Tiroler Arbeiterzeitung
A RBEIT & R ECHT 4 Nr. 113, Dezember 2018 Kontrolle und Verfallsfristen J eder Beschäftigte sollte die monatliche Lohnabrechnung kontrollieren, um festzustellen, ob alle zustehenden Ansprüche be- rechnet wurden. Eventuell fehlende Entgeltbestandteile, wie etwa Mehr- oder Überstunden, müssen beim Arbeitgeber rechtzeitig eingefordert werden. Denn oft finden sich in Ar- beitsverträgen oder Kollektivverträ- gen Verfallsbestimmungen, wonach offene Ansprüche innerhalb eines kurzen Zeitraums schriftlich geltend gemacht oder sogar eingeklagt werden müssen. Wenn die Fristen versäumt werden, bedeutet das oft, dass Überstunden gratis geleistet wurden, da diese nachträglich nicht mehr bei Gericht eingeklagt werden können. Es ist ratsam, offene Ansprüche nach erfolglosem Gespräch immer schriftlich geltend zu machen, am besten mit einem eingeschriebenen Brief. So ist im Streitfall auch ein Nachweis möglich. Innerhalb von drei Jahren müssen aber sämtliche offenen Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, da sie sonst verjähren! Generell ist es ratsam, Arbeitszeiten und Pausen genau aufzuzeichnen, weil dies im Ernstfall vor Gericht ein wichtiges Beweismittel ist. Ein Formular dazu finden Sie auf www.ak-tirol.com unter „Muster- briefe“. GUT ZU WISSEN FACTS Wenn der Chef nicht zahlt Reagieren. Immer wieder müssen sich Beschäftigte mit offenem Lohn bzw. nicht bezahlten Überstunden herumschlagen. Die AK Experten erklären, wie Sie zu ihrem Geld kommen. Kranken Arbeiter einfach abgemeldet Die AK hat geholfen. Peter wurde nachträglich ordnungsgemäß gekündigt und erhielt eine Nachzahlung von 2.900 Euro. M ehr als zwei Monate ist Peter schon im Kran- kenstand. Umso dreis- ter ist das, was ihm nach der Krankmeldung wider- fahren ist: Als er Mitte September zumArzt ging, weil er sich unwohl fühlte, und der ihn sofort krank- schrieb, fackelte sein Chef nicht lange, sondern löste das Arbeits- verhältnis wegen eines angeblich unberechtigten vorzeitigen Aus- tritts auf. „Die AK Arbeitsrechts- experten haben gar nicht selten mit Fällen zu tun, in denen Dienst- verhältnisse zu Unrecht mit einer Entlassung oder einem unberech- tigten vorzeitigen Austritt beendet werden“, berichtet AK Präsident Erwin Zangerl. Denn damit kön- nen sich Arbeitgeber im Vergleich zu einer vorschriftsmäßigen Kün- digung einzuhaltende Fristen und viel Geld sparen. Zum Glück fragte Peter, der fünfeinhalb Mo- nate als angelernter Saisonarbeiter im Betrieb beschäftigt war, bei der AK Imst umHilfe. Ein einziges In- terventionsschreiben der Arbeits- rechtsexperten genügte, und schon änderte der Betrieb die Meldung auf eine Dienstgeberkündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ab – mit der Fol- ge, dass Peter Anspruch auf Ent- geltfortzahlung im Krankenstand hat und ihm noch 2.900 Euro über- wiesen wurden. B ei Angestellten wird üblicherweise von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Zahlung für den Schluss eines jeden Kalendermonats zu vereinbaren, also am Monatsende. Arbeiter haben das Entgelt bei stundenweiser Entloh- nung am Schluss jeder Kalenderwoche, bei einer nach Monaten bemes- senen Entlohnung am Ende eines jeden Kalendermonats zu erhalten. Bei Arbeitern ist es jedoch zulässig, durch Kollektivvertrag (KV) oder Arbeitsver- trag einen anderen Fälligkeitszeitpunkt zu vereinbaren. Aber der Arbeitsver- trag darf keine spätere Lohnzahlung festlegen, als der KV. Ansprüche aus einer Endabrechnung, also bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sind überhaupt schon mit dem Beendigungszeitpunkt fällig, und nicht erst am darauffolgenden Monatsende. Am Tage der Fälligkeit, zum Beispiel am Monatsletzten, muss der Arbeitnehmer bereits über das Geld verfügen können, also dieses bereits auf dem Gehaltskonto eingelangt sein. Wann ist der Lohn fällig? Was tun, wenn der Lohn nicht kommt? Was tun, wenn ich keine Abrechnung bekomme? Abgeltung von Überstunden Zuschläge bei Mehrarbeit W urde der Lohn