Tiroler Arbeiterzeitung

F lexibilität ist keine Einbahnstraße. Nur gemeinsam kann Arbeitszeit so gestaltet werden, dass Gesund- heit und Produktivität nachhaltig ausbalanciert bleiben. Alle Studien belegen: Überlange Arbeitszeiten haben beträchtliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer. Besonders Beschäftigte mit Schichtdiensten und Nachtarbeit sind oft betroffen. Schlafstörungen, Herz-Kreislauf- Erkrankungen sowie Diabetes sind die Folge. Tatsache ist, dass die Kran- kenstände in der Privatwirtschaft in Österreich trotz längerer Arbeitszeiten und steigendem Arbeitsdruck seit den 1980er Jahren rückläufig sind. Statt also Kontrollen zu verschärfen, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Be- trieb gemeinsam überlegen, wie man der Arbeitsüberlastung oder einem drohenden Burnout begegnen kann. AK Präsident Erwin Zangerl Flexibilität ist keine Einbahnstraße D ie permanente Erreich- barkeit hinterlässt Spu- ren. Stressbedingte Er- krankungen nehmen zu. Beinahe jeder zweite Beschäftigte beklagt bereits, akut stressgeplagt zu sein. Unter dem Deckmantel der Flexibilisierung werden häufig von außen Flexibilisierungszwän- ge vorgegeben. Arbeit nach Bedarf des Arbeitgebers versteckt sich hinter vielerlei Masken: mit dem Diensthandy auch amWochenende und im Urlaub die Mails checken, für den Chef am Telefon erreichbar sein etc. Verantwortung wächst . Flexibel, leistungsbereit und voll motiviert sollten Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer heute sein, wollen sie sich am Arbeitsplatz behaupten. Dazu kommen flache Hierarchien, was bedeutet: Jeder sollte immer noch mehr Verantwortung überneh- men. Was nach einer Humanisie- rungsoffensive aussieht, entpuppt sich dann oftmals als Belastung, vor allem aufgrund des dadurch ent- stehenden Erfolgs- und Leistungs- drucks. Beschäftigte müssen heute nicht mehr nur Zeit undArbeitskraft zur Verfügung stellen, sondern es wird zunehmend nach ihrer gesam- ten Persönlichkeit gefragt. Soziolo- gen sprechen in diesem Zusammen- hang bereits von der Entgrenzung und Subjektivierung der Arbeit. Gefährliche Selbstausbeutung . Die Folgen von Selbstausbeutung und falsch verstandener Autonomie am Arbeitsplatz sind gravierend. Verschärfend kommt noch dazu, dass diese krankmachenden Fak- toren am Arbeitsplatz von den Be- troffenen selbst oft zu wenig beach- tet werden. Für die Ursachen von Migräneattacken, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychischen Problemen geben sich die Beschäftigten vielfach selbst oder ihrem privaten Umfeld die Schuld, statt die Belastungen am Arbeitsplatz zu hinterfragen. Eine Million Betroffene . Mehr als eine Million Menschen in Öster- reich, Erwerbstätige und frühere Er- werbstätige, haben arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme. Das hat die Statistik Austria bereits im Jahr 2013 erhoben: 488.000 Frauen und 533.000 Männer fühlen sich betrof- fen! Schwere körperliche Arbeit verursacht immer noch die meisten arbeitsbedingten Erkrankungen. Doch immer mehr Beschäftigte kla- gen über Überlastung und Stress. Die psychischen Krankmacher in der Arbeit verursachen bereits ex- orbitante Kosten. Die gesamtwirt- schaftlichen Kosten der arbeitsbe- dingten psychischen Belastungen in Österreich belaufen sich auf rund 3,3 Milliarden Euro jährlich. Und diese Belastungen machen bereits ein Drittel jener Diagnosen aus, die zu einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension führen. Kosten in Milliardenhöhe . AK Präsident Erwin Zangerl schlägt Alarm: „Politik und Wirtschaft dür- fen diese Fakten nicht ignorieren. Die Arbeitsbelastungen müssen verringert werden. Immer weniger Beschäftigte sollen immer mehr leisten und dazu noch länger im Arbeitsprozess verbleiben. Dieser Raubbau an der Gesundheit der Menschen gehört gestoppt. Die Kosten dafür gehen in die Milli- arden. Statt bei den Krankenstän- den nachzuspionieren, sollte die Wirtschaft gesundheitserhaltende Initiativen in den Betrieben setzen. Immerhin sind seit 2013 alle Un- ternehmen gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von psychischen Erkrankungen zu er- greifen. Denn wir arbeiten, um zu leben, und nicht umgekehrt.“ „Der permanente Raubbau an der Gesundheit der Beschäftigten muss gestoppt werden.“ Erwin Zangerl, AK Präsident Belastende Arbeitswelt. Flexibel dank Smartphone und Laptop. Die permanente Erreichbarkeit hinterlässt immer tiefere Spuren in unserer Gesellschaft. Die stressbedingten Erkrankungen nehmen zu. Die Folgen der Selbstausbeutung: Fast jeder 2. Beschäftigte beklagt, akut stressgeplagt zu sein. © OFC Pictures /stock.adobe.com ; Piumadaquila /stock.adobe.com So macht Arbeit nicht krank! STRESS UND BURNOUT KOMMENTIERT ZEITUNG FÜR ARBEIT UND KONSUMENTENSCHUTZ DER KAMMER FÜR ARBEITER UND ANGESTELLTE FÜR TIROL 12. JG. , FEBRUAR 2020 | NR. 127 Österreichische Post AG | Postentgelt bar bezahlt | Verlagsort 6020 Innsbruck | RM 12A039146 K TIR O LER ARBEITERZEITUNG mit extra-beilage zur grossen ak ferienaktion 2020 Anmelden zum AK Steuerspartag! AK Innsbruck: Di. 3.3, Mi. 4.3., Mo. 30. 3 ( * und Di 31. 3. ( * AK Imst: Do. 5. 3. AK Reutte: Di. 10. 3. AK Kufstein: Do. 12. 3. AK Lienz: Di. 17. 3. ( * AK Kitzbühel: Mi. 18. 3. AK Telfs: Do. 19. 3. AK Schwaz: Di. 24. 3. ( * AK Landeck: Do. 26. 3. ( * (*ohne PIN-Code-Vergabe) D ie Experten der AK Tirol und der Finanzämter kommen wieder in die Bezirke und helfen den Mitglie- dern im Rahmen der kostenlosen Steuerspartage bei der Arbeitnehmer- veranlagung. Deshalb am besten gleich anmelden und die zu viel bezahlte Steuer zurückholen! Unter der Gratis-Hotline 0800/22 55 22 – 2020 können Sie einen Termin vereinbaren. Vergessen Sie nicht, alle notwendigen Unterlagen mitzu- nehmen sowie einen Ausweis für die PIN-Code-Vergabe, falls die Arbeit- nehmerveranlagung online durchge- führt werden soll. Beratungszeiten jeweils von 9 bis 12 und von 13 bis 17 Uhr. Achtung: Beratung nur zu nichtselbständigen Einkünften, NICHT zu Mieteinkünften bzw. NICHT für Gewerbescheininhaber.

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