TIroler Arbeiterzeitung

Nr. 109, Juli/August 2018 7 2004 2003 2000 1993 2008 2010 eifahrt tsort. Gesetz tz Einigung über Entgeltschutz für Arbeitslose, Schwerarbeiter- regelung AK und ÖGB erreichen eine Abmilderung der Härten bei der Pensionsreform Arbeiter bekommen ihren Lohn gleich lange fortbezahlt wie Angestellte ihr Gehalt Siebenstufiges Pflegegeld für die Pflege in der Familie wird eingeführt Mehrar- beitszu- schlag für Teilzeitbe- schäftigte Erhöhung der Bemessungs- grundlage für Zeiten der Kin- dererziehung Freie Dienstnehmer werden sozialrechtlich gleichgestellt, Forde- rung nach 1.000 Euro Mindestlohn Bedarfs- orientierte Mindest- sicherung 2007 2005 A RBEIT & L EBEN fe ubsgeld ssen 961 1965 1974 1971 1970 1977 Verlängerung des Mindest- urlaubs durch General-KV auf drei Wochen Entgeltfortzah- lungsgesetz: Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall Schüler beihilfen- gesetz tritt in Kraft 43-Stunden- Woche wird eingeführt Der Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub beträgt 4 Wochen und erhöht sich nach 20 Dienstjahren auf 5 Wochen, Insolvenzschutz 1979 Gleichstellung der Arbeite- rinnen und Arbeiter mit den An- gestellten bei der Abfertigung; Konsumentenschutzgesetz, Gleichbehandlungsgesetz Fotos (v. li.): Peter Cürlis, National Archives, kuco (5), Alpenbild (2) … Sie auf Abruf Überstunden leisten müssen und kein Mitbestimmungsrecht haben? … es inWirklichkeit keinen Anspruch auf selbstbestimmte Freizeit für geleistete Überstunden gibt? … das Recht auf Mitbestimmung des Betriebsrats zum Schutz der Beschäftigten fällt? … Sie keine Zeit mehr für Familie, Vereinstätigkeiten oder ausreichend Erholung haben? „Man hat 12 Stunden amTag und 60 Stunden in der Woche. Dann hat man 17Wochen Durchrechnungszeitraum bei 48 Stunden durchschnittlich. Das heißt, die Politik bzw. das Gesetz gibt dann die Möglich- keit, Mitarbeiter von der ersten bis zur siebentenWoche 60 Stunden zu beschäftigen, die achte Woche 56 Stunden und von der neunten bis zur 17. Woche 40 Stunden. Das ist für mich ein zu langer Zeitraum.“ Clemens Happ, Innungsmeister Tiroler Friseure, stv. Bundesinnungsmeister „Bis jetzt war es so, dass der Arbeitgeber argumentieren hat müssen, warum der Mitarbeiter länger arbeiten muss. Im neuen Gesetz wäre es so geregelt, dass der Arbeitnehmer argumentieren muss, warum er nicht länger arbeiten kann.“ Clemens Happ, Innungsmeister Tiroler Friseure, stv. Bundesinnungsmeister „Acht bis neun Stunden ist man produktiv, danach steigen Fehleranfälligkeit und Unfallgefahr.“ Anton Rieder, Bauunternehmer, stv. Spartenobmann WK Tirol Sozialministerin Beate Hartinger-Klein auf die Frage, ob die Streichung der Ab- geltung für die 11. und 12. Überstunde durch das neue Gesetz nicht Lohnraub ist: „Mmh.“ ZITIERT nichts Neues, ent- gegen den Aussagen des IV-Präsidenten, alles wäre zum Wohle der Be- schäftigten umgesetzt. Ein Anspruch auf eine 4-Tage- Woche als Ausgleich für angeordnete 12-Stunden- Tage findet sich auch im Abänderungsantrag nicht, ebensowenig wie ein Anspruch auf ganztä- gigen Zeitausgleich. Erst ein halbes Jahr später, wenn noch immer keine Vereinbarung über den Zeitausgleichkonsum zustande gekommen ist, kann der Arbeitnehmer mit 4-wöchiger Vorankün- digung (!) einseitig Zeit- ausgleich nehmen. Aller- dings nur, wenn zu diesem Zeitpunkt keine zwingenden betrieblichen Erforder- nisse bestehen. Denn dann verschiebt sich der Zeitaus- gleich