Nein zu Altersarmut
Montagezulage
auch für Lehrlinge
Teuer.
Das Ende der Notstandshilfe bedeutet auch den Weg in die
Altersarmut. Die AK stellt sich gegen die geplanten Änderungen!
W
enn Sie als Arbeitneh-
merin bzw. Arbeitneh-
mer wegen der Pflege
eines im gemeinsamen
Haushalt lebenden nahen Angehö-
rigen nicht arbeiten gehen können,
haben Sie Anspruch auf bezahlte
Pflegefreistellung. Diese soll nur
dann beansprucht werden, wenn
kein anderer Obsorgepflichtiger
die Betreuung übernehmen kann.
Krankes Kind.
Auch jene leib-
lichen Elternteile, die nach einer
Trennung nicht mit dem Kind im
selben Haushalt wohnen, haben ein
Recht auf Pflegefreistellung. Eben-
so als neuer Partner in Patchwork-
Familien können Sie als Ehegat-
tin bzw. Ehegatte, eingetragener
Partner oder Lebensgefährte dann
Pflegefreistellung nehmen, wenn
Sie mit dem leiblichen Elternteil
und dem zu betreuenden Kind im
selben Haushalt leben. Dabei ist es
unerheblich, welches Geschlecht
die neuen Partner haben.
Das steht zu.
Elternteile (Wahl-
und Pflegeeltern) haben jeweils
Anspruch auf Pflegefreistellung
und Fortzahlung des Entgelts bis
zu einer Woche pro Arbeitsjahr.
Eigentlich handelt es sich um eine
regelmäßige wöchentliche Ar-
beitszeit, sodass auch regelmäßig
geleistete Mehr- und Überstunden
einzurechnen sind. Etwaige Reste
können nicht ins nächste Jahr mit-
genommen werden, der Anspruch
verfällt. Auch ein bloß stunden-
weiser Konsum der Pflegefrei-
stellung ist möglich.
Wird ein Kind, das das
zwölfte Lebensjahr noch
nicht vollendet hat, inner-
halb desselben Jahres
neuerlich krank, steht
den Arbeitnehmern
eine zweite Woche
Pflegefreistellung zu.
Auch wenn die üb-
liche Betreuungsper-
son eines Kindes, also
etwa der andere Eltern-
teil, die Tages-
mutter oder ein
Großelternteil, erkrankt, können
Eltern eine sogenannte Betreu-
ungsfreistellung beanspruchen.
Krankenhaus.
Für die Betreu-
ung Ihres Kindes im Krankenhaus
gibt es Pflegefreistellung, wenn
das Kind sein 10. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat. Für leibliche
Kinder ist dafür kein gemeinsamer
Haushalt erforderlich, für leibliche
Kinder des anderen Ehegatten,
eingetragenen Partners oder Le-
bensgefährten bei gemeinsamem
Haushalt. Ist das Kind älter als 10
Jahre, gibt es bei entsprechender
medizinischer Notwendigkeit Pfle-
gefreistellung, zum Beispiel dann,
wenn eine ärztliche Bestätigung
attestiert, dass die Anwesenheit für
die Genesung des Kindes erforder-
lich ist.
Berufliche Situation.
Alleine
die Eltern entscheiden, wer die
Freistellung in Anspruch nimmt –
Arbeitgeber haben hier kein Mit-
spracherecht. Ratsam ist es aller-
dings, bei der Organisation der
Betreuung in der Familie auch die
berufliche Situation im Auge zu
behalten und die Pflegefreistellung
so auf die Eltern zu verteilen, dass
wichtige Termine trotzdem wahr-
genommen werden können, emp-
fehlen die AK Experten.
Nahe Angehörige.
Als nahe
Angehörige gelten übrigens nicht
nur leibliche Kin-
der und im gemeinsamen Haus-
halt lebende leibliche Kinder von
Ehegatten, eingetragenen Partnern
oder Lebensgefährten: Eine Frei-
stellung ist ebenso möglich, wenn
Ehegatten, eingetragene Partner &
Lebensgefährten, Eltern, Großel-
tern, Urgroßeltern, Enkel, Urenkel,
Adoptiv- und Pflegekinder krank
werden.
Meldepflicht.
Eine Arbeitsver-
hinderung aufgrund der Pflege
oder Betreuung eines nahen An-
gehörigen muss dem Arbeitgeber
so schnell wie möglich gemeldet
werden. Dieser darf eine ärztliche
Bestätigung dafür verlangen, muss
aber die Kosten dafür übernehmen.
Eltern – und auch andere Personen
im Patchwork-Familienverband
– erhalten während der Pflege-
freistellung jenes Entgelt, das sie
in dieser Zeit bekommen hätten,
wenn sie wie gewohnt ihrer Arbeit
nachgegangen wären.
Tipp.
