WISO Ausgabe 2018/I
Seite 24 WISO Gleichzeitig fanden sich aber 13,3 % aller Recalls in Tirol – womit Recalls in Tirol deutlich überrepräsen- tiert waren. Zusammen mit Kärnten nahm Tirol die Spitzenposition in Österreich ein. Noch deutlicher zeigte sich das bei den Beschäftigungszugängen, also den im Jahr 2008 neu begonnenen Beschäfti- gungsverhältnissen: 11,0 % aller Beschäftigungszu- gänge in Österreich entfielen auf Tirol, aber 16,9 % aller Recall-Beschäftigungszugänge. In keinem an- deren Bundesland waren Recall-Zugänge so über- repräsentiert. Die geringste Rolle spielten Recalls in der Bundeshauptstadt Wien und auch in Oberöster- reich hatten sie nur eine unterdurchschnittliche Be- deutung. 15 10,0 % der Beschäftigungsverhältnisse (hier: Be- stand) in Tirol waren Recalls, nur Kärnten wies einen höheren Anteil auf. Einen noch höheren Anteil nah- men die Recalls bei den Neuzugängen in Tirol ein: 16,6 % aller neu begonnenen Arbeitsverhältnisse in Tirol waren Recalls. Zum Vergleich: In Wien waren nur 3,0 % des Bestands an Beschäftigungsverhält- nissen und nur 5,9 % der Neuzugänge Recalls. „Of- fenbar ist der Beschäftigungsumschlag in Kärnten und Tirol besonders hoch. Die betroffenen Arbeits- kräfte werden kürzer beschäftigt bzw. wechseln häu- figer zwischen (Wieder-)Beschäftigung und Freiset- zung als in anderen Bundesländern.“ 16 Wie hat sich die Bedeutung von Recalls im Zeitver- lauf verändert? Hier zeigte sich in einigen Bundes- ländern eine gestiegene Bedeutung von temporären Layoffs im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Anders verlief die Entwicklung im Burgenland und Tirol. Im Burgenland sank der Anteil der Recall- Beschäftigungsverhältnisse auch im Gefolge der Kri- se. In Tirol sank der Anteil derartiger Beschäftigungs- verhältnisse seit Mitte der 1990er Jahre und erreichte im Jahr 2008 seinen Tiefpunkt. Seither nahm der An- teil der Recalls wieder zu. Im Falle des Burgenlands verweisen die Studienautorinnen und –autoren auf die zunehmende Bedeutung ausländischer Arbeits- kräfte im lokalen Arbeitsmarkt. Da diese sich in den Zwischenphasen in vielen Fällen nicht beim Arbeits- marktservice als arbeitslos registrieren ließen, tau- chen sie auch nicht in der Statistik auf. 17 Inwiefern diese Prozesse in Tirol eine Rolle spielen, lässt sich leider aufgrund der vorliegenden Daten nicht beurtei- len. Der massive Anstieg ausländischer Arbeitskräfte im Tourismus seit der Arbeitsmarktöffnung für die öst- lichen EU-Beitrittsländer legt jedoch zumindest den Schluss nahe, dass der Anteil temporärer Layoffs möglicherweise höher sein könnte, als in der Wifo- Analyse ausgewiesen. Allerdings entsteht hier nicht die Problematik der Kostenverlagerung zur öffentli- chen Hand. Denn dadurch, dass die zeitweilig ent- lassenen Beschäftigten sich nicht beim AMS regist- rieren lassen, erhalten sie auch keine Leistungen. 18 Temporäre Layoffs aus konjunkturellen Gründen In einem zweiten Teil des Studienprojektes unter- suchten die Wifo-Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler die Verbreitung von temporären Layoffs aus konjunkturellen Gründen. 19 Inwiefern reagieren Un- ternehmen auf Schwankungen in der Auftragslage mit gezielten, zeitweisen Entlassungen von Beschäf- tigten? Um diesen Effekt untersuchen zu können, wurde einer anderen Definition zwischenzeitlicher Entlas- sungen gefolgt: Ein temporärer Layoff ist somit dann vorhanden, wenn eine Wiederbeschäftigung beim selben Arbeitgeber innerhalb eines Zeitraums von 62 Tagen erfolgt und dazwischen zumindest ein Tag registrierter Arbeitslosigkeit vorhanden ist. Im Unter- schied zur bisher verwendeten Definition wurde der Zeitraum bis zur Wiederbeschäftigung um fast zwei Drittel, auf zwei Monate, verkürzt. Damit, so das Wifo, sollten typische Saisonsunterbrechungen, die üblicherweise länger dauern, ausgeschlossen wer- den. 20 Darüber hinaus wurden Branchen, in denen saisonale Beschäftigungsunterbrechungen weit ver- breitet sind, von der Analyse ausgeschlossen: die Bauwirtschaft, der Tourismus und auch die Land- und Forstwirtschaft wurden demzufolge nicht berücksich- tigt. 21,22 Nur Beschäftigungszugänge in den Jahren 2008 – 2010 von Personen im Alter zwischen 25 bis 55 Jahren wurden in die Analyse aufgenommen. Die Personen durften vorher bei den jeweiligen Arbeitge- bern nicht beschäftigt gewesen sein. Es zeigte sich, dass temporäre Layoffs in einem er- heblichen Maße auch aus konjunkturellen Gründen erfolgten. 2016 wurden 2.366.000 unselbständige Beschäftigungsverhältnisse neu aufgenommen (ge- mäß der oben genannten Definition). Davon waren 160.283 Beschäftigungsverhältnisse bzw. 6,8 % als Wiederbeschäftigungen beim vorherigen Arbeitgeber zu klassifizieren. Fast 15 % der österreichischen Be- triebe setzten temporäre Entlassungen ein und im- merhin 4,5 % der Beschäftigten im Jahr 2016 waren von zeitweiligen Freisetzungen betroffen. 2016 war ein Volumen von 15 Millionen registrierten Arbeitslo- sentagen auf temporäre Layoffs zurückzuführen, ein Achtel des Gesamtvolumens an Arbeitslosentagen in diesem Jahr. Aufgrund der durch zwischenzeitliche Entlassungen ausgelösten Arbeitslosigkeit stieg die Arbeitslosenquote um 1,1 Prozentpunkte. Im Jahres- durchschnitt 2016 lag die Arbeitslosenquote bei 9,1 %, ohne temporäre Layoffs wäre sie bei 8,0 % ge-
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=