Wirtschafts- und sozialstatistische Informationen 2019 I
WISO Seite 23 Die Bemessungsgrundlage bei Abbruch des Gebäudes (§ 11 Abs. 3 TVAG): Wird im Falle des Abbruchs oder der sonstigen Zer- störung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, des- sen Baumasse bereits Grundlage für die Vorschrei- bung eines Erschließungsbeitrages nach dem TVAG oder nach früheren Rechtsvorschriften war, wieder aufgebaut oder auf demselben Bauplatz sonst ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so verändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist der Baumassenanteil von der um die Baumasse des zer- störten Gebäudes oder Gebäudeteiles verminderten Baumasse zu ermitteln. Jedenfalls ist ein einmal be- zahlter Erschließungsbeitrag (bezogen auf Kubikme- ter oder Quadratmeter) durch die Behörde immer zu berücksichtigen und anzurechnen. 10 1.2 Vorschreibung des Erschließungsbeitrages (§ 12 TVAG) Im Regelfall ist der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem ein Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, Abgabenschuld- ner. In bestimmten Fällen sind es auch andere Per- sonen, wie beispielsweise ein Bauberechtigter. Im vorschreibenden Bescheid ist die Berechnung durch die zuständige Behörde aufzuschlüsseln. Der Ab- gabenanspruch entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung. Für anzeigepflichtige Bauvorhaben gelten andere Zeitpunkte. Für die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages gilt eine Verjährungsfrist (Festsetzungsverjährung) von 5 Jahren gemäß § 207 Abs. 2 der Bundesabga- benordung (BAO). Diese beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. 2. Der vorgezogene Erschließungs- beitrag im Sinne des § 13 ff TVAG Der vorgezogene Erschließungsbeitrag ist eine Vo- rauszahlung zu den Kosten der Verkehrserschlie- ßung. Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Ver- ordnung auf unbebaute Grundstücke, die als Bauland gewidmet sind, einen vorgezogenen Erschließungs- beitrag zu erheben. Achtung: Kein vorgezogener Erschließungsbeitrag darf beispielsweise bei Fällen erforderlicher Bau- landumlegung oder bei Grundstücken, die einer Bebauung nicht zugänglich sind erhoben werden. Die Erhebung des vorgezogenen Erschließungs- beitrages erfolgt in der Höhe des für das gesamte Gemeindegebiet für den Erschließungsbeitrag fest- gelegten Erschließungsbeitragssatzes (siehe Punkt 1). Mit der Einführung dieses vorgezogenen Erschlie- ßungsbeitrages verfolgte die Tiroler Landesregierung mehrere Ziele. Wörtlich ist aus den erläuternden Bemerkungen der damaligen Regierungsvorlage zu entnehmen: „Mit der Verpflichtung zur Entrichtung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages für unbe- baute Baugrundstücke soll für die davon betroffenen Grundeigentümer ein Anreiz geschaffen werden, die- se Flächen einer widmungsgemäßen Verwendung zuzuführen. Mit dem vorgezogenen Erschließungs- beitrag soll vor allem aber auch dem Umstand Rech- nung getragen werden, dass der Erschließungsauf- wand für die Gemeinden nicht erst mit der Bebauung der betreffenden Grundstücke zum Tragen kommt, sondern bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusam- menhang mit der Widmung“. 11 Durch die Vorschrei- bung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages, so die Überlegung, müssten die Gemeinden die bereits im Zeitraum zwischen Widmung und Baubeginn ent- standenen Kosten nicht vorfinanzieren und somit würde der Gemeindehaushalt entlastet. In der Pra- xis nützen die wenigsten Gemeinden Tirols dieses Instrumentarium. Der Landesrechnungshof regte da- her in seinem Bericht zur „Querschnittsprüfung von Gemeindeabgaben 2017“ an, alle Gemeinden sollen die Einführung eines vorgezogenen Erschließungs- beitrages prüfen. Die Gemeinden machen wohl auch deshalb von der Möglichkeit des vorgezogenen Er- schließungsbeitrages nicht Gebrauch, da dieser im Verhältnis zu den Grundstücks- und Immobilienwer- ten in Tirol, keinen Anreiz zu einer Nutzung, Bebau- ung oder Veräußerung durch die jeweiligen Eigentü- mer darstellt. Dazu ein fiktives Beispiel für die Berechnung eines vorgezogenen Erschließungsbeitrages anhand eines 600 m² großen, als Bauland gewidmeten und unbe- bauten Grundstückes in der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee: Der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Piller- see hat mit Beschluss vom 29. 09.2011 die Einhe- bung eines vorgezogenen Erschließungsbeitrages beschlossen. Die Höhe richtet sich nach dem aktuell geltenden Erschließungsbeitragssatz der Gemeinde in der Höhe von 5 %. 12 Der Erschließungskostenfaktor des Landes Tirol sieht für die Gemeinde St. Ulrich am Pillersee einen Faktor von € 166,00 vor. Die Formel zur Berechnung des vorgezogenen Er- schließungsbeitrages ist dieselbe wie jene zur Be-
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