stock.adobe.com © Gina Sanders /stock.adobe.com
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