WISO Ausgabe 2018/I
Seite 8 WISO hat sich ja nichts geändert – seit mehr als einem Jahr konnte kein Arbeitsplatz gefunden werden. Langzeit- arbeitslosigkeit als tatsächliche soziale Situation wird daher statistisch tendenziell unterschätzt. Um dem entgegen zu wirken wurde das Konzept der Langzeitbeschäftigungslosigkeit eingeführt. Hierbei werden nicht nur Phasen der Arbeitslosigkeit heran- gezogen, sondern auch andere Episoden die in der AMS Statistik Verwendung finden, werden zusam- mengeführt: Schulungen, Lehrstellensuche, der Be- zug eines Fachkräftestipendiums oder die Abklärung der Arbeitsfähigkeit. Unterbrechungen von weniger als 62 Tage, etwa durch eine kurzfristige Arbeits- aufnahme oder einen Aufenthalt im Ausland, unter- brechen die Langzeitbeschäftigungslosigkeit nicht. Beträgt die Gesamtdauer dieser Episoden mehr als 365 Tage, so wird die Person als langzeitbeschäfti- gungslos geführt. Langzeitbeschäftigungslosigkeit ist insofern der realistischere Wert, wenn es darum geht, die Anzahl der Personen zu beziffern, die mehr als ein Jahr lang keiner Beschäftigung nachgingen. Zu beachten ist, dass die Zuschreibung „Langzeitbe- schäftigungslosigkeit“ ganz unterschiedliche Situati- onen umfassen kann. Auf der einen Seite finden sich darunter Personen welche die verschiedensten Ver- mittlungshemmnissen aufweisen und deshalb mögli- cherweise nur wenige Chancen auf einen erneuten Einstieg in den Arbeitsmarkt haben. Auf der anderen Seite werden aber auch Personen zu den Langzeit- beschäftigungslosen gezählt, die länger andauernde vom AMS geförderte Ausbildungen absolvieren. Aus diesem Grund weist das AMS zwei Zahlen zur Langzeitbeschäftigungslosigkeit aus. Zum einen die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen, die am Stich- tag den Status „arbeitslos“ aufweisen. Zum anderen die Gesamtzahl der Langzeitbeschäftigungslosen, unabhängig vom AMS-Status zum Stichtag. Einige Daten zur Langzeitarbeitslosigkeit und zur Langzeitbeschäftigungslosigkeit Langzeitarbeitslosigkeit Die Langzeitarbeitslosigkeit nahm in den letzten Jahren in Österreich enorm zu. Im Jahr 2010 waren 6.696 Personen mehr als 12 Monate als arbeitslos gemeldet. Die Langzeitarbeitslosen stellten zum da- maligen Zeitpunkt 2,7 % aller Arbeitslosen. Im Jahr 2017 lag die Anzahl der Langzeitarbeitslosen bei 58.537 Personen. Das bedeutete eine Zunahme um 774 % gegenüber dem Jahr 2010! Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen lag 2016 bei 17,2 %, also um fast das sechsfache höher als im Jahr 2010. In Tirol stieg die Zahl der Langzeitar- beitslosen von 588 Personen im Jahr 2010 auf 1.756 Personen im Jahr 2017. Im Vergleich bedeutete dies einen „moderaten“ Anstieg von 199 %. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen stieg von 3,1 % im Jahr 2010 auf 8,6 % im Jahr 2017. Langzeitbeschäftigungslosigkeit Im Jahr 2010 waren im Durchschnitt 44.540 Perso- nen als langzeitbeschäftigungslos gemeldet, die den AMS-Status „arbeitslos“ aufwiesen. Werden noch die langzeitbeschäftigungslosen Personen mit einem anderen AMS-Status (z.B. Schulung, Krankheit unter 62 Tagen) herangezogen, steigt die Zahl der Lang- zeitbeschäftigungslosen auf 73.903. Gemessen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen im Jahr 2010 von 250.872 Personen, lag der Anteil der Langzeitbe- schäftigungslosen bei 18 % (Status „arbeitslos“) bzw. bei 29 % (bei Berücksichtigung aller Statusse). Auch bei der Langzeitbeschäftigungslosigkeit war eine deutliche Zunahme zu beobachten. Im Jahr 2017 lag die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Perso- nen bei 119.304 (AMS-Status „arbeitslos“) bzw. bei 162.058 Personen (alle AMS-Statusse). Der Anteil der Langzeitbeschäftigungslosen an allen Arbeitslo- sen lag im Jahr 2017 bei 35 % (AMS-Status „arbeits- los“). Werden die sonstigen AMS-Statusse innerhalb der Definition von Langzeitbeschäftigungslosigkeit berücksichtigt, so lag der Anteil der Langzeitbeschäf- tigungslosen an allen Arbeitslosen bei 47 %! In Tirol waren im Jahr 2017 3.320 Langzeitbeschäf- tigungslose mit dem AMS-Status „arbeitslos“ gemel- det. Die weiter gefasste Definition von Langzeitbe- schäftigungslosigkeit traf auf 4.490 Personen zu. Die Anteile der Langzeitbeschäftigungslosen an allen Arbeitslosen in Tirol lagen bei 16 % (AMS-Status „arbeitslos“) bzw. bei 22 %. Klar ersichtlich ist, dass die Tiroler Anteile deutlich unterhalb der Anteile der Langzeitbeschäftigungslosigkeit in Österreich lagen.
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