Wenn der Anspruch auf
Pflegefreistellung ausgeschöpft ist
und kein Anspruch auf Entgeltfort-
zahlung aus sonstigen wichtigen
Gründen besteht, können Sie für
die notwendige Pflege eines Kin-
des unter 12 Jahren ohne vorherige
Vereinbarung mit demArbeitgeber
Urlaub nehmen, sofern Sie noch
offenen Urlaub haben. Sie müssen
aber dem Arbeitgeber sofort mit-
teilen, dass Sie aus diesem Grund
Urlaub ohne Vereinbarung neh-
men.
A
RBEIT
&
R
ECHT
4
Nr. 104, Februar 2018
D
ie Bundesregierung disku-
tiert derzeit das „Arbeits-
losengeld neu“. Dabei ist
geplant, die Notstandshilfe
abzuschaffen und sie in die Mindest-
sicherung zu verschieben. Davon
betroffen wären mehr als 167.000
Menschen (61 % Männer, 39 %
Frauen). Betrachtet man die Ver-
teilung nach Alter, zeigt sich: Fast
57.000 Bezieher sind älter als 50
Jahre, knapp 13.000 jünger als 24
Jahre. Rund 97.500 Bezieher sind
zwischen 25 und 49 Jahre alt.
Notstandshilfe kann bezogen wer-
den, wenn davor Arbeitslosengeld
bezogen wurde und die mögliche
Bezugsdauer ausgeschöpft ist. Die-
se Leistung wird aber nur bei einer
Notlage ausbezahlt. Sie ist zwar zeit-
lich unbegrenzt, wird aber für längs
tens 52 Wochen genehmigt. Nach
E
igentlich ist sie im Kollek-
tivvertrag der Metallarbei-
ter seit vielen Jahren gere-
gelt: Die „Montagezulage“,
die eigentlich
Entfernungszulage
heißt. Sie soll die Aufwendungen
der Dienstnehmer für die Mittags-
verpflegung abdecken und gebührt
immer dann, wenn an einem Ar-
beitstag mehr als sechs Stunden
außerhalb des Betriebsgeländes
gearbeitet werden muss. Das ist bei
Montageberufen im Metallbereich
(Elektriker, Installateure, Schlosser
usw.) regelmäßig der Fall.
Dass diese Zulage von derzeit
8,72 Euro pro Tag auch Lehrlinge
bekommen müssen, wissen nach
wie vor viele Betriebe nicht bzw.
wollen es nicht wissen. In mehre-
ren aktuellen Fällen muss die Ju-
gendabteilung der Arbeiterkammer
diese Entfernungszulagen für Lehr-
linge geltend machen. Aufgrund
der ebenfalls kollektivvertraglich
geregelten Verfallsbestimmungen
ist dies aber nur für die vergange-
nen sechs Monate möglich. Alle
älteren Ansprüche sind verloren,
das heißt, dass sich der Betrieb in
diesen Fällen zumindest einige 100
Euro auf Kosten seines Lehrlings
spart.
Betroffene Lehrlinge können
sich unter 0800/22 55 22 – 1566
kostenlos an die AK Jugendabteilung
wenden und erhalten hier Hilfe.
Achtung.
Die Entfernungszulage steht auch
Lehrlingen zu. Bei Problemen hilft die AK.
Wenn der Papa
zu Hause
bleibenmuss
Krank.
Die kleine Anna hat Grippe. Ihr Papa sollte eigentlich
in die Arbeit, aber er kann die Tochter nicht alleine lassen.
Für solche Fälle gibt es die bezahlte Pflegefreistellung.
Notstandshilfe
Notstandshilfebezieher nach
Geschlecht und Alter im Jahr 2016
25 bis 49
bis 24
Jahre
Frauen
65.548
Männer
101.527
Gesamt
167.075
4.868 8.080 12.948
18.655 38.040 56.695
50 und älter
42.025 55.407 97.432
Ablauf dieser Zeit muss wieder ein
neuer Antrag gestellt werden.
Wird die Notstandshilfe in die
Mindestsicherung verschoben, kann
auf das Vermögen der betroffenen
Menschen (Sparbuch, Bausparer,
Auto, Haus, etc.) zugegriffen wer-
den. Zudem ist man in der Min-
destsicherung nicht mehr pensions-
versichert. Zwar betont die neue
Bundesregierung, dass „dies zwar
nicht generell der Fall sei, in ge-
wissen Fällen aber schon“. Unklar
bleibt, welche Fälle damit gemeint
sind. Sicher ist, dass der Übergang in
die Mindestsicherung, vor allem bei
Betroffenen im Alter 50+, den Weg
in die Altersarmut beschleunigen
würde. Die Arbeiterkammer sagt
deshalb ganz klar: Nein zu Hartz IV
in Österreich!
Siehe dazu auch Seiten 1, 3 und 10
Quelle:AK
© absolutimages
/stock.adobe.com