Previous Page  6 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6 / 80 Next Page
Page Background

Seite 6 WISO

International

USA: Arbeitsmarkt im Zentrum der

Aufmerksamkeit

Das Wirtschaftswachstum der USA lag im zweiten

Quartal bei 4,2% im Jahresvergleich. Vor allem Zu-

nahmen im privaten Konsum - der in der US-Wirt-

schaft eine enorm wichtige Rolle spielt - bei den

öffentlichen Ausgaben und bei den Exporten trugen

dazu bei, dass das Wirtschaftswachstum wieder in

die positiven Zahlen kam, denn im ersten Quartal

schrumpfte die US-Wirtschaft gegenüber dem Vor-

jahr noch um 2,1%. Äußerst ungünstige Wetterbedin-

gungen sorgten für einen Rückgang der Wirtschafts-

leistung.

Im Gegensatz zur Eurozone, wie später noch thema-

tisiert wird, lag die Inflation in den USA weitgehend

stabil bei 2,0% (Stand Juli 2014). Die Energiepreise

nahmen um 2,6% zu, die Preise für Nahrungsmit-

tel um 2,5%. Im August wurden 142.000 neue Jobs

registriert, ein deutliches Nachlassen der Dynamik,

denn im Durchschnitt der vorhergehenden 12 Mo-

nate betrug die monatliche Beschäftigungszunahme

212.000 Jobs.

1

Die Entwicklung des US-amerikanischen Arbeits-

marktes steht auch im Zentrum der künftigen Geldpo-

litik der Federal Reserve (FED), der amerikanischen

Zentralbank. Denn Janet Yellen, die Präsidentin der

Federal Reserve, sieht den Arbeitsmarkt als noch

nicht erholt an, da noch ein erhebliches Maß an Un-

terauslastung am amerikanischen Arbeitsmarkt vor-

handen wäre.

Die Arbeitslosenrate beträgt 6,1% (9,6 Millionen Per-

sonen). Werden aber die sogenannten „marginali-

sierten“ Personen noch hinzugezählt, verdoppelt sich

die Arbeitslosenquote auf über zwölf Prozent.

2

Unter „marginalisierten“ Personen werden in der

amerikanischen Arbeitsmarktstatistik solche verstan-

den, welche über keine Beschäftigung verfügen, ir-

gendwann in den letzten zwölf Monaten zwar aktiv

auf Beshäftigungssuche waren, dies aber innerhalb

der letzten vier Wochen nicht mehr waren. In der

Regel handelt es sich dabei um Langzeitarbeitslose,

welche de facto die Hoffnung aufgegeben haben, un-

ter den derzeitigen Arbeitsmarktverhältnissen noch

einen Job zu finden. Definitionsgemäß fallen diese

Personen aus der Arbeitslosenstatistik heraus.

Der Grund warum die Arbeitslosenrate von beson-

derem Interesse für die Zentralbanken ist, liegt im

ökonomischen Konzept der „inflationsneutralen Ar-

beitslosigkeit“ begründet. Die Annahme ist – einfach

ausgedrückt - dass eine sehr niedrige Arbeitslosig-

keit Inflation auslöst, weil die Unternehmen höhere

Löhne und Gehälter zahlen müssen, um Arbeitskräf-

te zu bekommen bzw. zu halten.

Sollte dies der Fall sein, müsste die amerikanische

Zentralbank die Leitzinsen tendenziell anheben, um

die Inflation einzudämmen. Die FED schätzt, dass

die inflationsneutrale Arbeitslosenrate für die USA

irgendwo zwischen 5,2% und 5,5% liegt. Bislang ist

die Arbeitslosenrate schneller gesunken, als die FED

es prognostiziert hatte, allerdings dürften sich bei ei-

ner Wiederbelebung der Konjunktur viele amArbeits-

markt marginalisierte Personen wieder auf Jobsuche

begeben. Die Arbeitslosigkeit würde dadurch wieder

langsamer sinken, was wiederrum inflationsdämp-

fend wirken würde.

1

vgl. Bureau of Labor Statistics (September 2014)

2

vgl. FAZ (August 2014)

cc Michael Kwan