Tiroler Arbeiterzeitung

OFFEN GESAGT 7 Nr. 113, Dezember 2018 r. Eine Abschaffung dieser ie eine deutliche Entlastung r fordert die AK kein weiteres Aus für die kalte Progression! Wohnen muss für Arbeitnehmer-Familien erschwinglich sein. Die hohen Mieten sind für viele Menschen eine Belastung. Die AK hat erreicht, dass die Wohnbauförderung wieder zweckgebunden wird. Begrüßt wird die soziale Wohnbau- Offensive, bei der Raumordnung besteht Handlungsbedarf. Es müssen ausreichend Möglichkeiten für Ihre Aus- und Weiterbildung angeboten werden, damit Sie im technolo- gischen Wandel immer am Ball bleiben können. Der Fachkräf- temangel kann mit gezielten und vor allem erschwinglichen Ausbildungsangeboten für Jung und Alt behoben werden. gression Wohnen muss leistbar sein Offener Zugang zur Bildung für den Schutz und die Rechte derArbeitnehmerinnen undArbeitnehmer! mit sich Arbeit, Leben undWohnen lohnen t rl. n.“ verbringen und dort wichtige Kompetenzen erlernen können. Für diese Projekte wurden wir mit dem österreichischen Jugendpreis und dem Europa-Staatspreis aus- gezeichnet. TAZ: Stichwort junge Menschen: Welchen Tipp kann man ihnen und den Eltern mitgeben? Zangerl: Bildung ist das Um und Auf für die Zukunft. Wenn jetzt immer mehr Betriebe über den Mangel an Fachkräften lamentie- ren, muss immer wieder betont werden, dass wir seit Jahren auf die Misere hingewiesen und vor dieser Situation gewarnt haben. Es gab dutzende Vorschläge, die wir bei Bund und Land für eine Verbesserung der Ausbildungs- möglichkeiten eingebracht haben. Leider ist die schulische und be- rufliche Entwicklung viel zu stark von der finanziellen Möglichkeit im Elternhaus abhängig. Fast 300.000 unter 35-Jährige haben keine Ausbildung fertiggemacht. Da gibt es enorm viel Potenzial, das darf man nicht ignorieren. Es ist fatal, wenn junge Menschen den falschen Bildungsweg einschlagen und dabei alleingelassen werden. Als Arbeiterkammer haben wir mit der Berufsorientierung und dem Bewerbungscoaching in un- serer AK Werkstatt ein wirksames Instrument geschaffen, um junge Menschen auf ihre Zukunft vorzu- bereiten. Mit der Berufsorientie- rungsmappe „My future“ als Un- terrichtsmaterial haben wir bereits tausenden jungen Menschen den richtigen Weg gewiesen. Gemein- sam mit dem AMS und dem BFI finanzieren wir die Kurse zum Mittelschulabschluss im zweiten Bildungsweg, mit fast 1.700 er- folgreichen Absolventinnen und Absolventen, die mit diesem Ab- schluss wieder eine Berufs- und Ausbildungschance vorgefunden haben. Auf Initiative der AK ist es gelungen, das Unterrichtsfach Berufsorientierung in den neuen Mittelschulen einzuführen, jetzt muss es die Berufsorientierung auch als Pflichtfach in den Gym- nasien geben. Doch die Politik darf nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Leider werden die Uhren wieder zurückgedreht, AMS-Kurse werden weggekürzt, das Notensystem in den Volks- schulen wiedereingeführt, statt endlich die viel zu frühe Selektion ab 10 Jahren abzuschaffen. TAZ: Wenn Sie die letzten fünf Jahre Revue passieren lassen, welche Bilanz ziehen Sie, wo la- gen die Herausforderungen? Zangerl: Die Bilanz der vergan- genen fünf Jahre kann sich sehen lassen: Es wurden knapp 1,6 Mil- lionen Beratungen geleistet, davon allein rund 927.500 im Arbeits- und Sozialrecht. Tausende Mitglie- der wurden vor Gericht vertreten und mehr als 211 Millionen Euro im Arbeits-, Insolvenz-, Sozial-, Steuer- und Konsumentenrecht er- stritten. Gestürmt wurden die Steu- ertage in den Bezirken sowie die hunderten Info-Veranstaltungen in allen Regionen. Mehr als 132.000 Mitglieder nahmen die Bildungs- beratung in Anspruch, knapp 8 Millionen Euro wurden an