Tiroler Arbeiterzeitung
M ITBESTIMMUNG & R ECHT 4 Nr. 121, Juli/August 2019 Betriebsräte erhielten Top-Ausbildung Rüstzeug. Nach mehrwöchigem Intensiv-Lehrgang erhielten fünf Tiroler Teilnehmer das begehrte Zertifikat. © AK Tirol Mit voller Kraft. AK Präsident Erwin Zangerl, Andrea Weber (Altenwohnheim Schwaz), Roland Hutter (ÖBB), Richard Mair (IVB), Markus Hechenblaickner (Flughafenbetriebsges.m.b.H.), Markus Hann (KH Zams), AK Direktor Mag. Gerhard Pirchner, v. li. Rat und Tat. Der Betriebsrat ist Stimme der Belegschaft, vermittelt und setzt sich für die Rechte der Mitarbeiter ein. Aufgabe von AK und ÖGB ist es, die Betriebsräte zu unterstützen. D as Gesetz zur Errichtung von Betriebsräten wurde im Jahr 1919 beschlossen und ist ein Meilenstein in der Geschichte Österreichs auf dem Weg zu besseren Arbeits- bedingungen, mehr sozialer Ge- rechtigkeit und Mitbestimmung in den Betrieben. Es war dies der Vorläufer des seit 1974 geltenden Arbeitsverfassungsgesetzes. Mitbestimmung stärken. Das Ziel ist aktueller denn je: Schwie- rige wirtschaftliche Zeiten sowie die zu- nehmende Glo- balisierung der Wirtschaft führen dazu, dass es zur Entsolidarisierung der Arbeitneh- mer und zu einer Aushöhlung der Mitbestimmung der Belegschaft kommt. Gut fürs Arbeitsklima. Viele Arbeitgeber scheuen nach wie vor die Gründung von Betriebsräten, wobei die Ängste in vielen Fällen völlig unbegründet sind, da der Betriebsrat eine wichtige und kon- struktive Rolle in der Zusammen- arbeit zwischen Belegschaft und Arbeitgeber einnimmt und einen ausgesprochen günstigen Einfluss auf das Arbeitsklima hat. Falsche Vorurteile. Die Ängste einzelner Arbeitgeber mögen je- doch dann begründet sein, wenn der Betriebsrat seine Kontrollfunk- tion wahrnimmt, Missstände auf- zeigt und abstellt oder sich für den Erhalt der Arbeitsplätze im Lande anstelle einer Verlagerung in das entfernte Ausland stark macht. Selbst aktiv werden. Laut Ge- setz muss in jedem Betrieb ein Betriebs- Chef wollte Betriebsrat kündigen Info rat errichtet sein – ausgenommen davon sind nur jene Betriebe, die weniger als fünf Personen be- schäftigen. Die Aufforderung zur Errichtung des Betriebsrates rich- tet sich allerdings direkt an die Belegschaft und nicht an den Ar- beitgeber. Die Mitarbeiter müssen also selbst die Initiative ergreifen. Der Arbeitgeber darf jedoch eine Betriebsratswahl nicht behindern, sondern hat sie – weil ja gesetzlich vorgeschrieben – zu ermöglichen und sogar die mit der Abwicklung verbundenen, ohnehin geringen Kosten wie z. B. Briefporto, An- fertigen von Kopien, etc. zu tragen. Wahl des Betriebsrates. Die Gründung eines Betriebsrates er- folgt durch eine Betriebsratswahl. Diese unterliegt genauen Form- vorschriften. Für den ersten Schritt ist es jedoch bei einer Betriebs- ratsgründung am allerwichtigsten, dass ein paar Interessierte bereit sind, ein solches Vorhaben in die Hand zu nehmen und daran mitzu- wirken. Die Experten des AK Betriebsser- vice helfen gerne und informieren unverbindlich unter der kostenlosen Hotline 0800/22 55 22 – 1919. © ~ Bitter ~ /adobe.stock.com ÖGB-Aktion für neue Betriebsräte MITMACHEN FACTS I m Rahmen der großangelegten Kampagne „Wir sind Betriebs- rat“ will die Tiroler Gewerkschaft die Gründung neuer Betriebs- ratskörperschaften forcieren und unterstützen. „Gerade in Zeiten turbulenter politischer Verhältnisse wird einmal mehr deutlich, wie wichtig Betriebsrätinnen und -räte für unsere gesamte Arbeitswelt sind. Sie sorgen für Stabilität und Kontinuität. Diese demokratisch gewählte innerbetriebliche Inte- ressenvertretung kann gar nicht hoch genug geschätzt werden!