Tiroler Arbeiterzeitung

6 Nr. 113, Dezember 2018 OFFEN GESAGT Die AK fordert einen fairen Lohn und gerechte arbeitsrecht- liche Rahmenbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dazu gehören vernünftige Arbeitszeitmodelle, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Ältere Beschäftigte brauchen gleiche Chancen. Es braucht eine Entlastung für Steuerzahler. Großkonzerne müssen ihren Beitrag leisten, Steuerschlupflöcher für Unter- nehmen geschlossen werden. Es sollen möglichst viele unserer Mitbürger am allgemeinen Wohlstand teilhaben können. Das ist wichtig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Die kalte Progression ist eine Belastung für die Arbeitnehm versteckten Steuer würde für und mehr Geld bringen. Dah Zuwarten, sondern ein rasche Ihre Arbeit muss sich lohnen Faires Steuersystem Aus für kalte P UnsereAK Tirol: Voller Einsatz für eine gerechteArbeitswelt. Wir kämpfe Was die Arbeiterkammer für Sie fordert, d TAZ: Herr Präsident, die AK Ti- rol hat in den letzten Wochen die Leistungen der Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer und den Respekt vor ihrem Einsatz in den Vordergrund gestellt. Halten Sie diese Maßnahme für gerechtfer- tigt? Erwin Zangerl: Absolut. Es ist ge- rade jetzt hoch an der Zeit dafür. Denn den Beschäftigten weht ein rauer Wind entgegen. Egal, ob bei den Lohn- und Gehaltsverhand- lungen oder im bundespolitischen Umfeld. Während einzelne Grup- pen von der Politik hofiert wer- den, fühlt sich der größte und vor allem produktivste Teil der Be- völkerung spürbar an den Rand gedrängt. Wir sagen: Die Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen sich die Leistungen, die sie sich überwiegend selbst zah- len, nicht vorwerfen zu lassen. In der Krankenversicherung nicht, in der Unfallversicherung nicht, in der Arbeitslosenversicherung nicht. Sie sind die größten Steu- er- und Beitragszahler im Land. Sie erarbeiten die Gewinne der Unternehmen, sie haben für ihre Leistungen mehr Respekt ver- dient. TAZ: Können Sie die Produktivi- tät der Tiroler Beschäftigten nä- her erläutern? Zangerl: Gerade die Lohn- und Gehaltsverhandlungen zeigen, dass in manchen Unternehmerver- bänden immer noch die Meinung vorherrscht, die Beschäftigten sollten froh sein, einen Arbeits- platz zu haben. Doch die meisten Betriebe wissen, dass es nur ge- meinsam geht, mit partnerschaft- lichem Miteinander, so wie auch in der Sozialpartnerschaft. Von guten Lohn- und Gehaltsabschlüs- sen profitieren alle: Die Wirtschaft, weil das die Konjunktur belebt, und die Arbeitnehmer-Familien, weil sie mehr in die Wirtschaft in- vestieren können. Dieser Kreislauf hält unser Land in Schwung. Wer noch dazu berücksichtigt, wie teu- erWohnen und Leben in Tirol sind, und dass der Staat durch die Lohn- und Mehrwertsteuer ein Haupt- nutznießer von höheren Löhnen ist, sollte nicht über fehlendes Au- genmaß sprechen, sondern eher über das hohe Verantwortungsbe- wusstsein der Arbeitnehmerseite. TAZ: Die AK hat ja dazu auch beeindruckende Zahlen über die Leistungen der Tiroler Beschäf- tigten geliefert… Zangerl: Betrachtet man die Leistungsbilanz, die allein Tirols Arbeitnehmer-Familien im letz- ten Jahr vorweisen können, erge- ben sich unglaubliche Summen: 325.600 Beschäftigte erbrachten 510,6 Millionen Arbeitsstunden. Inkludiert sind 22,2 Millionen Überstunden von 57.800 Beschäf- tigten, davon blieben 4,9 Mil- lionen Stunden unbezahlt! Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrug bei Vollzeit 41,7 Stunden, bei Teilzeit 20,4 Stunden. Mit diesem Einsatz erwirtschaf- teten Tirols Beschäftigte insgesamt 10,8 Milliarden Euro brutto. 