Sti- pendien und Beihilfen ausbezahlt. TAZ: Die AK ist als Serviceein- richtung hoch anerkannt, sie wird aber auch für ihre Arbeitnehmer- politik und ihre aktive Rolle in der Sozialpartnerschaft geschätzt… Zangerl: Es ist uns gelungen, die so wichtige Steuerreform umzu- setzen und die Angleichung von Arbeitern und Angestellten maß- geblich zu betreiben. Wir haben erreicht, dass Lohnabrechnungen einklagbar sind, die Konkurrenz- klauseln entschärft wurden, es zu Verbesserung bei All-in-Verträgen kam und der Mindestlohn erhöht wurde. Auch das Problem der unbezahlten Überstunden und die Ungerechtigkeit der kurzen Verfallsfristen haben wir thema- tisiert. Wir wollen nicht pauschal Unternehmer verunglimpfen. Wir wollen Regelungen, die es schwar- zen Schafen schwer machen. Das heißt, Verstöße müssen teurer wer- den. Bis das erreicht ist, werden wir dranbleiben. Mit unseren Analysen zur Ein- kommensentwicklung liefern wir für die Gewerkschaften wichtige Grundlagen für die Kollektivver- tragsverhandlungen. Für die Kon- sumenten konnten wir mit einem aufsehenerregenden OGH-Urteil erreichen, dass die Banken tausen- den Betroffen zu viel einbehaltene Zinsen zurückerstatten müssen. Im Wohnbereich konnten wir durch Abmahnungen zahlreiche miet- und eigentümerfeindliche Rege- lungen entschärfen. Auch mit un- seren Tiroler Wohnstudien haben wir wichtige Impulse gemeinsam mit den Sozialpartnern gesetzt. Sie sind nun Basis für Verbesserungen, etwa bei der Wohnbauförderung, der Vereinheitlichung der Miet- zinsbeihilfe, der Zweckbindung der Wohnbauförderung sowie für neue Formen des leistbaren Woh- nens. TAZ: Wie sehen Sie die Regie- rungspläne zur Lohnsteuer-Ent- lastung und zur Abschaffung der kalten Progression. Zangerl: Diese wichtige Konjunk- turmaßnahme wird dauernd nach hinten verschoben, jetzt ist erst von 2022 die Rede. Natürlich ist eine weitere Senkung der Steu- ern auf Arbeit notwendig. Doch die Steuerausfälle müssten kom- pensiert werden, sonst würden sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Steuersenkung durch Leistungskürzungen wieder selbst bezahlen. Es muss zu mehr Steuergerechtigkeit kommen: Das bedeutet, Steuerschlupflöcher für Unternehmen gehören geschlos- sen und die Großkonzerne müssen ihren gerechten Beitrag leisten. TAZ: Wie beurteilen Sie generell die Arbeit der Regierung im Hin- blick auf die Arbeitnehmer? Zangerl: Das Programm der Re- gierung ist leider extrem wirt- schaftslastig. Auf der einen Seite wird Deregulierung betrieben. Das zeigt sich etwa an allein 489 Vor- schlägen von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung zum Thema Gold Plating, was nichts anderes bedeutet, als Schutzstan- dards für Beschäftigte auf ein eu- ropäisches Mindestmaß abzusen- ken. Auf der anderen Seite wird die schrittweise Abschaffung der Arbeitnehmer-Mitbestimmung be- trieben. Da heißt es, die Sozialpart- ner müssen nicht überall drinnen- sitzen. Interessanterweise werden aber nur die Arbeitnehmervertreter ausgebootet, die Wirtschaftsver- treter bleiben. Im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der Sozi- alversicherung sprechen selbst Verfassungsrechtler von einem Putsch. Das kann keinem Arbeit- nehmervertreter egal sein. Umso positiver ist es, dass sich alle Ver- treter in der AK Tirol, unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit, gegen diese Zentralisierung und Zerschlagung des Gesundheitssys­ tems ausgesprochen haben. „Es braucht mehr Steuergerechtigkeit. Schlupflöcher gehören geschlossen, die Großkonzerne sollen ihren Beitrag leisten.“ Erwin Zangerl, AK Präsident T EIGENE VIER WÄNDE CHANCENGLEICHHEIT © Gerhard Berger

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