Tiroler Arbeiterzeitung - page 3

3
THEMA:
OFFEN GESAGT
Nr. 54, September 2013
TAZ: Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen
der neuen Landesregierung und der AK?
Erwin Zangerl:
Da könnte es um einiges besser
laufen. Wir haben zwar endlich einen Arbeits-
landesrat, aber es fehlen noch wichtige Verknüp-
fungspunkte. Außerdem ist das neue Ressort in
den Köpfen einiger Regierungsmitglieder und
Mitarbeiter im Landhaus noch nicht angekom-
men. Wir verzeichnen im Land eine fehlende
Gleichbehandlung, verbunden mit wenig ermu-
tigenden Wirtschaftssignalen, eine für Tiroler
Verhältnisse hohe Arbeitslosigkeit und extreme
Probleme für die Arbeitnehmer im Bereich
Wohnen und Leben. Die AK hat zu allen diesen
Themen Vorschläge unterbreitet, die jedoch im
Land nicht den nötigen Widerhall finden. Das ist
umso verwunderlicher, da wir als größte Interes-
senvertretung des Landes die geballte Kraft und
Zustimmung der 300.000 AK Mitglieder und
Tiroler Arbeitnehmer bei unserem Einsatz spüren
und eine überwältigende Zustimmung zu unserer
Tätigkeit im Bereich der Steuer-, Sozial-, Arbeits-,
Bildungs- und Wirtschaftspolitik tagtäglich erfah-
ren. Tatsache ist, dass trotz neuer Regierung in Ti-
rol zwar viel passieren darf, aber es darf sich nichts
an den herrschenden Verhältnissen ändern. Dabei
ist Geld genug da, es gehört aber so eingesetzt,
dass alle Gruppen gleich behandelt werden. Erst
das schafft Gerechtigkeit. Die Arbeitnehmer wol-
len nicht anschaffen, aber endlich auf Augenhöhe
mitentscheiden.
TAZ: Haben Sie dazu Beispiele?
Zangerl:
Zahlreiche. Nur beispielhaft sei ange-
führt: Wir haben dem Land ein Wohnkonzept
übermittelt, um dem Spekulations-Wildwuchs
bei Grund und Boden ein Ende zu setzen (sie-
he dazu Seite 9). Das Konzept ruht beim Land,
obwohl man endlich ein paar Gesetze ändern
müsste. Vor den Wahlen wurde Transparenz bei
den Wirtschaftsförderungen versprochen - und
bis heute nicht umgesetzt. Die Wirtschaftslan-
desrätin ist die Bilanz der Standortagentur Tirol
schuldig. Angesichts dramatischer Arbeitslosen-
zahlen fragen viele Bürger zu Recht: Wohin flie-
ßen die vielen Millionen? Wie viele neue Betriebe
und neue Arbeitsplätze wurden damit gegründet?
Stattdessen will die Landesrätin mit einer No-
velle zu den Shopping Nights die Kompetenz
des Landeshauptmannes aushebeln und ihn zum
Amtsmissbrauch anstiften. Wohlgemerkt: Wir
haben nichts gegen Shopping Nights, wenn sie
den rechtlichen Grundlagen entsprechen. Die
Kompetenz dafür liegt laut Bundesgesetz beim
Landeshauptmann, und die Sozialpartner haben
ein Anhörungsrecht. Wir halten Shopping Nights
aus besonderen Anlässen für vertretbar, aber nur
in zentralen Ortslagen, um vor allem die kleinen
Betriebe zu stützen, die unter Druck der Ein-
kaufszentren stehen. Wenn auch in den Einkaufs-
zentren Shopping Nights zugelassen werden, wie
zuletzt in Innsbruck, geraten kleine Betriebe noch
mehr unter Druck. Aber auch auf die Mitarbeiter
muss geschaut werden. AK und ÖGB kümmern
sich darum.
TAZ: Was halten Sie von den Aussagen des WK
Präsidenten, dieMitarbeiter hätten ja eine Riesen-
gaudi, wenn sie bis 23 Uhr verkaufen „dürfen“?
Zangerl:
Stellen Sie sich die Riesengaudi bei den
Frauen im Handel vor, die ohnehin wenig verdie-
nen und meist wegen der Kinder Teilzeit arbeiten.
