Tiroler Arbeiterzeitung

A RBEIT & R ECHT 2 Nr. 127, Februar 2020 U nd es gibt sie leider doch. Einzelne Unternehmen, in denen sich Verantwort- liche über Gesetze und insbesondere über das Arbeitsrecht hinwegsetzen. Nur weil sie denken, sie sitzen am längeren Ast. So ge- schehen in Betrieben in Osttirol oder auch im Tiroler Unterland. BEISPIEL 1 Der Hacker-Angriff Stellen Sie sich vor, ihre Firma wird Opfer eines Hacker-Angriffs und schickt fast alle Beschäftigten für einen Tag nach Hause – mit einer eigenwilligen Vereinbarung: Arbeiter bekommen für diesen Tag nur 50 Prozent bezahlt und müs- sen 50 Prozent Zeitausgleich bzw. Urlaub nehmen. Angestellte sollen gar nichts bekommen – außer sie beschweren sich, dann erhalten sie die volle Lohnfortzahlung. „Das ist der Versuch, Arbeitneh- mer wieder zu Tagelöhnern zu ma- chen! Hier wird die Abhängigkeit der Osttiroler Beschäftigten und ihre Betriebstreue massiv ausge- nützt“, ist AK Präsident Erwin Zangerl empört. „Die AK Tirol hat diese Firma wegen Lohn- und Sozialdumpings angezeigt. Wo kommen wir denn hin? Womög- lich werden als nächstes dann auch noch Krankenstandstage als Ur- laub gerechnet.“ BEISPIEL 2 Osttirol im Schnee Erinnern Sie sich an die enormen Schneefälle vom November 2019? Mehrfach informierte die Tiroler Arbeiterkammer, dass Beschäf- tigten, die deshalb nicht zur Arbeit kommen konnten, die volle Entgelt- fortzahlung zusteht. Und trotzdem haben mehrere Osttiroler Betriebe, trotz vorheriger Ablehnung durch die Bezirkskammer Osttirol, Mit- arbeitern diese vorenthalten. Drei dieser Betriebe wurden von der AK Tirol jetzt ebenfalls wegen Lohn- und Sozialdumpings angezeigt. „Das ist eine tiefe Respektlosig- keit gegenüber den Beschäftigten. Mit solchen Vorgangsweisen wer- den neben den Mitarbeitern auch die vielen Betriebe benachteiligt, die korrekt abrechnen“, so AK Prä- sident Zangerl. BEISPIEL 3 Ausgedient mit über 50 Ohne Genierer setzte ein Unter- nehmen aus dem Unterland zehn langjährige erfahrene Mitarbeiter vor die Tür. Weil sieben Mitarbei- ter, die am 30. September 2019 auf einen Schlag gekündigt wurden, über 50 Jahre alt waren, und dies im Rahmen des Frühwarnsystems nicht wie vorgeschrieben beim AMS angezeigt wurde, landete der Fall vor demArbeitsgericht. Zangerl: „So kann man mit Men- schen nicht umgehen. Wir haben Klage eingebracht wegen Nicht- einhaltung des Frühwarnsystems, Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses bzw. Anfech- tung der Kündigung wegen Sozial- widrigkeit und Altersdiskriminie- rung.“ Die AK Tirol gewährte neun Betroffenen Rechtsschutz. Bei den sieben über 50-Jährigen wurde vom Arbeitgeber vor Ge- richt die Rechtsunwirksamkeit der Kündigungen wegen Nichtmel- dung beim AMS zugestanden. Mit der Konsequenz, dass die Betrof- fenen umgehend erneut gekündigt wurden und diese Kündigungen jetzt wiederum wegen Altersdis- kriminierung und Sozialwidrigkeit bei Gericht bekämpft werden. Bei den anderen drei knapp un- ter 50-Jährigen aber setzt der Ar- beitgeber das Gerichtsverfahren zur Frage der Rechtsunwirksam- keit der Kündigungen fort und hat diese Mitarbeiter sogar nochmals gekündigt – für den Fall, dass das Unternehmen dieses Verfahren verlieren sollte. Und auch diese erneuten Kündigungen werden bei Gericht über den AK Rechtsschutz bekämpft. AK setzt sich ein. Leider wird in einzelnen Betrieben in Tirol immer noch ignoriert, was per Gesetz klar definiert ist. Deshalb gewährt die AK Tirol Rechtsschutz für Klagen vor dem Arbeitsgericht und geht auch mit Klagen wegen Lohn- und Sozialdumpings gegen diese Unternehmen vor. „GEHALTSJAMMEREI“ Offene Löhne im Wellness-Hotel F ür die AK Arbeitsrechtsexper- ten gibt es viele „Baustellen“ (s. S. 3). Etwa auch im „Hotel Panorama Wellness & Spa by al- pha“ in Kössen. Mehr als 60 Akten kamen mittlerweile zusammen, denn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten nicht einmal das, was ihnen für ihre geleistete Arbeit zustand. Ob in der AK in Kitzbühel oder Kufstein, in Schwaz oder Imst: Überall berichteten Beschäftigte, was so alles im Argen liegt. Da wurden Löhne bzw. Gehälter nicht bezahlt, Dienstzeugnisse nicht ausgestellt, Urlaubsersatzleistung, Feiertagsentgelt, Überstunden und/oder anteilige Sonderzah- lungen nicht berücksichtigt. In mehreren Fällen geht es auch um die Zahlung der Kündigungsent- schädigung, da der Dienstgeber die Kündigungsfristen nicht eingehalten hat oder während des Krankenstandes einen Arbeitneh- mer fristlos entlassen hat oder ein Arbeitnehmer wegen längerer Entgeltvorenthaltung berechtigt ausgetreten ist. „Unsere Experten sorgten dafür, dass mehr als zehn Betroffene ihre Ansprüche bereits erhalten haben. Über 30 Beschäftigten hat die AK Tirol Rechtsschutz für die Klage bei Gericht gewährt und weitere werden derzeit beraten“, zieht AK Präsident Zangerl Zwischenbilanz. Probleme hatten sich im Sommer 2019 bereits kurz nach der Eröffnung durch den Pächter, eine bayrische Betreibergesell- schaft, abgezeichnet. Damals waren die ersten Beschäftigten in die AK Bezirksstellen gekommen, weil der Lohn ausblieb. Für den deutschen Geschäftsführer alles nur „Gehaltsjammerei“, er forderte damals per eMail „Einfühlungsver- mögen“ von denen, die langfristig ihren Arbeitsplatz sichern wollen. DAS GILT 2020: NEUE WERTE & WICHTIGE ÄNDERUNGEN 1. Pensionserhöhung Die Pensionserhöhung richtet sich nach dem Gesamtpensionseinkommen (GPE). Beträgt das GPE einer Person • Nicht mehr als € 1.111,00 monatlich............. 3,6% • Über € 1.111,00 bis zu € 2.500,00 monatlich einen linear absinkenden Wert zwischen...3,6% und 1,8 % • Über € 2.500,00 bis zu € 5.220,00 monatl....1,8% • Über € 5.220,00 monatlich .......................€ 94,00 • Kinderzuschuss in der Pensionsversicherung .€ 29,07 2. Familienbeihilfe Die Höhe der Familienbeihilfe ist abhängig vom Alter des Kindes sowie der Anzahl der Kinder. Alter des Kindes Betrag pro Monat ab Geburt € 114,00 ab 3 Jahren € 121,90 ab 10 Jahren € 141,50 ab 19 Jahren € 165,10 Der monatliche Gesamtbetrag erhöht sich durch die Geschwisterstaffelung für jedes Kind, wenn sie: • Für 2 Kinder gewährt wird, um € 7,10 für jedes Kind • Für 3 Kinder gewährt wird, um € 17,40 für jedes Kind • Für 4 Kinder gewährt wird, um € 26,50 für jedes Kind • Für 5 Kinder gewährt wird, um € 32,00 für jedes Kind • Für 6 Kinder gewährt wird, um € 35,70 für jedes Kind • Für 7 und mehr Kinder gewährt wird, um € 52,00 für jedes Kind Erhöhungsbetrag für behindertes Kind € 155,90 Gleichzeitig mit der Familienbeihilfe wird der Kinderabsetzbetrag von € 58,40 für jedes Kind ausbezahlt. 3. Kinderbetreuungsgeld Zwei Systeme: Kinderbetreuungsgeld-Konto (Grundvariante und flexible Variante) oder einkommensabhängiges Kinder- betreuungsgeld Bezug durch einen Elternteil: bis zu € 12.366 Maximal 365 Tage täglich € 33,88 Grundvariante (12 Monate) mtl. ca. € 1.000,00 Maximal 851 Tage täglich € 14,53 Flexible Variante (ca. 28 Monate) mtl. ca. € 436,00 Bezug durch beide Elternteile: bis zu € 15.449 (plus € 1.000 Partnerschaftsbonus bei Aufteilung von zu- mindest 60:40) Maximal 456 Tage täglich € 33,88 Grundvariante (ca. 15 Monate) mtl. ca. € 1.000,00 Maximal 1.063 Tage täglich € 14,53 Flexible Variante (ca. 35 Monate) mtl. ca. € 436,00 Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld Umstellung auf Tage: 365 Tage (Bezug durch einen Eltern- teil) bzw. 426 Tage (durch beide Eltern). Es beträgt 80% des (fiktiven) Wochengeldes, max. € 2.000,00 pro Monat. Zuver- dienstgrenze und Beihilfe auf Anfrage! Familienzeitbonus Gebührt in Höhe von € 22,60 täglich, wenn der Vater un- unterbrochen 28-31 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 91 Tage ab der Geburt seine Erwerbstätigkeit unterbricht. Achtung Anrechnung auf ein später vom Vater bezogenes Kinderbetreuungsgeld. 