bzw. das Gehalt zum Fälligkeitstermin nicht gezahlt oder fehlen Überstunden, Zuschläge und Zulagen, sollten Sie den Chef oder die Chefin mündlich zur Zahlung auffor- dern. Suchen Sie zunächst immer das Gespräch. Wenn es einen Betriebsrat gibt, ziehen Sie ihn bei. Bleibt das erfolglos, dann sollte man die Ansprüche schriftlich geltend machen, das heißt, dem Arbeitgeber einen eingeschriebenen Mahnbrief mit einer Zahlungsfrist von 14 Tagen schicken. Um teure Fehler zu vermeiden, sollten Sie sich dafür mit den Experten der Arbeiterkammer in Verbindung setzen. Achtung: Hier sind teils sehr kurze Fristen einzuhalten. J eder Arbeitnehmer muss spätestens mit der jeweiligen monatlichen Lohnzahlung eine mo- natliche Lohnabrechnung erhalten. Diese muss die verrechneten Ansprüche (wie etwa Lohn/ Gehalt, geleistete Überstunden, Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration...) sowie die vorge- nommenen Abzüge (Sozialversicherungsbei- träge, Steuer) enthalten. Dem Arbeitneh- mer muss klar sein, welche Leistungen der Arbeitgeber berücksichtigt hat. Wer keine Lohnabrechnung bekommt, kann diese zivilrechtlich einklagen! J ede Überstunde muss mindestens mit einem Zuschlag von 50 Prozent abgegolten werden. Manche Kollek- tivverträge sehen für Überstunden in bestimmten Zeiträumen, z. B. nachts oder an Sonntagen, einen hundertprozentigen Zuschlag vor. Für Überstunden kann mit dem Arbeitgeber auch Zeitaus- gleich vereinbart werden (Ver- hältnis mindestens 1:1,5). J ene, die Teilzeit oder geringfügig arbeiten, leisten oft Mehrarbeit. Das ist die Arbeits- zeit, die zwischen der vereinbarten Arbeitszeit und der gesetzlichen Normalarbeitszeit (40 Stunden) oder der geringeren kollektivver- traglichen Normalarbeitszeit (zum Beispiel 38,5 Stunden) liegt. Für Mehrarbeit steht ein Zuschlag von 25 Prozent zu, falls die Mehrarbeit nicht innerhalb eines fest- gelegten Dreimonatszeitraums durch Zeitausgleich abgegolten wird. J a, denn der Arbeitgeber trägt das Risiko, wenn in der vereinbarten Arbeitszeit keine Arbeit zu verrichten ist. Der Arbeitgeber darf seine Mitarbeiter auch nicht zwingen, in dieser Zeit offenen Urlaub oder Zeitausgleich zu verbrauchen. Dazu bedarf es immer einer beiderseitigen Vereinbarung. Keine Arbeitsaufträge: Gibt es trotzdem Lohn? © Artem/ stock.adobe.com Ihre Rechte am Arbeitsplatz Ausbildung mit Hindernissen G erechtigkeit muss sein, vor allem am Arbeitsplatz: Doch die Realität sieht leider oft ganz anders aus. Damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bescheid wissen und nachlesen können, was erlaubt ist, und wo sie aufpassen müssen, gibts die AK Broschüre „Arbeitsrecht griff- bereit“ . Darin finden Beschäftigte das Wichtigste zu Arbeitsvertrag, Dienstzettel, Urlaubsrecht, Kranken- stand, geringfügiger Beschäftigung, Abfertigung, Pflegefreistellung, Kündigung oder Entlassung. AK Mitglieder können die handliche Broschüre einfach herunterladen auf www.ak-tirol.com oder kosten- los anfordern unter 0800/22 55 22 – 1432. Denn nur wenn Sie Ihr Recht kennen, können Sie es auch durchsetzen! I mmer wieder kommt es vor, dass Lehrlinge zu Arbeiten herange- zogen werden, die mit dem Beruf, den sie erlernen möchten, nichts zu tun haben. So auch im Fall von Nadine und Marlene, die in einem heimischen Tourismusbetrieb den Beruf der Hotel- und Gastgewerbe- assistentin (HGA) erlernen wollten. Obwohl es sich dabei klar um eine kaufmännische Ausbildung handelt, wurden beide Jugendliche – auf- grund von Personalmangel – jedoch hauptsächlich im Service- bzw. im Küchenbereich eingesetzt. Da auch Gespräche mit dem Dienstgeber nichts fruchteten, wandten sich die Mädchen letztlich an die Tiroler Arbeiterkammer. Mit Hilfe der Jugend-Experten konnten beide berechtigt aus dem Lehrver- trag austreten. Auch der geforderte Schadenersatz wurde vom Lehrbe- trieb aufgrund der klaren Rechtslage bezahlt. IM ÜBERBLICK HILFE FÜR LEHRLINGE © Gina Sanders/ stock.adobe.com
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