Tiroler Arbeiterzeitung

AUS DER AK 2 Nr. 124, November 2019 Wo bleibt die Zeiterfassung? Alarmierend. Der Transitverkehr steigt – auf Autobahnen, aber auch auf Bundes- und Landesstraßen. Deshalb fordert die AK Tirol eine flächendeckende Lkw-Maut. V on der Straße auf die Schiene: So lautet seit Jah- ren die Devise. Doch im Alltag leiden Mensch und Umwelt unter dem großen Tran- sit- und Verkehrsaufkommen. Für Tirol ist die Situation prekär, einmal aufgrund der inneralpinen Lage zwischen Deutschland und Italien, aber auch wegen der nied- rigen österreichischen Mauttarife. „Sie machen Tirol als Transitland zusätzlich attraktiv“, erklärt AK Präsident Erwin Zangerl. Und zwar so attraktiv, dass sowohl Per- sonen- als auch Güterverkehr auf Tirols Straßen steigen und steigen. „Deshalb fordert die AK Tirol für Bundes- und Landesstraßen eine zweckgebundene Maut für Kfz ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, um den Ausweichverkehr zu reduzie- ren und die Erhaltung des nieder- rangigen Straßennetzes zu finan- zieren. Die Politik muss aber auch die Frage der Quell- und Zielver- kehre lösen.“ Ausweichverkehr. Der Tiroler Verkehrsbericht 2018 spricht eine deutliche Sprache: So wurde beim Lkw-Verkehr auf Tirols Auto- bahnen ein Plus von durchschnitt- lich 4,4 % pro Jahr verzeichnet. Parallel verlagert sich die Güter- beförderung vermehrt auf Landes- straßen: Gegenüber 2017 gab es eine Zunahme um 0,5 %, von 2016 auf 2017 um 2,9 %. Davon betroffen waren in den letzten Jahren immer wieder Mie- minger Straße B189, Tiroler Stra- ße B171, Reschenstraße B180, Seefelder Straße B177, Loferer Straße B178 oder Pass-Thurn- Straße B161. Die Folgen: Neben mehr Staubildung bei den Ein- und Ausfahrten von Ortschaf- ten steigt die Lärmbelastung, die Verkehrssicherheit sinkt, die Straßenanlagen werden schneller abgenützt und die Statik von Bau- konstruktionen um ein Vielfaches mehr belastet. Lkw-Maut. Während aber die AS- FINAG als Straßenerhalter von rund 2.223 km Autobahnen und Schnellstraßen 2018 allein aus der Lkw-Maut einen Erlös von 1,46 Milliarden Euro erzielte, müssen die Kosten der Instandhaltung von 122.000 km Landes- und Bundes- straßen paradoxerweise die jewei- ligen Bundesländer tragen – trotz der zusätzlichen Beanspruchung durch das erhöhte Lkw-Aufkom- men. Traktoren. Außerdem fordert die AK Tirol von Bund und Land Maßnahmen gegen den miss- bräuchlichen Einsatz von Trak- toren. Ob Baumaterial oder Schutt: In Tirol werden diese oft für Fuhren verwendet, die nichts mit landwirtschaftlicher Nutzung zu tun haben, mangels entspre- chender Regelungen auch an Wo- chenenden und unter Umgehung von (Lkw-)Fahrtverboten. Kon- trollen sind aber derzeit praktisch unmöglich, weil für Traktorlenker nicht dieselben strengeren Vor- schriften wie für Lkw-Lenker gel- ten, und Traktoren auch nicht mit Tachographen ausgestattet sein müssen. E rst im Mai 2019 hat der Euro- päische Gerichtshof entschie- den, dass die gesamte Arbeitszeit lückenlos aufzuzeichnen ist. Dennoch sieht der Alltag in vielen Krankenanstalten, Altenwohn- und Pflegeheimen anders aus: Tatsäch- lich geleistete Arbeitszeiten werden nur in Ausnahmefällen systematisch erfasst. Mehrarbeit dokumentieren Mitarbeiter auf dem Dienstplan oder einem weiteren Blatt, oft nur mit Bleistift. Mit der Folge, dass viele unbezahlte Überstunden anfallen, weil Aufzeichnungen verlorenge- hen oder in der Abrechnung nicht berücksichtigt werden. Manchmal werden Mitarbeiter sogar gebeten, eine Mehrleistung gar nicht oder erst ab 15 Minuten aufzuzeichnen. Deshalb fordert die AK Tirol ein objektives elektronisches Zeiterfas- sungssystem zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und eine faire Bezah- lung. D ie