Das kann nur jemand sagen, der nichts von diesen
Problemen wissen will. Die Menschen fragen sich
zu Recht: Wie pervertiert ist der Kapitalismus als
Selbstzweck mancher Wirtschaftsfunktionäre? Es
gibt ja auch die selbsternannte Wirtschaftslandes-
rätin Freudenthaler, die glaubt, in ihrem Betrieb
selbst die gesetzlichen Regeln aufstellen zu kön-
nen. Bei uns macht Gottseidank noch nicht das
Geld die Regeln. Was Einzelne hier betreiben sind
Auswüchse einer verwilderten Wirtschafts-, Gier-
und Fortschrittsgläubigkeit, die von den Arbeit-
nehmern jeden Tag noch mehr Leistung zu noch
weniger Lohn verlangt. Auf der anderen Seite wol-
len aber einzelne wieder, dass die Beschäftigten ihr
hart verdientes Geld in die Wirtschaft investieren.
TAZ: Wie stehen Sie zu politischen Aussagen über
Entfesselung der Wirtschaft, zum 12-Stunden-Tag
oder zur vorzeitigen Erhöhung des Frauenpensi-
onsalters?
Zangerl:
Ich hoffe sehr, dass nach den National-
ratswahlen endlich wieder Vernunft einkehrt und
sich einige Parteien vom Joch aus Wirtschafts- und
Kapitalismusgläubigkeit befreien. Der Markt re-
gelt sich nicht von alleine. Noch schlimmer finde
ich Aussagen des obersten Wirtschaftskammerver-
treters, dass Österreich als Standort „abgesandelt“
sei, einen Standort, den er noch einige Tage zuvor
als hochinnovativ lobte. In diesem Zusammenhang
warten wir immer noch auf die von WK Präsident
Bodenseer versprochenen neuen Arbeitsplätze in
Tirol. Da kann die Wirtschaft endlich zeigen, wie
gut sie das kann. Wir bekennen uns zur Leistungs-
bereitschaft und zum Optimismus, aber ebenso zum
Schutz der Schwachen und zum sozialen Ausgleich
unter den Gruppen. Wir sagen Nein zur Ausgren-
zung und zum Ausblenden von Not, Krankheit und
Armut. Ich erlebe täglich dramatische Schicksale von
Menschen, die hundertmal mehr Leistung erbrin-
gen als viele selbsternannte Leistungsträger, weil sie
zu Hause einen chronisch kranken Mann oder Kin-
der haben, von der Mindestpension leben müssen
oder ohne Mindestsicherung gar nicht überleben
könnten. Diese Menschen noch abzuqualifizieren,
finde ich besonders schäbig. Denn es kann jedem
von uns einmal im Leben so etwas zustoßen. Nicht
alle sind mit dem goldenen Löffel im Mund auf die
Welt gekommen. Ganz zu schweigen von den Tau-
senden ehrenamtlichen Arbeitnehmern, die in Ver-
einen und Organisationen kostenlos tätig sind und
dafür sorgen, dass unser Land funktioniert.
TAZ: Wie stehen Sie zur Besteuerung von Millio-
nenvermögen?
Zangerl:
Besitzen an sich ist keine Leistung. Wir
bekennen uns zur Besteuerung hoher Millionen-
vermögen. Jeder soll seinen Beitrag bezahlen. Wenn
manche meinen, dass solche Millionenvermö-
genden geschützt werden müssen, dann wollen wir
aber im Gegenzug, dass auch unser Vermögen – das
monatliche Einkommen, die Pension oder die paar
tausend Euro Erspartes auf dem Sparbüchl – vor
Steuern geschützt werden. Die Arbeitnehmer brau-
chen kein Bankgeheimnis, bei uns steht am Mo-
natesende schwarz auf weiß, was wir haben.
TAZ: Wie sehen Sie die Aufgabe der Arbeitnehmer-
vertretungen AK und ÖGB in den kommenden
Monaten und Jahren?
Zangerl:
„Wenn die Zeiten härter werden, brauchen
die Arbeitnehmer besonderen Schutz. Aus diesem
Grund hat sich die AK Tirol in den letzten Jahren
noch stärker geöffnet, hat in den Bezirken massiv
ausgebaut und weitere Beratungsangebote einge-
führt. Denn die AK ist für die Beschäftigten da. Wir
helfen so gut es geht, wir stehen mit Rat undTat und
vor allem mit dem kostenlosen Rechtsschutz zur Sei-
te. Wir haben mit dem ÖGB einen starken Partner
an unserer Seite, wir schauen drauf, dass die Rechte
der Arbeitnehmer nicht mit Füßen getreten werden,
und kämpfen gemeinsam für eine sozialere und ge-
rechtere Arbeits- und Lebenswelt.
