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Seite 4 Die Einkommen in Tirol

Viele der Dinge, welche Tirol zu einem so lebens-

werten Land machen, wie etwa die großartige Land-

schaft, sind nicht vom Geld abhängig. Aber, wie alle

Tirolerinnen und Tiroler bestätigen können, ist Tirol

ein teures Pflaster. Die Lebenshaltungskosten sind

generell hoch und die Kostenentwicklung beim Woh-

nen ist dramatisch. Für viele in Tirol ist die finanzielle

Schmerzgrenze bereits überschritten.

Leider zeigte sich bei der Analyse der Daten der

Lohnsteuerstatistik 2016 wieder einmal, dass Tirol

bei den Einkommen das Schlusslicht in Österreich

war. Im Durchschnitt erzielten die Tiroler Arbeitneh-

merinnen und Arbeitnehmer ein Bruttoeinkommen

von € 28.624 im Jahr. Umgerechnet auf ein monat-

liches Nettoeinkommen war dies ein Betrag von €

1.455. Damit lagen die Tirolerinnen und Tiroler um

mehr als 7 % hinter dem österreichischen Durch-

schnittseinkommen zurück. Ein oft vorgebrachtes

Argument ist es, dass der Tiroler Einkommensschnitt

deshalb so niedrig wäre, weil wir ja viele Beschäftig-

te in Saison- und Teilzeitarbeit haben. Das ist nicht

ganz falsch, zeigt aber keinesfalls das Gesamtbild!

Denn auch wenn man diese Faktoren herausrechnet,

bleibt Tirol zurück. Wird nur die Einkommen bei ganz-

jähriger Vollzeitarbeit betrachtet, so lag der Einkom-

mensschnitt in Tirol trotzdem um mehr als 5 % bzw.

um fast € 1.700 netto unter dem Durchschnittsver-

dienst Österreichs.

Etwas positiver ist, dass die Einkommen etwas stär-

ker anstiegen als die Jahre zuvor. Auch wenn die

geldentwertende Wirkung der Inflation eingerechnet

wird, stiegen die Bruttoeinkommen um 1,3 %. Die

inflationsbereinigten Nettoeinkommen stiegen sogar

um 4,7 % an. Das war in erster Linie auf die Effekte

der Steuerreform vom 1.1.2016 zurückzuführen, bei

der die unteren Stufen des Steuertarifs deutlich ge-

senkt wurden.

Der „harte Kern“ der Beschäftigung in Tirol – die

ganzjährige Vollzeitarbeit nimmt immer mehr ab. Nur

mehr 47 % der Tiroler Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

nehmer arbeiten in dieser Beschäftigungsform, Den

ganzjährigen Vollzeitbeschäftigten kommt aber bei

den Einkommen und bei der Finanzierung öffentli-

cher Aufgaben eine enorm wichtige Rolle zu: im Jahr

2016 erwirtschafteten sie 87 % des gesamten Lohn-

steueraufkommens und leisteten 74 % aller Sozial-

versicherungsbeiträge in Tirol.

Tirol steht vor großen Herausforderungen in der Be-

schäftigungs- und Einkommenspolitik. Der Struktur-

wandel bringt mit sich, dass viele Jobs im Dienstleis-

tungsbereich und in Teilzeit entstehen. In der Regel

ist das Einkommensniveau in diesen Bereiche eher

niedrig. Aktuelle Studien zeigen, dass das Phäno-

men der Working Poor, d.h. der Personen, die trotz

Erwerbstätigkeit unter der Armutsgrenze leben, auch

in Tirol weit verbreitet ist.

Hier braucht es langfristige Antworten: Die Tiroler

Standortpolitik muss die Schaffung einkommens-

stabiler und ganzjähriger Beschäftigungsmöglich-

keiten ins Zentrum ihrer Bemühungen stellen: bei

Betriebsansiedelungen und bei der Anwendung der

Wirtschaftsförderungsinstrumente des Landes. Auch

das Thema Niedrigstlöhne gehört dringend stärker

in der Öffentlichkeit diskutiert. Wer arbeitet soll auch

davon leben können. Mit diesem Bericht wollen wir

einen Beitrag dazu leisten!

Einführung

AK Präsident Erwin Zangerl