Tarifreform beim Verkehrsver- bund Tirol (VVT) 2017 war nicht nur dringend notwendig, sondern machte für viele Pendlerinnen und Pendler den Umstieg vom Auto auf Öffis auch erst attraktiv. Weil aber viele für die Fahrt vom Wohnort zum Bahnhof auf ihren Pkw angewiesen sind, reichen die vorhandenen kostenlosen Park&Ride-Stell- plätze längst nicht aus. Was aber den nötigen Ausbaus der Anlagen anlangt, so gilt eine Vereinbarung von 2003 zwischen Verkehrsministeri- um und Land Tirol, laut der die ÖBB Schieneninfrastruktur- Dienstleistungsgesellschaft mbH und das Land Tirol bzw. beteiligte/betrof- fene Gemeinden die Kosten für Bau, Planung etc. je zur Hälfte tragen. Diese Vereinbarung ist für die AK Tirol nicht mehr zeitgemäß. „Stattdessen braucht es ein Finan- zierungsmodell, das weder Pendler, noch Gemeindebudgets belastet“, betont AK Präsident Erwin Zangerl. Schließlich werden die Parkplätze von Pendlern aus dem gesamten Einzugsgebiet der Bahnhöfe genutzt. Deshalb fordert die AK Tirol, die Vereinbarung unter Einbeziehung der Sozialpartner zu evaluieren, damit die kostenlosen P&R-Flächen rasch erweitert bzw. modernisiert werden können. Um die Gemeinden zu entlasten, sollen Bau- und Betriebs- kosten zur Gänze vom Land Tirol getragen werden. © Nikolai Sorokin/stock.adobe.com P endeln ist kein Selbst- zweck, sondern für Tau- sende in Tirol Lebensrea- lität. Damit werden Öffis, aber auch Fragen nach steuer- licher Absetzbarkeit immer wich- tiger. Was tun am Land? „Die AK Ti- rol bekennt sich voll zum öffent- lichen Personennahverkehr“, be- tont AK Präsident Erwin Zangerl. „Nur ein flächendeckender Aus- bau bringt positive Lenkungsef- fekte und entlastet Umwelt und Betroffene.“ Dennoch ist es aus Sicht der AK Tirol wichtig, das Pendlerpauschale beizubehal- ten. Kritische Stimmen erachten es zwar als sozial ungerecht und ökologisch bedenklich, und auch die AK Tirol sieht Verbesserungs- AK setzt sich für Pendler ein AK FORDERUNG PENDLER GESUNDHEITSBEREICH Fair. Die Pendlerförderung muss bleiben – trotz Bekenntnis zum Öffi-Ausbau. Außerdem darf die Absetzbarkeit von Bus- und Bahntickets nicht länger nur Selbständigen vorbehalten sein. Mehr Park&Ride: Ausbau durch Land Lkw-Maut gegen Ausweichverkehr © Stanislaw Mikulski /stock.adobe.com bedarf. Aber solange das öffentliche Ver- kehrsnetz samt Nebeneinrichtungen nicht auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer spezi- ell in den ländlichen Regionen abgestimmt ist, wären Betroffene ohne die Pendlerför- derung nur noch stärker finanziell bela- stet, ohne dass sich ökologische Lenkungseffekte ergeben würden. Steuerliche Anreize. Wussten Sie, dass Arbeit- nehmer auch hier gegen- über Selbständigen be- nachteiligt sind? Während Selbständige alle Kosten für Öffis zum Arbeitsplatz bzw. zur Betriebsstät- te und retour in voller Höhe geltend ma- chen dürfen – incl. tatsächlicher Kosten für beruflich bedingte Fahrten mit dem Pkw – können Arbeitnehmer Bus- oder Bahntickets nicht absetzen. Das steu- erfreie Jobticket war zwar ein Schritt in die richtige Richtung, dieses hängt jedoch von der Bereitschaft und der Finanzierung durch den Arbeitge- ber ab. Benachteiligt sind auch die Pendler, die aufs Auto angewie- sen sind. Sie können für Fahrten zwischen Wohnort und Dienst- ort kein Kilometergeld geltend machen, und mit Verkehrsab- setzbetrag und gegebenenfalls Pendlerpauschale sind die Ko- sten nur teilweise abgedeckt. Deshalb verlangt die AK Tirol, dass die Absetzbarkeit von Bus- und Bahntickets nicht länger nur Selbständigen vorbehalten sein darf. Pendlerförderung: Die Tiroler Arbeiterkammer will Pendler weiter entlasten. © rh2010 /stock.adobe.com

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