Tiroler Arbeiterzeitung

5 Nr. 118, April 2019 H INTERGRUND & A NALYSE © 3dsculptor /stock.adobe.com S ozialstaat und Sozialpartner- schaft haben in der Zweiten Republik wesentlich zur Sicherung sozialer Teilhabechancen und zu sozialem Ausgleich beigetragen. Zurzeit stehen sie unter enormem Druck: Die türkis-blaue Regierung greift massiv in Sozialleistungen ein – ablesbar exemplarisch an der Mindestsicherung/Sozialhilfe neu und der Notstandshilfe. Zugleich wird der sozialpartnerschaftliche Interes- senausgleich ausgeschaltet. Darüber und wie der Sozialstaat aus- gehöhlt und die Sozialpartnerschaft unter Druck gesetzt wird, spricht Prof. Emmerich Tálos am Do, 25. April, ab 14.30 Uhr in der AK Tirol in Inns- bruck, Maximilianstr. 7. Anmeldung unter 0800/22 55 22 – 1300 . D ass gerade die soziale Hei- matpartei FPÖ vehement gegen die Arbeiterkam- mer wettert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, setzt sie sich nach eigenenAussagen ja für die In- teressen des „kleinen Mannes“ ein. Eine Täuschung, wie viele, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer in den letzten 16 Monaten über sich ergehen lassen mussten. Denn Türkis-Blau arbeitet nicht nur gegen die Interessen der Beschäftigten, sondern hat auch die Verhältnisse in der Sozialpartnerschaft verschoben. Während Wirtschaft und In- dustrie durch ihre Nähe zu den Regierungsparteien von oft rück- sichtslos durchgesetzten Gesetzes- änderungen profitieren, werden die Arbeitnehmerorganisationen aus- gegrenzt. Mit gutem Grund, denn es fehlt gerade der FPÖ in diesen Bereichen der Einfluss, den sie auf demokratischem Weg, sprich durch Wahlen, nicht erreichen kann. Des- halb ist das Zurückdrängen der Arbeitnehmervertreter in der So- zialpartnerschaft auch kein Zufall, sondern gewollt. Dass dabei die So- zialpartnerschaft an sich, die über Jahrzehnte einen entscheidenden Anteil an der politischen und wirt- schaftlichen Entwicklung Öster- reichs hatte, ausgeschaltet wird, wird als Kollateralschaden hinge- nommen. Und noch viel mehr: Wer- den Interessenvertretungen aus der politischen Entscheidungsfindung ausgegrenzt, folgt unweigerlich eine Schieflage. Kaum eine Regie- rung schürt dermaßen soziale Kon- flikte und arbeitet an der Spaltung sozialer Gruppen, wie die aktuelle. Ungleiche Interessen. Die Fol- ge: Bereits eine Reihe von Geset- zesvorhaben, die insbesondere die Arbeitnehmerinteressen betrafen, wurden ohne Sozialpartnerver- handlung bzw. übliche paritätische Einbindung der Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerorganisationen um- gesetzt. Schon die erste Maßnah- me in diesem Stil – die Abschaf- fung der Aktion 20.000 – war ein herber Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer. Ohne substanzielle Gespräche oder Verhandlungen wurde auch die Arbeitszeit erhöht, ebenso wurden ohne vorausge- hende Verhandlungen im Dezem- ber 2018 einschneidende Eingriffe in die Selbstverwaltung der Sozi- Vortrag: Soziale Kälte zieht durchs Land Hausmittel aus der Küche B ei einfachen körperlichen Be- schwerden und zur Steigerung des Wohlbefindens können Sie auf Lebensmittel aus Ihrer Küche ver- trauen. Immerhin fördern natürliche Heilmethoden das Gesundheitsbe- wusstsein und stärken das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des eigenen Körpers. Beim kostenlosen Infoabend „Gesunde Hausmittel aus der Küche“ am Di. 7. Mai, ab 19 Uhr in der AK Landeck, Malserstraße 11 , erklärt DGKP und Kräuterfachberate- rin Brigitte Staffner wie verschiedene Kräuter, Topfen, Zwiebel, Leinsamen, Kohl, Zitrone und Kren bei diversen Wehwehchen rasch helfen und wohltuend wirken können. Anmelden unter 0800/22 55 22 – 3434 oder landeck@ak-tirol.com Menschen brauchen Sicherheit U m türkis-blaue „Re- formen“ wie das neue So- zialhilfe-Grundsatzgesetz ging es am 19. März beim Josefitreffen in der AK Tirol. Denn Leidtragende sind v. a. Menschen, die arm oder armutsgefährdet sind. „Zum Glück können Institutionen wie eure und die AK noch frei ihre Meinung äußern“, betonte AK Präsident Erwin Zangerl vor Ver- tretern vieler Tiroler Sozialeinrich- tungen, die sich seit rund 10 Jah- ren in der Josefsgruppe vernetzen. So kann gezielt geholfen werden, wenn Betroffene nach Verlust der Arbeit oder Wohnung oder durch eine schwere Krankheit aus der Bahn geworfen werden. Sozial- ethiker Dr. Lothar Müller, der das Treffen koordiniert, präsentierte die Positionen von AK Tirol, ÖGB, Diözese, Land Tirol, Stadt Innsbruck, Gemeindeverband und Bündnis gegen Armut und Woh- nungslosigkeit, mit denen sich die- se für Verbesserungen einsetzen. Mehr auf ak-tirol.com Josefitreffen. Am Josefstag erörterten Vertreter der Sozialeinrichtungen in der AK Tirol unter anderem die Auswirkungen des Sozialhilfegrundgesetzes und wichtige Positionen. AK LANDECK Kampf gegen die Beschäftigten Umstrukturierung. Spalten und Trennen als politisches Programm, eine neue Form des Neoliberalismus mit stark rechter Schlagseite und der Plan, die Arbeiterkammern zu schwächen, sind ein hochexplosiver Cocktail, der den Beschäftigten derzeit serviert wird. Kommt es zu keinem Umdenken, wird auch der Weg für die Arbeitnehmerschaft als Österreichs Leistungsträger immer steiniger. merinteressen ist, lässt sich auch dadurch ablesen, dass den in der Krankenversicherung versicherten sieben Millionen Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmern und ihren Angehörigen 155.000 Dienstgeber gegenüberstehen. Historisch einmalig. „Sogar im Austrofaschismus waren die Ar- beitnehmervertreter in der Mehr- heit, damit hat Türkis-Blau eine große historische Leistung voll- bracht. Die Arbeitnehmerinteres- sen und Sozialpartnerschaft sind der Regierung ein lästiges Übel, gegen das sie konsequent vor- geht“, urteilt Zangerl. Spalten und Trennen als poli- tisches Programm, eine neue Form des Neoliberalismus mit stark rechter Schlagseite und der Plan, die Arbeiterkammern zu schwä- chen, sind ein hochexplosiver Cocktail, der den Beschäftigten derzeit serviert wird. „Wir müssen zur Normalität und zu einer Gesprächskultur zurück- finden, das dürfte nach diesen AK- Wahlen wohl klar sein“, so AK Präsident Zangerl. Aushebelung der Arbeitnehmer in den Gremien können wir nicht akzeptieren, gerade die Arbeitneh- mer werden über den Tisch gezo- gen und können mit Leistungsver- schlechterungen rechnen, liegt der Ball erstmal in Wien. Auch, dass Leistungsrücklagen in Höhe von 96 Millionen Euro nach Wien ab- gezogen werden, spricht nicht für eine Verbesserung der ohnehin an- gespannten Versorgungssituation. Hier werden wir uns im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer wehren“, so AK Präsident Erwin Zangerl. Wie offensichtlich das Vorgehen gegen dieArbeitneh- alversicherungen beschlossen. Die Zahl der Versicherungsträger wird von 21 auf 5 reduziert. Am stärk- sten betroffen ist die Krankenver- sicherung der Arbeitnehmer: Die neun Gebietskrankenkassen wer- den abgeschafft, zudem erfolgt eine Änderung des Kräftever- hältnisses zugunsten der Unter- nehmervertreter. Nicht nur einzelne Bundeslän- derkassen gehen gegen diese Re- form vor, auch die Tiroler Arbei- terkammer hat Klage gegen die Zusammenlegung der neun Kas- sen in eine Österreichische Ge- sundheitskasse eingebracht. „Die Mehr dazu auf den Seiten 6 und 7 Helfer. Dr. Lothar Müller (2.v.li .) und AK Präsident Zangerl (M.) mit der Josefsgruppe, AK Vizepräsident Klaus Rainer (6.v.li .) und AK Vorstand Patrick Haslwanter ( 1.v.li .).

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