Wirtschafts- und sozialstatistische Informationen 2018 II
Seite 8 WISO somit das aktive Element dieses Prozesses. Damit meinte Schumpeter jedoch nicht den finanzstarken Un- ternehmer, sondern stellte auf tatsächliche Macht und Entscheidungsgewalt ab. „ Trotzdem halten wir fest, dass jemand grundsätzlich nur dann Unternehmer ist, wenn er eine neue Kom- bination durchsetzt “. 6 Der innovative Unternehmer nach Schumpeter würde sich durch Schöpfungslust und Durchsetzungsvermö- gen auszeichnen. Das un- terscheide ihn von anderen Marktteilnehmern und er- mögliche es ihm, aktiv an der Veränderung der Märkte mit- zuwirken. 7 Verstärkte Aufmerksamkeit gewann das Konzept der Schöpferischen Zerstörung durch den Aufstieg der Digitalwirtschaft, der New Economy, in den Jahren seit der Jahrtausend- wende im Zusammenhang mit dem Begriff der Dis- ruption, der vom amerikanischen Harvard-Professor Clayton Christensen geprägt wurde. Disruption, die zwischenzeitlich zu einem Modewort der Gründer- szene wurde, steht für das „Umkrempeln“ etablierter Märkte durch das Auftreten neuer, innovativer Pro- dukte und Dienstleistungen. Eingesessene Anbieter würden durch technologiegetriebene Innovation aus kleineren Marktsegmenten überrascht, welche die Spielregeln des Marktes ändert. Die alten Strukturen würden innerhalb kurzer Zeit verdrängt – so die De- finition. In der Realität gibt es jedoch diesen idealty- pischen Verlauf nicht, vielmehr treten alte und neue Produkte und Dienstleistungen nebeneinander auf und es kommt zu Anpassungsleistungen von beiden Seiten. So existieren das traditionelle Taxigewerbe und App-basierte Fahrten- vermittler wie Uber und Lyft nebeneinander und die alten Taxianbieter haben viele der Innovationen von Uber und Lyft übernommen (z.B. App- Buchungen, Ratings, etc.). Klar ist aber, dass sich die Konkurrenzsituation im Markt durch das Auftreten der neu- en Anbieter deutlich verän- dert hat. Eine Branche die in den letz- ten Jahrzehnten immer wie- der Disruptionen ausgesetzt war, ist die Musikindustrie. Die Entwicklung der CD ver- drängte Schallplatten und Kassetten, krempelte aber noch nicht das grundsätz- liche Geschäftsmodell der Branche um. Erst mit der Digitali- sierung der Musik, zuerst durch die Verbreitung des Dateiformats MP3 und später durch Streaming, verlo- ren die alteingesessenen Anbieter massiv an Marktmacht, da die üb- lichen Einkommensquellen zunehmend versiegten. Heutzutage sind Streamingdienste wie Spotify, Tidal, Pandora oder Apple Music prägend für die Musikin- dustrie. Schumpeters Schöpferische Zerstörung dient als Erklärungsmodell für die Dynamik des Kapitalismus überhaupt und für den technologisch beschleunigten Strukturwandel im Zeitalter der Digitalwirtschaft im Besonderen. Durch den technologischen Fortschritt und darauf aufbauende Innovationen werden ständig die Spielregeln in Markt und Gesellschaft verändert und Machtverhältnisse verschoben. 1 McCraw, Prophet of Innovation, 2007, S 352 2 Weis, Praxishandbuch Innovation, 2. Auflage, S 10 3 Nutz, Die Kraft der Zerstörung, 10.04.2012, Österreichischer Wirtschaftsverlag, https://www.die-wirtschaft.at/die-wirtschaft/die-kraft-der-zerstoerung-98438 (Abruf am 16.08.2018) 4 Schöpferische Zerstörung, http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20588/schoepferische-zerstoerung (Abruf am 16.08.2018) 5 Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, 1984, S 322 6 Kosch, Schumpeter und die evolutionäre Theorie der Unternehmung, Diplomarbeit Universität Wien, S 11 ff 7 Weis, Praxishandbuch Innovation, 2. Auflage, S 13 Joseph Schumpeter (1883 - 1950) gehört zu den bekanntesten Ökonomen. Weltweit bekannt wurde er mit seinen Theorien zur Rolle der Innovation im Kapitalismus.
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