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Nr. 54, September 2013
Österreich wird
teure Heimat
Hohe Kosten.
Wohnen, Essen, Energie – die Ausgaben steigen. Bei den Preisen läuft etwas schief.
Immer mehr Haushalte geraten in Probleme. Die AK will, dass Leben und Wohnen leistbar werden.
A
lles ist so teuer – viele Kosten,
die Monat für Monat fix zu zah-
len sind, laufen den Menschen
davon. Die Hauptpreistreiber sind Le-
bensmittel, Energie und Wohnen. Was
die AK seit Monaten kritisiert, ist auch
amtlich: Die Teuerungsrate liegt deut-
lich über dem EU-Schnitt, und Öster-
reich ist deutlich teurer als Deutschland.
Absprachen unterbinden.
Die Arbeiterkammer hat seit Jahren den
Österreich-Aufschlag auf die Lebens-
mittelpreise kritisiert. Endlich passiert
etwas. Die Behörden sind tätig gewor-
den: Lebensmittelkonzerne und Be-
triebe der Milchwirtschaft wurden zu
ersten saftigen Strafen verdonnert, und
weitere Ermittlungen laufen. Es braucht
aber noch strengere Regeln im Wettbe-
werbsrecht. Außerdem braucht es eine
Beweislastumkehr. Nicht die Konsu-
menten sollen beweisen, dass etwas faul
ist, sondern die Anbieter müssen bewei-
sen, dass ihre Preise gerechtfertigt sind.
Treibstoffmarkt prüfen.
Schnell hinauf, zögerlich oder gar nicht
hinunter – so läuft meist das Preisspiel
bei denTreibstoffen. „Tirol ist davon be-
sonders betroffen, weil bei uns die Preise
mit einemWestzuschlag versehen sind“,
so AK Präsident Zangerl. „Wir haben
die Bundeswettbewerbsbehörde neuer-
lich aufgefordert, diese durch nichts zu
erklärenden Preisunterschiede zwischen
Tirol, Vorarlberg und Restösterreich zu
untersuchen.“ Parallel dazu fordert die
AK seit Jahren Maßnahmen von der
EU-Kommission ein und hat auf Ma-
nipulationsmöglichkeiten bei der Preis-
bildung hingewiesen. Endlich laufen
Untersuchungen auf EU-Ebene. Die
Kommission prüft, ob die Richtpreise
für Öl manipuliert wurden.
Wohnbau ankurbeln.
Die
Wohnungspreise sind teilweise explo-
diert. Es wird zu wenig neu gebaut, und
auch die Bodenpreise stiegen ins Uner-
messliche. Zangerl: „Tirol braucht ein
soziales Sonder-Wohnbauprogramm.
Außerdem müssen die Wohnbauför-
derung und deren Rückflüsse wieder
zweckgebunden und an die Teuerung
angepasst werden, um auch langfristig
mehr günstige Wohnungen bauen zu
können“
(siehe Seite 9)
.
<<
Knapp bei Kasse.
Durch die gestiegenen Preise wird bei vielen Familien das
Haushaltsbudget immer knapper.
Reform.
Für eine Lohnsteuer-Senkung ist es höchste Zeit, sagt AK Präsident Erwin Zangerl.
Davon profitieren sowohl die Arbeitnehmer, als auch die heimische Wirtschaft.
D
ie stabilen Konsumausgaben
der
Arbeitnehmerfamilien
und
Pensionistenhaushalte
haben die heimische Wirtschaft vor
tieferen Einbrüchen bewahrt. Fast das
gesamte Einkommen dieser Gruppen
wird in Östereich ausgegeben und
kommt damit der heimischen Wirt-
schaft zugute. AK Präsident Erwin
Zangerl: „Die Arbeitnehmer verlagern
nichts ins Ausland, und sie haben kei-
ne steuerschonende Gruppenbesteu-
erung. Während andere Abschreib-
möglichkeiten und Pauschalierungen
nutzen, steht bei den Arbeitnehmern
monatlich schwarz auf weiß auf dem
Lohnzettel, was sie verdient haben.
Und sie ärgern sich, dass ihnen der
Staat immer weniger netto vom Brutto
übriglässt“, so Zangerl.
„Wenn Steuersünder ihr Schweizer
Schwarzgeld zu einem niedrigeren
Steuersatz von der Finanz reingewa-
schen bekommen als dem generellen
Eingangssteuersatz bei der Lohn-
steuer, frage ich mich, wo da die Ge-
rechtigkeit und der Anstand bleiben.
Ganz zu schweigen von der kaum
vorhandenen Besteuerung von Milli-
onenvermögen
(siehe Seite 2)
im Ver-
gleich zur Sparbüchlsteuer, bei der es
kein Bankgeheimnis gibt.“
Was muss geändert werden? Zan-
gerl: „Durch eine spürbare und längst
fällige Entlastung bei der Lohnsteuer
würde den Arbeitnehmern mehr Geld
in den Brieftaschen übrigbleiben.