erneut… Voll-Angriff. Übersehen dürfte Kapsch auch ha- ben, dass die Betriebsvereinbarungen für die 11. und 12. Stunde nicht mehr notwendig sein werden. Daher werden bestehende auslaufen oder vomArbeitgeber auf- gekündigt werden. Neue werden nicht mehr geschlos- sen, damit fällt der faire Ausgleich für diese überlangen Arbeitszeiten weg. Dramatisch ist auch die Situation des Betriebsrats, denn seine Rechte werden beschnitten. So wird der Schutz durch den Betriebsrat bei der 11. und 12. Stunde ausgehebelt. „Es ist einma- lig in der Zweiten Republik, dass der Gesetzgeber den Beschäftigten ein in der Arbeitsverfassung ein- geräumtes Schutzrecht streicht. Diese Regierung hat in nicht einmal sechs Monaten gezeigt, was sie von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hält, nämlich rein gar nichts“, urteilt AK Präsident Erwin Zangerl. Dies zeigt sich auf allen Ebenen: So sollen in Zukunft Arbeitnehmer mit „maßgeblich selbständiger Entschei- dungsbefugnis“ vom Arbeitsruhegesetz ausgenommen sein, für im Tourismus Beschäftigte werden die Ruhe- zeiten auf 8 Stunden verkürzt. Weiteres Highlight: Für vier Sonn- oder Feiertage im Jahr kann der Arbeitgeber nun auch ohne begründete Notwendigkeit Ausnahmen von der Wochenend- oder Feiertagsruhe vereinbaren… Politische Fake-Unkultur. Laut aktueller OGM- Umfrage bezweifeln zwei von drei Befragten, dass sie Überstunden ohne Konsequenzen, sprich freiwillig, ab- lehnen können. „Und dabei geht es nur um einen Punkt aus diesem Arbeitszeit-Ungesetz. Wenn die Arbeitneh- mer die Änderungen in ihrer ganzen Bandbreite erken- nen, wird die Ablehnung noch größer sein. Da kann die Bundesregierung schönfärben, wie sie will“, so Zangerl. Mehr als 100.000 Menschen haben ihren Unmut be- reits Ende Juni bei einer Groß-Demo in Wien öffentlich kundgetan – für die Regierung trotzdem kein Signal, um Gespräche aufzunehmen, im Eiltempo zog sie das Ge- setz durch. Gelten soll es bereits ab 1. September. Jene, die sich dagegen auflehnen, werden als Klassenkämpfer diffamiert. Durch das Überreizen der demokratischen Spielregeln wird die Spaltung des Landes riskiert. Dass die Forderung nach einer Volksbefragung zu diesem Gesetz immer lauter wird, dürfte vor allem dem kleinen Regierungspartner ungelegen kommen. Noch vor wenigen Monaten gab sich die FPÖ als Vertreter der Arbeitnehmer, die mehr Mitspracherechte für das Volk verlangte. Jetzt ist davon nicht mehr die Rede, obwohl es laut OGM-Umfrage mehrheitlich FPÖ-Wähler sind, die nicht an die Freiwilligkeit glauben. In der Umarmung von „Prinz Eisenhart“ (Kurier über Kanzler Kurz) ris- kiert die FPÖ, massiv an Wählern zu verlieren. Denn ist man erst selbst betroffen, werden Feindbilder wie Mi- granten zweitrangig. „Das Volk soll entscheiden, ob es diesen Kahlschlag bei den Arbeitnehmerrechten will – das wäre ein Zei- chen, dass sowohl Türkis als auch Blau die Menschen im Land und die Demokratie wertschätzen“, sagt AK Präsident Zangerl. „Einfach vorzupreschen, ohne die Betroffenen klar über die Auswirkungen zu informieren, ist ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Und das wird, wie fast alles, was die Regierung bisher gezeigt hat, wenig erfreulich sein“, so Zangerl. 1976 Pflege- freistellungs- gesetz Das neue 12-Stunden-Gesetz ist ein Total-Angriff von Türkis-Blau auf die Arbeitnehmer. Fotos: freshidea/stock.adobe.com, ChenPG/stock.adobe.com

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