1,62 Milliarden Euro lieferten sie an Lohnsteuer ab und weitere 1,72 Milliarden Euro an Sozialversiche- rungsbeiträgen. Neben der enormen Leistung, die die Beschäftigten am Arbeits- platz erbringen, ist aber auch die ehrenamtliche Tätigkeit für viele Arbeitnehmer eine Selbstverständ- lichkeit. Geschätzte 3,3 Millionen Österreicherinnen und Österrei- cher leisten wöchentlich rund 15 Millionen Stunden unbezahlt zum Wohl unserer Gesellschaft. Ob im Rahmen von Nachbarschaftshilfe, bei Rettungsdiensten, Hilfsorgani- sationen, Feuerwehren, Sportverei- nen und kirchlichen Einrichtungen – den Großteil dieser ehrenamt- lichen Tätigkeiten leisten dabei die Arbeitnehmer. Insgesamt beläuft sich die wöchentliche Stundenzahl auf rund acht Millionen, bei der Nachbarschaftshilfe kommen pro Woche rund 7,5 Millionen Stunden zusammen. TAZ: Sind das Leistungsange- bot und die interessenpolitische Arbeit der AK für die Mitglieder noch aktuell? Zangerl: Wir analysieren unser Angebot ständig im Hinblick auf den geänderten Bedarf. Es kann nicht oft genug gesagt werden, dass sich Mitglieder die Arbeiter- kammer als Standesvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- „Tirols Beschäftigte gehören vor den Vorhang! “ Wertschätzung vor Wertschöpfung. „Es geht um mehr Respe gegenüber den Beschäftigten“, sagt AK Präsident Erwin Zang „Die Arbeitnehmer-Familien erwirtschaften mit viel Fleiß un harter Arbeit ihre Löhne und Gehälter, sie leisten Beiträge un Steuern und sind ehrenamtlich tätig. Sie brauchen sich die Leistungen, die sie ohnehin selbst zahlen, nicht vorwerfen zu lass nehmer zur Gänze selbst finan- zieren. Mit ihrem Beitrag von im Schnitt monatlich 7 Euro werden Leistungen wie Rechtsberatung, Rechtsschutz im Arbeits- und So- zialrecht, Unterstützung bei Insol- venz oder Konsumentenberatung finanziert. Es gibt auch den freiwil- ligen Rechtsschutz im Wohn- und Mietrechtsbereich und im Konsu- mentenschutz, wo wir ebenfalls zahlreiche positive Urteile erwir- ken konnten. Mit den Beiträgen der AK Mitglieder werden außer- dem die Wohn- und Mietrechts- beratung, die Steuerberatung oder die Zukunftsaktie finanziert. Auch der Unterstützungsfonds für in Not geratene Arbeitnehmer-Familien wird daraus gespeist (Anm. siehe Seiten 2 und 3) . Mit dem neuenAK Zukunftspro- gramm werden weitere Millionen eingesetzt und eine Digitalisie- rungsoffensive für die Menschen in allen Berufs- und Bildungs- schichten gestartet. Das alles für sieben Euro an durchschnittlichem Monatsbeitrag, das ist weniger als andere juristische Beratungen oder Versicherungen kosten würden. Nicht vergessen werden dürfen auch die AK Bezirkskammern, die sich in jedem Bezirk zu echten Schutzhäusern und Servicezentren entwickelt haben. Ab Mitte De- zember kommt die AK Wörgl als neue Außenstelle noch dazu, um den gestiegenen Bedarf im Bezirk Kufstein abzudecken. TAZ: Gibt es noch weitere Ange- bote, die den Tiroler AK Mitglie- dern zugutekommen? Zangerl: Wir ermöglichen noch zahlreiche weitere Extra-Leistun- gen. Eben haben wir über den Re- spekt und die Anerkennung für die Beschäftigten gesprochen. Des- halb sagen wir im Rahmen von Ehrungsfeiern unseren langjäh- rigen AK Mitgliedern Danke, üb- rigens schon seit mehr als 20 Jah- ren. Dazu kommen noch etwa der AK Konsument, das unabhängige Test-Magazin, das monatlich an alle Tiroler Arbeitnehmer-Haus- halte versendet wird, die Stipen- dien und Darlehen für Aus- und Weiterbildung, die AK Zukunfts- aktie, aber auch die Ferienaktion, bei der rund 1.500 Kinder von be- rufstätigen Eltern die Ferien sinn- voll erleben. Für Lehrlinge haben wir Gratis- Nachhilfe-Kurse eingeführt, für Tirols Schülerinnen und Schüler die AK Sommerschule. Es gibt das Projekt AK Rückenwind, bei dem in Kooperation mit Erasmus- Plus und Cubic junge Menschen bis zu einem Jahr im EU-Ausland „Der größte und vor allem produktivste Teil der Bevölkerung, die Arbeitnehmer, werden spürbar an den Rand gedrängt.“ Erwin Zangerl, AK Präsident WERTSCHÄTZUNG GEGEN SCHIEFLAGE SOZIALE GERECHTIGKE

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=