Ebenso wichtig sind auch ordentliche
Lohnerhöhungen. Denn beides hebt
die Kaufkraft und würde einen kräf-
tigen Rückenwind für die Wirtschaft
bedeuten.“
Kalte Progression.
Je größer
der Lohnkuchen, desto größer ist auch
das Stück, das sich die Finanzministe-
rin herausschneidet. Dieses kräftige
Mitnaschen des Finanzamtes an jeder
Lohnerhöhung wird auch „kalte Pro-
gression“ genannt. Denn selbst, wenn
die Löhne jedes Jahr nur um die In-
flationsrate steigen, bleiben die Lohn-
steuerklassen dieselben.
Mit dem Effekt, dass die Beschäf-
tigten allein durch die Inflationsab-
geltung in höhere Steuerklassen fallen
– und das Lohnplus ist somit wieder
weg. Rund 500 Millionen Euro spült
diese unfaire Methode jährlich in die
Steuerkassen. Die AK spricht sich seit
vielen Jahren dafür aus, dass diese kalte
Progression inflationsbereinigt wird.
Doch der Staat hat damit millio-
nenschwere Mehreinnahmen, die er
auf diese Art still und heimlich jähr-
lich von den Beschäftigten abkassiert.
Und dieses Kuchenstück wird immer
größer.
Steuern sprudeln.
Im ersten
Halbjahr 2013 sind die Steuereinah-
men des Bundes neuerlich um 4,1 %
gestiegen. Besonders viel beigetragen
haben einmal mehr die Arbeitnehmer
mit ihrer Lohnsteuer, die stieg gleich
um 6,3 %. Und die Umsatzsteuer
(Mehrwertsteuer) legte um 2,6 % zu.
Zangerl: „Damit verfestigte sich
der Trend, dass die heimischen Ar-
beitnehmer zu zwei Dritteln unser
Steuersystem durch Lohn- und Kon-
sumsteuern finanzieren. Wo bleibt der
Ausgleich – ein gerechter steuerlicher
Beitrag, von Wirtschaft, Industrie und
Landwirtschaft?“
<<
Einkauf.
Bessere Bezahlung kommt wieder der heimischen Wirtschaft zugute.
ZUM VERGLEICHEN
Spitzenreiter bei
Lebensmittelpreisen
B
ei Lebensmittelpreisen ist
Österreich
Spitzenreiter.
Laut Eurostat lagen die österrei-
chischen Preise für Essen und
Trinken im Jahr 2012 gleich um
12,7 % über jenen der Eurozo-
ne. Unser Nachbar Deutsch-
land ist hingegen sogar um 0,2
% billiger als der Durchschnitt
der Eurozone. Auch die Lebens-
haltungskosten gesamt liegen
hierzulande immer noch um 5,8
% über dem EU-Durchschnitt. In
Deutschland lag das gesamte
Preisniveau lediglich um 1,8 %
über dem EU-Schnitt. Mit Ab-
stand am teuersten sind die
nordeuropäischen Länder - hier
vor allem Norwegen. Dort liegt
jedoch das Einkommensniveau
ungleich höher.
Steuern runter,
Löhne rauf!
BELASTUNGS-CHECK
Steuern treffen
alle gleich stark
D
as Wirtschaftsforschungs-
institut (WIFO) hat nach-
gewiesen, dass die Steuern und
Abgaben Arme und Reiche gleich
stark belasten: Beim untersten
Einkommenszehntel beträgt die
Steuer- und Abgabenbelastung
37,5 %. Das im Mittelfeld lie-
gende Einkommenszehntel lie-
fert 36,7 % ab. Beim obersten
Einkommenszehntel beträgt die
Last 38,6 %. Alle Einkommens-
gruppen müssen also einen ähn-
lich hohen Anteil abliefern.
Zwar gibt es bei der Lohn- und
Einkommensteuer einen anstei-
genden Effekt: Wer wenig ver-
dient, muss gar nichts zahlen.
Das sind bereits vier von zehn
Betroffenen. Wer viel verdient,
wird dagegen zur Kasse gebeten,
und zwar bei Einkommensantei-
len über 60.000 Euro pro Jahr
mit gleich 50 %.
Dafür treffen Geringverdiener
aber indirekte Steuern wie die
Mehrwertsteuer oder die Mi-
neralölsteuer ungleich härter.
Wer einkauft oder tankt, zahlt
die gleich hohe Steuer. Diese
indirekten Steuern kosten das
unterste
Einkommenszehntel
knapp ein Viertel ihres Brutto-
einkommens. Beim obersten Ein-
kommenszehntel machen diese
Steuern jedoch nur ein Zwölftel
aus. Das führt dazu, dass prozen-
tuell Arme und Reiche gleich viel
an den Staat abliefern.
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Wenn die Politik von Entfesselung
der Wirtschaft spricht, sollte sie
die steuerlichen Fesseln der Ar-
beitnehmer lockern, das würde zu
einem Wirtschafts- und Konjunktur-
aufschwung führen.
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THEMA:
EINKOMMEN & FINANZ