Tiroler Arbeiterzeitung

OFFEN GESAGT 3 Nr. 125, Dezember 2019 Zurück zum Ursprung TAZ: Herr Präsident, der Advent wird oft als stillste Zeit im Jahr bezeichnet. Mittlerweile scheint das aber nur noch ein reines Schlagwort zu sein… Zangerl: Leider. Von Andacht und Besinnung spüren viele Ar- beitnehmerinnen und Arbeitneh- mer in diesen Tagen wenig. Gera- de die zahlreichen Beschäftigten im Handel können ein Lied da- von singen, allerdings kein Weih- nachtslied. Der Druck auf die Arbeitnehmer steigt permanent und anstelle sich Gedanken zu machen, wie sie entlastet werden könnten, werden für die Bran- chen oft Lohnabschlüsse ange- boten, die meist nicht einmal die Inflationsrate erreichen. TAZ: Welche Ventile müsste man öffnen, um Druck aus dem Kes- sel zu nehmen? Zangerl: Wir dürfen nicht verges- sen, dass es hier um Menschen geht und nicht um Maschinen oder irgendeine Ware. Gerade ohne den Einsatz und die Leis- tung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte dieses Land ein massives Problem. Und ihre Leistung muss wirklich honoriert werden. Allerdings ist das bisher auch nur ein Schlagwort, wie das vom ‚stillen Advent‘… TAZ: Was müsste sich konkret ändern? Zangerl: Zu allererst braucht es rasch einen Ausgleich: die leich- tere Erreichbarkeit der 6. Ur- laubswoche, das Recht auf die 4-Tage-Woche sowie Arbeits- zeiten, bei denen Freiwilligkeit, Planbarkeit und vor allem Mitbe- stimmung gelten. Wem nützt es, wenn Sie am 24. Dezember um 18 Uhr nach Hause kommen und Sie sind völlig ausgebrannt? Das ist das falsche Licht, das da ab- brennt. Dann brauchen wir end- lich konkrete Maßnahmen gegen die Armut. Jedes Kind und jeder Erwachsene, der in Armut oder an der Armutsgrenze leben muss, ist einer zuviel. Und wir dürfen nicht glauben, dass Armut in Tirol kein Thema ist, im Gegenteil. In Wirk- lichkeit wird es eines der bestim- menden Zukunftsthemen sein. TAZ: Aus welchem Grund? Zangerl: Nehmen Sie nur die große Zahl derer, die als wor- king poor gelten, also Menschen, die trotz Vollzeitarbeit von ihrem Lohn nicht leben können. Oder die große Zahl an Saison- und Teilzeitbeschäftigten. Wir weisen permanent darauf hin, dass sich solche Beschäftigungsformen massiv auf die Pensionen auswir- ken – was dann droht, ist die Al- tersarmut. Wir brauchen nur über die Grenze zu blicken: In einem reichen Land wie Deutschland wachsen die Schlangen vor den Gratis-Essensausgabestellen und viele können sich aufgrund von Hartz IV, Riester-Rente und ho- hen Mietkosten Leben und Woh- nen nicht mehr leisten. Was dann? Ab auf die Straße? Das sind Pro- bleme, vor denen wir auch in Ti- rol nicht die Augen verschließen können. Denn gerade bei uns sind Mieten und Lebenshaltungskos- ten bereits enorm hoch. Das ist natürlich auch für die Jungen eine Belastung. TAZ: Mit ein Grund, warum die AK einen Mindestlohn fordert? Zangerl: Natürlich. Ich unter- stütze die Forderung nach einem Mindestlohn von 1.700 Euro voll- auf. Weiters gehört die kalte Pro- gression endlich abgeschafft. Die Arbeitnehmer füllen ohnehin per- manent die Kassen des Finanzmi- nisters. Wir brauchen mehr Geld für Ausbildung, mehr Geld, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, mehr Geld für das AMS und mehr ganzjährige Vollzeitarbeitsplätze, von denen man auch leben kann. TAZ: Sie haben vor kurzem auch die Gesundheitspolitik als ‚er- krankt‘ bezeichnet… Zangerl: Unser Gesundheitssys- tem muss uns etwas wert sein. Es darf nicht sein, dass auf