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Wichtig ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Prekarisierung von Arbeitsverhältnis-
sen, bei der neben mangelnder Arbeitsplatzsicherheit auch niedrige Löhnen, Teilzeitbeschäf-
tigung, befristete Verträge sowie mangelnder Kündigungsschutz charakteristisch sind.
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Zusätzlich erfahren immer mehr ArbeitnehmerInnen bzw. Arbeitssuchende einen Druck zur
Mobilität (zum Beispiel um Stellen in entfernteren Regionen annehmen zu können) und Fle-
xibilität (keine fixen Arbeitszeiten oder wechselnde Beschäftigungszeiten- und verhältnisse).
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Typisch für all diese Entwicklungen ist ein Rückgang der traditionellen, fixen Arbeitszeitmo-
delle, die durch atypische Modelle, flexible individuelle Arrangements und Zeitarbeitsverträ-
ge ersetzt werden.
Diese Arbeitsmarktentwicklungen treffen wiederum auf fortschreitende Veränderungen in Lebens-
und Familiensituationen, die durch steigende Volatilität, einer flexibleren Verbindung von Arbeit,
Familie und individuellen Interessen, und wiederum Mobilität gekennzeichnet sind.
Auf diese Entwicklungen kann durch unterschiedliche Maßnahmen und Regelungen reagiert werden.
Allerdings zeigt sich in all diesen Varianten wiederum die oben beschriebenen Wechselwirkungen:
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Ausbau des (öffentlichen) Kinderbetreuungsangebots
: Die derzeitige Angebotssituation er-
fordert es, dass ein Partner (in den allermeisten Fällen die Mutter) die Hauptbetreuung von
Kindern übernimmt. Änderungen in der Erwerbsarbeitssituation von Frauen, steigendes Pen-
sionsantrittsalter (und damit einhergehende verringerte Verfügbarkeit von Großeltern), hö-
here Flexibilitäts- und Mobilitätserfordernisse, sowie Veränderungen in Familienverhältnis-
sen bzw. Geschlechterverhältnissen können zu potentiellen Betreuungsengpässen (vor allem
am Nachmittag) führen. Eine Alternative stellt demnach der Ausbau (und Flexibilisierung) des
Kinderbetreuungsangebots dar.
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Veränderungen der familiären Betreuungssituation
: Kinderbetreuung wird, wie erwähnt,
derzeit vor allem von Müttern im familiären Kontext erbracht. Diese Situation findet wiede-
rum ihre Reflexion in den stark abweichenden Arbeitsverhältnissen der Eltern. Zusätzlich zum
Ausbau der Kinderbetreuung, bzw. als alternative Variante, könnte demnach auch eine stei-
gende Involvierung von Vätern in der täglichen Betreuung von Kindern liefern. Wie die Studie
zeigt, lässt das derzeitige Arbeitspensum kaum Veränderung zu (so arbeiten zum Beispiel fast
60% der Männer mehr als 40 Stunden pro Woche). Stärkere Involvierung von Vätern müsste
demnach auch durch Veränderungen in der Arbeitsmarktteilnahme ausgeglichen werden.
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Veränderungen am Arbeitsmarkt
: Steigende Arbeitslosenzahlen, sowie Prozesse der Prekari-
sierung oder Flexibilisierung üben Druck auf Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus. Wie
diese Studie deutlich zeigt, ist die derzeit gängige Kinderbetreuungssituation eng verzahnt
mit traditionellen Beschäftigungssituationen. Veränderungen in Familien- bzw. Betreuungs-
modellen erfordern deshalb auch Anpassungen am Arbeitsmarkt. Mögliche Erleichterungen,
wie zum Beispiel allgemeine Wochenarbeitszeitreduktionen oder erleichterte Flexibilität von
Müttern und Vätern in ihrer Arbeitszeitgestaltung können als wichtiges Puzzleteil in einer
Neuausrichtung der Kinderbetreuung, bzw. einer Anpassung an die gesellschaftlichen Her-
ausforderungen betrachtet werden.
Abschließend sei nochmals auf die komplexe Verknüpfung von Betreuung, Arbeitsmarkt und gesell-
schaftlicher bzw. familiärer Einstellungen vor dem Hintergrund sozialer Veränderungen hingewiesen.
Bei der Entwicklung von politischen Maßnahmen und Interventionen, die gesetzt werden, kann kei-
nes dieser Felder isoliert betrachtet werden. Die Wechselwirkungen, die sich aus dem Zusammen-
spiel der Felder ergeben, erfordern gutes Verständnis der einzelnen Teilbereiche, sowie umfassende,
breit konzipierte Ansätze und Regelungen. Diese Studie hofft, dazu Informationen und Einsichten
bieten zu können.