Tiroler Arbeiterzeitung

11 Nr. 119, Mai 2019 INNSBRUCK & SCHWAZ Auszeit für Weiterbildung J UGEND & B ERUF E in Einkauf im Supermarkt und der eigene Brautstrauß landet im Einkaufswagen? So skurril das auch klingen mag, Szenarien, in denen Schnitt- und Topfblumen nur noch beim Discounter oder an der Tankstelle erhältlich sind, sind gar nicht so abwegig. Aktuell verdienen Flo- ristinnen und Floristen in Öster- reich so wenig, dass sie mit ihrem Gehalt gerade noch so über die Runden kommen. Da der Ver- dienst jedoch gerade in Tirol, wo Wohn- und Lebenshaltungskos- ten extrem hoch sind, eine we- sentliche Rolle spielt, ist es für Floristen kaum noch möglich, sich eine Existenz aufzubauen. Deshalb sind sich Tiroler Flo- ristenlehrlinge einig: Nur höhere Löhne können ihr Handwerk jetzt noch retten. Geringer Verdienst. Sie habe von Anfang an gewusst, dass sie als Floristin nicht viel ver- dienen würde, erklärt Isabelle * . Abgeschreckt habe sie das nicht. Isabelle ist jedoch eine Ausnah- me. Viele Jugendliche ziehen die Floristenlehre aufgrund der schlechten Bezahlung erst gar nicht in Betracht: 460 Euro brut- to verdient man laut Kollektiv- vertrag im ersten Lehrjahr und 1.380 Euro brutto im ersten Be- rufsjahr. Nach Abzug der Miete bleibt kaum etwas zum Leben übrig, geschweige denn für un- vorhergesehene Ausgaben oder gar Freizeitvergnügungen. In- terne Berechnungen der Tiroler Floristenlehrlinge zeigen, dass sie nach abgeschlossener Aus- bildung jeden Monat ungefähr 430 Euro mehr ausgeben werden, als sie verdienen. Deshalb ver- wundert es auch nicht, dass nur 4,7 % der Floristen-Lehrlinge in Österreich männlich sind. Ohne finanzielle Unterstützung von El- tern oder Partner oder einem Ne- benjob kommen viele auf Dauer nicht aus. Sogar eine berufliche Neuorientierung ist in manchen Fällen unvermeidbar. AK für Mindestlohn. „Es kann nicht sein, dass wir in einem reichen Land wie Österreich junge, motivierte und fleißige Menschen zu Working Poor aus- bilden. Wie desillusionierend ist es, einen Beruf auszuüben, der einem Spaß macht und man trotz Vollzeitarbeit nicht über die Runden kommt? Was vermitteln wir damit jungen Menschen über den Wert von Arbeit? Wir brau- chen ordentliche Löhne und or- dentliche Bedingungen für junge Menschen, ansonsten wird der Facharbeitermangel nur noch größer werden und einige Lehr- berufe werden überhaupt ausster- ben“, sagt AK Präsident Erwin Zangerl, dem die Lehrlinge ihre schwierige Situation schilderten. Die AK fordert schon seit lan- gem einen Brutto-Mindestlohn von 1.700 Euro. „Überall wird nur von Fleiß und Leistung ge- sprochen. Davon, was Lehrlinge bzw. Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer verdienen, hört man weniger. Wer arbeitet, muss so viel verdienen, dass er nicht am Existenzminimum leben muss und Unvorhergesehenes, wie etwa eine kaputte Waschmaschine, nicht zum finanziellen Dilemma wird“, so der Tiroler AK Präsident. Neben der oft fehlenden Wert- schätzung für ihre Tätigkeit lei- den Floristen-Lehrlinge auch un- ter ihrem Image. „Ich habe mich nicht für eine Lehre entschieden, weil ich zu dumm für die Schule war. Mit diesem Vorurteil werde ich aber tagtäglich konfrontiert. Und da bin ich nicht die Ein- zige. Die Leute verstehen einfach nicht, dass wir Floristen werden wollen, weil uns diese Arbeit Spaß macht“, erklärt Isabelle. Damit motivierte , junge Men- schen wie Isabelle auch in Zu- kunft ihrem Traumberuf nach- gehen können, braucht es allem voran höhere Löhne. Bleibt je- doch alles beim Alten, werden in Zukunft Brautsträuße wirklich öfter beim Discounter oder an der Tankstelle als bei Floristen gekauft. Ende der blühenden Branche? Handlungsbedarf. Ihre Zukunft sieht alles andere als rosig aus: Floristenlehrlinge fordern höhere Löhne. Andernfalls sehen sie schwarz für das Floristen-Handwerk. © Alexander Tarassov/stock.adobe.com D u kannst die Broschüre kostenlos unter Tel. 0800/22 55 22 – 1566 anfordern oder auf ak-tirol.com downloaden. So gehts I n Österreich verdienen sich über 100.000 Schülerinnen und Schüler etwas in den Ferien dazu bzw. sammeln ihre ersten Berufserfahrungen im Zuge eines Praktikums. Damit nichts schiefgeht, haben die AK Experten einen kurzen Leitfaden für dich zusammengestellt. Ferialjob ist nicht gleich Prakti- kum. Prinzipiell gilt: Ein Ferialjob ist ein befristetes Arbeitsver- hältnis, während ein Prak- tikum im Rahmen