dem Rücken der Patienten und der Beschäftigten fusioniert und ge- spart wird. Einerseits wird davon gesprochen, dass die Pflegeberufe attraktiv sein sollen, andererseits entwirft man Gehaltsschemata, die lächerlich sind. Wenn wir das Ge- sundheitssystem kaputtsparen oder für einige wenige zum Goldesel machen, erreichen wir nur, dass sich immer weniger Menschen das Kranksein oder Altwerden leis- ten können. Aber da geht es doch bitte nicht um Altpapier, das man einfach wegwerfen und recyclen kann. Deshalb braucht es auch hier endlich klare Verhältnisse im Sinne der Menschen. D ie Geschichte hat gezeigt, dass Ausgrenzung eine im- mense Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Die Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft hat immer ge- meinsam mit der Regierung wich- tige Maßnahmen umgesetzt, damit es den Menschen in unserem Land besser geht. Die größten Errun- genschaften im Wirtschafts- und Sozialbereich wurden durch einen vernünftigen Konsens zwischen Regierung und Sozialpartnern erzielt. Deshalb ist die Sozialpart- nerschaft ein Erfolgsmodell der Zweiten Republik und hat Frieden und Wohlstand gebracht. Dieser Weg sollte wieder eingeschlagen werden. Österreich ist wohlhabend geworden, weil trotz aller Unter- schiede stets zusammengearbeitet wurde. Die Erfolge unseres Landes sind das Ergebnis des rot-weiß- roten Wegs des sozialen Zusam- menhalts, des Ausgleichs und des Dialogs. Diesen Dialog gilt es wieder aufzunehmen. D er Operetten Sommer Kufstein taucht vom 31. Juli bis 16. August 2020 mit „Evita“ in die Welt des Musicals ein. Der Klassiker von Tim Rice mit der Musik von Andrew Lloyd Webber erzählt das aufregende Leben von Eva Perón, Evita genannt. Das Stück überzeugt mit vielen be- zaubernden Liedern wie etwa „Don’t cry for me Argentina“ oder „You must love me“. Gewinnen Sie mit der Tiroler Arbeiterzeitung zwei Karten und erleben Sie das Musical „Evita“ im tollen Freiluftambiente auf der Festung Kufstein (siehe rechts)! Mitmachen & gewinnen. Wenn Sie Karten für die Vor- stellung von Evita am 2. August 2020 gewinnen wollen, mai- len Sie an ak@tirol.com oder schreiben an AK Tirol, Maximi- lianstraße 7, 6020 Innsbruck, Stichwort: „Evita“. Einsendeschluss ist der 20. De- zember 2019 . Namen, Adresse und Telefonnummer nicht vergessen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, keine Barablöse möglich. Ihre personenbezogenen Daten (Name,Adresse,eMail, Telefonnummer) werden von der AKTirol ausschließlich für die Teilnahme und Abwicklung des jeweiligen Gewinnspiels verwendet und nach der Auslosung oder Ausspielung gelöscht.Ausführliche Informationen gemäß der DSGVO finden Sie unter https://tirol.arbei - terkammer.at/Datenschutz_ (DSGVO).html. „Da geht es doch bitte nicht um Altpapier, das man einfach wegwerfen und recyclen kann. Da geht es um Menschen.“ Erwin Zangerl, AK Präsident OPERETTENSOMMER Musical „Evita“ auf der Festung Es geht um uns alle Herausforderungen. Von einer Regierungsbildung im Zeichen von Polit- und Spesenaffären über den Klima-Notstand bis hin zu permanent steigenden Lebenshaltungskosten: Die Verunsicherung in der Gesellschaft steigt. AK Präsident Erwin Zangerl warnt: „Wir brauchen klare Verhältnisse, denn es geht nicht um Maschinen, sondern um Menschen.“ © Gerhard Berger DIALOG Reinschauen auf Facebook unter @Arbeiterkammer Tirol und bei den Gewinnspielen mitmachen! EINFACH GEWINNEN MIT DER AZ

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