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Seite 12 WISO

Eurozone könnten so ausgeglichener werden. In den

Ländern der südlichen Peripherie der Währungsuni-

on, so EZB-Volkswirt Praet, wären allerdings niedrige

Lohnabschlüsse notwendig, um an Wettbewerbsfä-

higkeit zu gewinnen.

9

Negativzinsen für die Banken

In einem ersten Schritt senkte die EZB im Juni 2014

die Leitzinsen auf ein historisch niedriges Niveau:

der Hauptrefinanzierungszinssatz wurde von 0,25%

auf 0,15% gesenkt und – ein absolutes Novum für

eine Zentralbank dieser Größe – für die Einlagezin-

sen wurde ein negativer Zinssatz von -0,10% einge-

führt.

10

Der Einlagezinssatz, der zuvor bei 0%

lag, musste gesenkt werden, um den

Abstand zum Hauptzinssatz zu wahren,

da sonst für die Banken Anreize verlo-

ren gehen, sich untereinander Geld zu

verleihen oder Kredite zu vergeben.

Bisher hatten nur die Zentralbank Dä-

nemarks und der Schweiz zu diesem

Mittel gegriffen. Der Negativzinssatz

betrifft Einlagen der Banken und öffent-

lichen Haushalte beim Eurosystem. Ziel

der Maßnahme ist es, die Kreditvergabe

der Banken anzukurbeln und damit der

Realwirtschaft unter die Arme zu grei-

fen. Die EZB betonte zwar, dass die Ne-

gativzinsen nur für die Banken gelten,

konnte aber nicht ausschließen, dass

diese zu nochmals niedrigeren Zinsen

für die Sparerinnen und Sparer führen

könnte.

Bei der Sitzung des EZB-Rates am 04. September

ging die EZB noch einen Schritt weiter. Der Leitzins

für die Refinanzierungsgeschäfte wurde auf 0,05%

gesenkt, die Einlagezinsen auf -0,20% gesenkt.

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In der Pressekonferenz begründete EZB-Präsident

Draghi die Entscheidung damit, dass sich der Aus-

blick auf die Inflationserwartungen im August ver-

schlechtert hätte und dass alle Daten, sowohl die

harten Wirtschaftsdaten, als auch die Befragungs-

ergebnisse, eine Verlangsamung des europäischen

Wachstums gezeigt hätten. Darüber hinaus wolle

die EZB alle Zweifel bei den Banken ausräumen, ob

die Zinsen noch weiter sinken werden. „Now we are

at the lower bound (Jetzt sind wir an der untersten

[Zins-]Schwelle)“ so Draghi wörtlich.

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Billiges Geld zur Anregung der Kreditvergabe:

TLTROs

Im Juni 2014 beschloss der Rat der EZB die Durch-

führung von „Targeted Long-term Refinancing Ope-

rations (TLTRO)“ (zielgerichtete langfristige Refinan-

zierungsoperationen). Das Ziel der TLTROs ist es,

die Kreditvergabe an die reale Wirtschaft anzuregen.

Besonders in der Südperipherie der Eurozone lei-

den Unternehmen an einer Kreditklemme, die ihnen

Investitionen schwer macht. Bei einer vierjährigen

Laufzeit der TLTRO fallen für die Banken nur Zinsen

in der Höhe von 0,25% an, sofern diese Gelder an

Unternehmen (Nicht-Banken) und private Haushal-

te vergeben werden. Ausgenommen sind allerdings

Privatkredite zum Haus- oder Wohnungskauf, da die

EZB die Entstehung von Immobilienblasen vermei-

den möchte. Die Banken können dabei Gelder in der

Höhe von 7% ihrer Kreditsumme an Unternehmen

und Haushalte bei der EZB zu diesen günstigen Kon-

ditionen aufnehmen. Ausgenommen von der Berech-

nungsgrundlage sind allerdings Immobilienkredite,

da das Entstehen von Immobilienblasen verhindert

werden soll.

Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zen-

tralbank, gab an, dass die EZB mit einer Vergabe

im Rahmen der TLTROs von 450 bis 800 Milliarden

Euro im Verlauf von vier Jahren rechnet und diese

auch als einen Beitrag zur Bekämpfung deflationärer

Tendenzen betrachtet.

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Die ersten Vergaben werden

im September und Dezember 2014 stattfinden.

9

vgl. ebda.

10

vgl. ECB (Juni 2014)

11

vgl. ECB (September 2014)

12

vgl. ebda.

Viel Aufmerksamkeit wurden den Aktivitäten der EZB zuteil: Mario Draghi

„straft“ die Banken, wenn diese Geld bei der Zentralbank hinterlegen. Da-

durch soll die Kreditvergabe angeregt werden.

cc ECB