“, beschreibt Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth die Motivation, die hinter der Kampagne steckt. Viele Vorteile Die Vorteile eines Betriebsrates oder einer Personalvertretung liegen auf der Hand: Sie helfen bei Konflikten, sorgen für Verbes- serung des Betriebsklimas, sind in Krisenzeiten ein kompetenter Ansprechpartner und vermitteln bei Konflikten. „Betriebsrätinnen und Betriebsräte wissen, wo der Schuh drückt und können die Probleme und täglichen Herausforderungen als Sprachrohr der Beschäftigten auf direktem Weg kommunizie- ren. So sorgen sie für deutliche Verbesserungen am Arbeitsplatz. „Damit profitieren nicht nur die Beschäftigten, sondern auch das Unternehmen. Das gemeinsame Ziel lautet: gesunde und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Wohlgemuth. Gemeinsam sind wir stark A uch wenn Arbeitgeber und Betriebsrat vielfach gut zusammenarbeiten, gibt es doch Ausreißer. Dann ist es gut, dass Betriebsräte nicht einfach gekündigt werden können. Das ist nur möglich, wenn das Gericht vorher aufgrund gesetzlich klar bestimmter Gründe der Kündigung zustimmt. Deshalb werden oft irgendwelche Vorwürfe und Kündigungsgründe vorgeschoben in der Hoffnung, dass die Betriebsräte bei einer Klage aufgeben, weil ihnen das Gerichtsverfahren zu belastend wird. So geschehen in einem Tiroler Betrieb, in dem das AK Betriebsräteservice schon mehrfach um Hil- fe gebeten wurde, weil das Verhältnis zwischen Chef und dreiköpfigem Betriebsrat angespannt ist. Ein Betriebsrats- mitglied hat deshalb bereits selbst gekündigt, und bei den Kollegen wurden Gründe gesucht, um auch sie los zu werden. In einem Fall hat nun das Gericht ein Macht- wort gesprochen: War das Betriebsratsmitglied doch gekündigt worden, weil es eine Fortbildung krankheitsbedingt abgebrochen und dies nicht ge- meldet hatte. Mit Rechtsschutz der AK Tirol konnte der Betriebsrat das Verfahren erfolgreich durch- ziehen: Das Gericht sah keinen ausreichenden Kün- digungsgrund, um die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen, und wies das Klagebegehren ab. Besonders erfreulich: Der Arbeitgeber hat gegen dieses äußerst positive Urteil erst gar nicht berufen, es wurde in 1. Instanz rechtskräftig. N ach 14-wöchiger Inten- sivausbildung schlos- sen 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Ti- rol, Salzburg und Vorarlberg das hochkarätige Biwest-Betriebsräte- Kolleg erfolgreich ab. Arbeits- und Sozialrecht, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Kommu- nikations- und Rhetoriktraining, vermittelt von Experten von Uni Innsbruck, FH Salzburg und AK sowie Wissenschaftlern und Gast- referenten: Das alles und noch viel mehr stand im AK Bildungshaus Seehof seit Ende März auch für die fünf Tiroler Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Stundenplan. Nach dem erfolgreichen Abschluss wurden Andrea Weber (BR-Vors. Altenwohnheim Schwaz), Markus Hechenblaickner (BR-Vors. Tiro- ler Flughafenbetriebsges.m.b.H), Roland Hutter (BR ÖBB Produk- tion), Markus Hann (Stv. BR-Vors. KH St. Vinzenz Zams) und Richard Mair (Stv. BR-Vors. IVB) jetzt die Zertifikate übergeben. „Für Betriebsräte haben sich ganz neue Herausforderungen ergeben. Umso wichtiger ist es, dass Be- triebsräte eine Top-Ausbildung er- halten. Denn nur so können sie mit Unterstützung von AK und ÖGB ihre verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben“, erklärte AK Präsident Erwin Zangerl beimAbschluss. Mehr auf ak-tirol.com
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