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Seite 4 Die Einkommen in Tirol

Kann ich mir die Miete für eine angemessene Woh-

nung leisten? Kann der neue Geschirrspüler ange-

schafft werden? Kann die Tochter mit auf Schikurs

fahren? Geht sich vielleicht sogar einmal ein grö-

ßerer Urlaub aus? Alle diese Fragen und so gut wie

jede andere hängen damit zusammen wie viel man

verdient.

Was macht eine „gute Arbeit“ aus? Es gibt vieles, was

das Arbeiten schön oder spannend machen kann:

herausfordernde Aufgaben, eine gute Atmosphäre

unter den Kolleginnen und Kollegen usw. Zentral

aber ist immer, ob die Bezahlung angemessen und

ausreichend ist. Denn das Einkommen bestimmt

über Lebenschancen und Lebensperspektiven für ei-

nen selbst und für die Familie.

Ein Einkommen aus Erwerbsarbeit ist die wichtigste

Einnahmequelle für die überwältigende Mehrheit der

Menschen in Tirol. Dabei ist die Höhe dieses Einkom-

mens nicht nur für die persönliche Lebensführung

zentral, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen

sind die Einkommen ein äußerst wichtiger Faktor.

Gerade der private Konsum, also die Ausgaben der

Privathaushalte, erwies sich in der Wirtschaftskrise

als stabilisierender Faktor.

Leider zeigte sich erneut, dass Tirol bei den Einkom-

men das Schlusslicht unter den österreichischen

Bundesländern war. Im Durchschnitt verdienten die

Tirolerinnen und Tiroler im Monat € 1.335 netto – um

8,0% weniger als der österreichischen Durchschnitt:

Das sind fast € 1.650 netto weniger im Jahr! Auch bei

ganzjähriger Vollzeitarbeit, das heißt bei gleichem

Arbeitsaufwand, lagen die Einkommen der Tirolerin-

nen und Tiroler zurück. Den Männern in dieser Be-

schäftigungsform fehlten im Vergleich mit dem öster-

reichischen Durchschnitt dazu pro Monat 115 Euro

netto, den Frauen sogar 141 Euro netto.

Die Dynamik am Tiroler Arbeitsmarkt verschärft die

Einkommenssituation. Beschäftigungszuwächse er-

folgen vor allem im Bereich der Teilzeitarbeit. Mitt-

lerweile sind weniger als die Hälfte der Tirolerinnen

und Tiroler, nämlich 48%, in einer ganzjährigen Voll-

zeitbeschäftigung tätig. Es ist auch zu erwarten, dass

dieser Anteil in den nächsten Jahren weiter sinken

wird. Den ganzjährigen Vollzeitbeschäftigten kommt

aber bei den Einkommen und auch bei der Finanzie-

rung öffentlicher Aufgaben eine enorm wichtige Rolle

zu: im Jahr 2014 erwirtschafteten sie 86% des ge-

samten Lohnsteueraufkommens und leisteten 74%

aller Sozialversicherungsbeiträge in Tirol.

Die realen Einkommen, d.h. das Einkommen, das

nach Berücksichtigung der Inflation übrig blieb, sta-

gnierte im Jahr 2014. Der Kaufkraftzuwachs machte

gerade einmal 0,1% aus. Das ist jedoch schon eine

„Steigerung“ gegenüber den Vorjahren, in denen die

Kaufkraft gesunken war. Einen deutlichen Zuwachs

der Realeinkommen werden die Arbeitnehmerinnen

und Arbeitnehmer erstmals wieder im Jahr 2016

durch die durchgesetzte Steuerreform bekommen.

Leider bleibt es dabei: Tirol ist das Schlusslicht im

Einkommensvergleich und weist gleichzeitig aber

sehr hohe Lebenshaltungskosten auf. Angesichts ex-

orbitanter Wohn- und Lebenskosten ist für viele diese

Schere bereits zu weit aufgegangen. Deshalb ist eine

Neuorientierung der Standortpolitik des Landes ge-

fordert. Vor allem in den stark touristisch geprägten

Regionen fehlen einkommensstabile, ganzjährige

Beschäftigungsalternativen.

Einführung

AK Präsident Erwin Zangerl