4. Ausgleichszulagenrichtsätze in der Pensionsversicherung 1. Alleinstehende Pensionisten ...........................€ 966,65 2. Ehepaare (eingetragene Partner) im gemeinsamen Haushalt...............................€ 1.472,00 3. Halbwaisen bis zum 24. Lebensjahr ...............€ 355,54 Vollwaisen bis zum 24. Lebensjahr..................€ 533,85 Halbwaisen über dem 24. Lebensjahr............ € 631,80 Vollwaisen über dem 24. Lebensjahr ..............€ 966,65 5. Richtsatzerhöhung pro Kind ...........................€ 149,15 6. Die Lehrlingsentschädigung wird bei der Bemessung der Ausgleichszulage nicht berücksichtigt bis zum Betrag von ..................€ 232,49 5. Ausgleichzulagenbonus, Pensionsbonus ab 1.1.2020 Maximale Höhe/Grenzwert (maßgeblich GPE) 1. Alleinstehende Eigenpensionsbezieher mit mindestens 360 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit max. € 146,94...........€ 1.080,00 2. Alleinstehende Eigenpensionsbezieher mit mindestens 480 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit .max. € 381,94..... ....€ 1.315,00 2. Verheiratete (eingetragene Partner) Eigenpensions- bezieher mit mindestens 480 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit maximal € 383,03 ....................................€ 1.782,00 6. Pflegegeld Stufe 1 ..................................................................... € 160,10 bei Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 65 Std./Monat. Stufe 2 .................................................................... € 295,20 bei Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 95 Std./Monat. Stufe 3 .................................................................... € 459,90 bei Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Std./Monat. Stufe 4 .................................................................... € 689,80 bei Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 160 Std./Monat. Stufe 5 .................................................................... € 936,90 bei Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Std./Mo- nat, wenn ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand erforderlich ist. Stufe 6 .................................................................. € 1.308,30 bei Pflegebedarf von durchschn. mehr als 180 Std./Monat, wenn zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen erforderlich sind und diese regelmäßig während des Tages und der Nacht zu erbringen sind oder die dauerndeAnwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich ist, weil die Wahr- scheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist. Stufe 7 .................................................................. € 1.719,30 bei Pflegebedarf von durchschn. mehr als 180 Std./Monat, wenn keine zielgerichteten Bewegungen der vier Extremitäten mit funkt. Umsetzung möglich sind oder ein gleichzuachtender Zustand vorliegt. 7. Geringfügigkeitsgrenze gem. § 5 ASVG bei monatlichem Verdienst bis ...................................€ 460,66 besteht keine Vollversicherungspflicht. 8. Beiträge zur freiwilligen Versicherung Der Beitrag zur freiwilligen Pensionsversicherung beträgt für Arbeiter und Angestellte © Einstock/stock.adobe.com Harte Bandagen für treue Mitarbeiter

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