einer Ausbildung absolviert wird und nicht zwingen- dermaßen entlohnt werden muss. Bei einem Ferialjob soll- test du einen schrift- lichen Vertrag mit dei- nem Arbeitgeber über Tätigkeit, Beginn und Ende der Beschäftigung, Arbeitszeiten so- wie Bezahlung schließen. Grund- sätzlich darf jeder ab Vollendung der Schulpflicht und des 15. Le- bensjahrs in den Ferien arbeiten. Jugendliche unter 18 dürfen aber höchstens acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich ar- beiten – außer es gelten andere Voraussetzungen. Was du verdienst, hängt vom Kollektivvertrag ab. Mit 700 bis 1.000 Euro brutto solltest du aber jedenfalls rechnen. Von deinem Arbeitgeber musst du – außer im Fall einer geringfügigen Beschäf- tigung (2019: 446,81 €) – voll- versichert werden. Mit diesem Wissen solltest du gut auf deinen ersten Ferialjob vorbereitet sein. Weitere Infos dazu findest du in unserer Broschüre „Arbeiten in den Ferien“. Dort gibt es einen kurzen Überblick über die wich- tigsten Regelungen bezüglich Fe- rialjobs und Pflichtpraktika. Ne- ben zahlreichen hilfreichen Tipps enthält die Broschüre auch ein Kalendarium, das zur Protokollie- rung der Arbeitszeiten und -tätig- keiten genutzt werden kann, sowie die Kontaktdetails der zuständigen AKAbteilung, an die sich Jugend- liche jederzeit bei Fragen und Pro- blemen wenden können. Arbeiten in den Ferien Aufgepasst. Worauf du beim Ferienjob achten musst und wo der Unterschied zwischen Ferialjob und Praktikum liegt, erfährst du hier. Ob Umwelt, Kultur oder Sozial- bereich: Ab sofort warten bei AK Rückenwind wieder viele Pro- jekte in europäischen Ländern auf engagierte junge Tirolerinnen und Tiroler. 4 bis 8 Wochen England Von 30. Mai bis 27. Juli arbeitet ihr in Dudley in einem Jugend- zentrum mit (1 Platz, ab 18 Jahren). Von 2. Juni bis 2. Juli helft ihr bei einem Umwelt- und Nach- haltigkeitsprojekt in Cornwall u. a. dabei, den Strand zu säubern (5 Plätze, ab 18). 2. Termin: 5. Juli bis 2. August (2 Plätze, ab 18). Schweden Von 1. bis 31. Juli kannst du auf der Ökofarm Häsekasen in Uddevalla mitarbeiten (1 Platz, ab 18). Ungarn Von 6. Juli bis 31. August enga- gierst du dich in Nagyvázsony bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (1 Platz, ab 17). 5 bis 12 Monate Polen Von 1. Juli 2019 bis 14. April 2020 bist du Teil eines interna- tionalen Teams, das die Betreuer eines Kindergartens in Kwidzyn unterstützt (1 Platz, ab 18; anre- chenbar als Zivildienst). Finnland Von 1. August 2019 bis 31. Juli 2020 arbeitet ihr in mehreren Jugendzentren und Schulen mit (4 Plätze, ab 18; anrechenbar als Zivildienst). Malta Von 7. August 2019 bis 6. August 2020 unterstützt ihr die Karl-Vella-Stiftung bei ihrem Ein- satz für Kinder und Jugendliche (2 Plätze, ab 18). Die Teilnahme erfolgt im Rah- men des Europäischen Freiwil- ligendienstes. Sie ist kostenlos und wird finanziert von EU und AK Tirol. Mehr auf ak-tirol.com Infos & Kontakt 0800/22 55 22 DW 1217 AK Rückenwind: Neue Projekte Selten verläuft im Leben alles nach Plan. Manche drohen an Hürden zu scheitern. Doch die AK steht jungen Men- schen zwischen 17 und 30 Jahren auch in schwierigen Phasen zur Seite: Sie ermög- licht ihnen die kostenlose Teil- nahme an Rückenwind-Pro- jekten in Europa, bei denen sie anderen helfen und dabei neue Wege für die eigene Zukunft finden können. © deagreez /stock.adobe.com AUF NACH EUROPA B ildungskarenz, Bildungsteilzeit und das Fachkräftestipendium sind beliebte Möglichkeiten, sich eine Auszeit für Weiterbildung zu nehmen. Wie die Modelle im Detail funktionieren und finanziert werden, erläutern Spezialisten von AK und AMS beim kostenlosen Infoabend: Am Mi. 22. Mai ab 19 Uhr in der AK Tirol in Innsbruck, Maximili- anstr. 7, und am Di. 18. Juni ab 19 Uhr in der AK Schwaz, Münchner Str. 20 . Durch Weiterbildung erhöhen Sie Ihre Möglichkeiten am Arbeitsmarkt – mit Hilfe des Fachkräftestipendi- ums können Sie Ausbildungen in Berufen mit Fachkräftemangel nach- holen. Einige Voraussetzungen sind allerdings notwendig um vom AMS Förderungen zu erhalten. Anmelden unter 0800/22 55 22 – 1515 oder bildung@ak-tirol.com für Innsbruck und 0800/22 55 22 – 3737 oder schwaz@ak-tirol.com für Schwaz. Fachkräfte. Beim Kauf von Pflanzen legen viele KundenWert auf persönliche Beratung. Die gibts beimDiscounter nicht. * Name von der Red. geändert

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