<<
Im Gespräch.
AK Präsident Erwin Zangerl nimmt Stellung zu aktuellen Fragen im Land. Er kritisiert die Wirtschaftshörigkeit
mancher Politiker, spricht über wildgewordene Auswüchse des Kapitalismus und plädiert für den sozialen Ausgleich.
Geld ist da, es
gehört gerecht verteilt
E
in tolles Programm bietet auch
heuer das beliebte ORF Radio
Tirol Oktoberfestzelt auf der
Innsbrucker Herbstmesse, wo Schla-
ger- und Volksmusikfans wieder voll
auf ihre Kosten kommen. Vom 2. bis
6. Oktober präsentieren täglich zwi-
schen 11 und 18 Uhr die beliebtesten
Interpreten ihre Hits, und es darf kräf-
tig mitgeschunkelt werden. Ein kleiner
Auszug der Stars, die auftreten:
Alpenbrass Tirol, Hueber Böh-
mische, Stefan Mross, Glückauf Mu-
sikanten, Klobnstoana Musik, Ladi-
ner, Sigrid und Marina, Freddy Pfister
Band, Udo Wenders, Goldrieder, Nick
P., Die frechen Engel, Graciano, Gei-
er Sturzflug, Anna-Carina Woitschak,
Marc Pircher, Gilbert, Junge Zillerta-
ler, Hannah, Markus Wolfahrt, Junge
Paldauer, Fantasy, Orig. Tiroler Echo,
Peter Rapp, und, und, und...
Für die Leser der Tiroler Arbeiterzei-
tung gibt es eine eigene Loge. Von hier
aus können sie dieses tolle Programm
miterleben. Dazu gibts Getränke und
ein Essen. Mit ein bisschen Glück sind
Sie dabei. Die Arbeiterzeitung verlost je
40 Logenplätze für jeden Oktoberfest-
zelt-Tag von Mittwoch bis Sonntag.
So gewinnen Sie Ihre zwei Logen-
plätze für das Oktoberfest: Mailen Sie
den gewünschten Tag an ak@tirol.
com, Stichwort „Oktoberfest“, Fax an
0512/5340-1290 oder Karte an AK
Tirol, 6020 Innsbruck, Maximilianstr.
7. Bitte Namen, Adresse und den ge-
wünschten Tag angeben, Telefonnum-
mer nicht vergessen.
Die Gewinner erhalten Eintrittskar-
ten für die Messe und das Eintritts-
band für die Loge per Post.
Bitte be-
achten:
Das Eintrittsband für die Loge
im Oktoberfestzelt gilt nur für den je-
weils ausgewiesenen Tag.
<<
BEZIRKSKAMMER
KUFSTEIN
10.30 Uhr: Begrüßung
mit AK Präsident Erwin Zangerl
und Kammerdiener Viktor„Reindl“ Haid
11 bis 15 Uhr: Tag der offenen Tür
im Zelt am Arkadenplatz: Bier, Getränke, Würstl, Grillhendl.
Für AK Mitglieder und deren Angehörige alles frei solange der Vorrat reicht!
Musik: Die Grubertaler
(ab 11 Uhr)
Buntes Kinderprogramm
(ab 11 Uhr)
Sa. 28. Sept.
ab 10.30 Uhr
Bezirkskammer Kufstein
Arkadenplatz 2 ·
Tag der
offenen Tür
in der AK Kufstein
Auf gehts zum
Oktoberfest
Für Schlagerfans.
Die Arbeiterzeitung verlost täglich Logenplätze im ORF Radio
Tirol Oktoberfestzelt vom 2. bis 6. Oktober auf der Innsbrucker Herbstmesse.
Erwin Zangerl:
„Die Arbeitnehmer wollen nicht anschaffen, aber endlich auf Augenhöhe mitentscheiden.“
„Bei uns macht Gott sei Dank noch
nicht das Geld die
Regeln
. Das werden wir zu verhindern wissen.“
Erwin Zangerl
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12
Powered by FlippingBook