Wirtschafts- und sozialstatistische Informationen 2018 II
WISO Seite 19 Große Internetunternehmen sollten darin verpflichtet werden, einen Teil ihrer Daten für die Nutzung ande- rer zur Verfügung zu stellen. Damit könnten konkur- renzfähige, alternative Angebote entwickelt und der Monopolbildung entgegengetreten werden. Andere Modelle sehen beispielsweise eine verpflichtende Datenlizenzierung für große Plattformen vor. 13 Eine weitere Maßnahme, um den Wettbewerb zu be- leben ist es, die „Kosten“ bzw. den Aufwand, der für die User entsteht, wenn sie von einer Plattform zu einer anderen wechseln möchten, möglichst gering zu halten. Diese sogenannten „switching costs“ ent- stehen dadurch, dass z.B. die Synchronisation von Geräten und Services nur innerhalb einer Plattform funktionieren (z.B. wenn Kalender, Email-Programm nur innerhalbApples iOS miteinander kommunizieren können), d.h. die User müssen erhebliche Einbußen an Funktionalität hinnehmen, wenn sie Geräte oder Services einer neuen Plattform verwenden möchten. Kosten anderer Art entstehen z.B., wenn sich per- sönliche Netzwerke einer sozialen Plattform nicht auf eine andere importieren lassen. Aus der Sicht der Anbieter macht eine solche Strategie natürlich durch- aus Sinn. Vor allem große etablierte Unternehmen wie etwa Apple haben kein Interesse daran, es den Nutzerinnen und Nutzern leicht zu machen, alterna- tive Systeme bzw. neue Plattformen zu verwenden. Unter dem Schlagwort „Data portability“ wird deshalb die Forderung erhoben, die persönlichen Daten von einer Plattform zur anderen leichter exportierbar zu machen und auf diesem Weg sogenannte „lock-in“ Effekte abzumildern. 14 Insgesamt wird die Politik durch die große Markt- macht der Plattformen vor erhebliche wettbewerbs- politische Herausforderungen gestellt. Einerseits werden schwierige technische Fragen aufgeworfen, wie Chancengleichheit für potenzielle Mitbewerber hergestellt werden kann und andererseits agieren die Plattformen global, weshalb nationale Lösungen notwendigerweise immer zu kurz greifen. Fazit: Kritische Anmerkungen zur Plattformökonomie Die Digitalwirtschaft nimmt eine immer wichtigere Position in unserem Wirtschaftsgefüge ein. Des- halb werden auch die Spielregeln dieses speziellen Wirtschaftsbereichs immer bedeutender. Große In- ternetplattformen sind die Speerspitzen dieser Ent- wicklung. Internetgiganten wie Google, Amazon und Facebook, sowie viele andere Plattformen verdan- ken ihre Größe und Marktmacht den besonderen Eigenschaften digitaler Informationsgüter und star- ken Netzwerkeffekten, die sie sich zunutze machen konnten, um mit unglaublichen Tempo zu wachsen. Die Marktdynamiken der Digitalwirtschaft fördert die Bildung privater Monopole mit Nachteilen für Kon- sumentinnen und Konsumenten und für die Konkur- renzvielfalt. Ein wettbewerbspolitisches Vorgehen dagegen erscheint ebenso schwierig wie notwendig. Gleichzeitig aber wurde zweifellos für Konsumentin- nen und Konsumenten ein nicht zu unterschätzender Mehrwert i.S.v. erhöhter Auswahl und Markttranspa- renz geschaffen. Auch die Kommunikationsmöglich- keiten haben sich durch soziale Medien dramatisch erhöht. Aber für diese Vorteile ist ein Preis zu bezah- len. Plattformen üben Druck auf lokale Wirtschafts- strukturen aus und entsichern Arbeitsverhältnisse. Wobei dies möglicherweise auch „nur“ als weitere Eskalationsstufe einer Entwicklung zu begreifen ist, die bereits seit Jahrzehnten im Zuge der Globalisie- rung im Gange ist. Man denke hier an das „Greißler- sterben“ in dem die kleinen, oft in der Ortsmitte an- sässigen, Lebensmittelgeschäfte die Konkurrenz mit den Supermärkten bzw. Einkaufszentren nicht über- lebten. Heutzutage sind es die großen Handelsketten selbst, die unter Druck durch Onlinehändler geraten. Grund zur Sorge gibt der Einfluss der Plattformen auf die Qualität der Arbeit. Symptomatisch dafür sind die Auseinandersetzungen hinsichtlich des Status der Fahrerinnen und Fahrer des Taxidienstes Uber. Diese sind nominell selbständig erwerbstätig, womit Uber keine arbeits- und sozialversicherungsrechtli- che Verantwortung trägt. Was einerseits Arbeitskraft für Uber billig macht und andererseits das unter- nehmerische Risiko auf die Fahrerinnen und Fahrer überwälzt, die aber oft völlig von Uber als Fahrten- vermittler wirtschaftlich abhängig sind. Eine endgül- tige Klärung dieses Sachverhalts ist ausständig und wird vermutlich auch von den jeweiligen nationalen Gesetzeslagen abhängen. Klar ist aber der zwie- spältige Effekt, den eine Plattform wie Uber auf den Markt hat: Zum einen werden durchaus Beschäfti- gungsmöglichkeiten geschaffen, die in dieser Form zuvor nicht bestanden (der Taximarkt ist zumeist nur über Lizenzierungen zugänglich, Uber tritt aber rein rechtlich als kurzzeitige Autovermietung mit Fahrer auf und umgeht damit diese Problematik), zum ande- ren ist aber die Qualität und die Absicherung dieser Arbeitsmöglichkeiten äußerst ungenügend. Ähnlich eProbleme bestehen im Bereich des Crowdworks, wo Mikrojobs an nominell selbständige Personen über Plattformen vermittelt werden. Noch sind diese Arbeitsbedingungen nicht der Regelfall, aber Plattfor- men erlauben es Unternehmen, den „Personalstand“ äußerst flexibel an ihre Auftragslagen anzupassen. Gleichzeitig reduzieren sie die Kosten für Personal-
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