Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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THEMA:
POSITIONEN
Vorläufig bleibt es dabei:
Das Frauenpensionsalter von derzeit 60 Jahren wird ab 2024 schrittweise auf 65 angehoben.
Pension:
Frauen nicht verunsichern
Das gilt.
Derzeit können Frauen mit 60 in Pension gehen. Ab 2024 wird das Frauenpensionsalter schrittweise
auf 65 Jahre erhöht und an das der Männer angeglichen. Eine frühere Anhebung sorgt für Diskussionen.
D
as gesetzliche Pensionsantritts-
alter für Frauen liegt derzeit
bei 60, jenes der Männer bei
65 Jahren. Vereinbart ist bereits, dass
ab dem Jahr 2024 das gesetzliche Pensi-
onsalter von Frauen im ASVG-System,
Gewerbetreibenden und Bäuerinnen
schrittweise bis 2033 um sechs Monate
pro Jahr angehoben wird.
Betroffen sind Frauen ab dem Ge-
burtsdatum Dezember 1963, die der-
zeit also knapp unter 50 Jahre alt sind.
Frauen, die ab Juni 1968 geboren sind,
können dann erst mit 65 Jahren in die
gesetzliche Alters-Pension gehen. Für die
Jahrgänge dazwischen gilt die schrittwei-
se Anhebung. Bei den Bundesbeamten
gilt schon jetzt für Frauen und Männer
ein Pensionsalter von 65 Jahren.
Von einer früheren Erhöhung ab
2014 wären Frauen zwischen knapp
50 und knapp 60 Jahren betroffen und
jene, die zwar bereits die Anhebung
ab 2024 trifft, für die diese dann aber
schon früher zumTragen käme.
AK Präsident Erwin Zangerl erteilt
einer früheren Anhebung des Frauen-
pensionsalters eine klare Absage: „Das
ist unanständig. Arbeitende Frauen sind
noch immer in vielen Bereichen be-
nachteiligt, wie etwa bei der Bezahlung
und bei Aufstiegschancen, oder über
Gebühr belastet, wie mit der Kinder-
betreuung und der Pflege!“ Außerdem,
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK Präsident
D
ie größte Angst haben die Tiroler vor Arbeits-
losigkeit. Fast 20.000 Arbeitsuchende sind ein
Alarmzeichen. Arbeitslosigkeit entzieht den Men-
schen die Lebensgrundlage, schafft Armut und ver-
mittelt das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden.
Und sie entzieht unserem Sozial- und Wirtschaftssy-
stem wichtige Mittel. Deshalb hat sich die AK Tirol für
die Einrichtung der Landesarbeitsstiftung so stark
gemacht. Es darf in Tirol niemand übrig bleiben, ohne
ihm die Möglichkeit der Weiterbildung bzw. der Hö-
herqualifizierung anzubieten.
Die Arbeitsmarktlage ist auch die Folge einer verfehlten europäischen Wirt-
schaftspolitik. Die Finanzmärkte bleiben unreguliert, Spekulanten haben freie
Hand, das Geld kommt in der Realwirtschaft nicht an. Bitter nötig sind wieder
mehr Unternehmer und Manager mit sozialem Gewissen und menschlicher
Verantwortung. Tirol ist außerdem ein Land der Wohnungsnot. Wir fordern
vom Land ein soziales Sonder-Wohnbauprogramm, das erschwinglichen
Wohnraum schafft und gleichzeitig die Konjunktur ankurbelt.
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AUS DEM ÖGB
Übles Zündeln
bei den Pensionen
D
er Tiroler ÖGB-Landessekre-
tär Peter Hofer übt massive
Kritik an den jüngsten Aussagen
der Tiroler Wirtschaftskammer
(WK): „ Ihre Vertreter sind in eine
mediale Schlacht gezogen. Das
erklärte Ziel ist offenbar, Men-
schen mit der scheinbaren Unfi-
nanzierbarkeit unseres sozialen
Systems zu verunsichern und zu
verschleiern, dass in Österreich
der Wohlstand höchst ungerecht
verteilt ist. Damit Superreiche und
Konzerne ihren Reichtum weiter
vor der längst überfälligen Besteu-
erung schützen können, bricht die
WK eine Pensionsdebatte vom
Zaun und hetzt Gruppen gegen-
einander auf. Unser gerechtes
Pensionssystem wird als unfinan-
zierbar, ungerecht und überbor-
dend dargestellt. Während aber
die Unselbständigen ihre Pension
großteils, nämlich zu 82 %, selber
finanzieren, kommen pensionierte
Selbstständige nur zu 44 % für
ihre Pensionen selbst auf.
Man kann sich sicher sein,
dass ein gerechtes Pensionssy-
stem auch künftig leistbar sein
wird. Der ÖGB hält nichts davon,
jetzt mit der Aussage, die Pensi-
onen seien in Zukunft nicht mehr
finanzierbar, schon wieder den
Generationenkonflikt zu schüren.
Statt
Verunsicherungskampa-
gnen gegenüber Arbeitnehmern
und sozial Schwachen brauchen
die Menschen die Gewissheit und
das Vertrauen, dass die Entschei-
dungsträger ihrer Aufgabe auch
in Zukunft nachkommen. Das be-
deutet auch, dass der Beitrag der
Bevölkerungsgruppen zur Finan-
zierung fair und der Leistungskraft
entsprechend verteilt sein muss.“
AK Fraktionen:
Tirol braucht mehr
und bessere Arbeitsplätze
grüne in der ak
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
A
rbeitslosigkeit schafft Armut, auch Tirol ist von ei-
ner steigenden Arbeitslosenzahl betroffen. Grün-
de sind die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Gier einer
„entfesselten“ Wirtschaft, aber auch das mangelnde
Umdenken in Sachen Ökopolitik. Eine der zentralen Auf-
gaben der Politik ist es, Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist
notwendig, mittels Investitionsanreizen und den rich-
tigen Rahmenbedingungen der Wirtschaft den Weg
vorzugeben. Eine „entfesselte“ Wirtschaft ist da fehl
am Platz, denn es müssen sinnvolle und nachhaltige
Arbeitsplätze geschaffen werden. Grünen Technologien gehört die Zukunft,
und mit der grünen Energiewende können alleine in Tirol Zehntausende neue
Arbeitsplätze geschaffen und bestehende erhalten werden. Um im internati-
onalen Wettbewerb bestehen zu können, den Wirtschafts- und Arbeitsplatz-
standort Tirol zu sichern, muss in Forschung und Entwicklung in den Bereichen
erneuerbare Energie- und Umwelttechnologien investiert werden. Hier hat Ti-
rol nicht nur Nachholbedarf, sondern auch ein großes Potenzial.
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freiheitliche arbeitnehmer in der ak
Heribert Mariacher,
Fraktionsobmann
E
ntfesselung der Wirtschaft, 12-Stunden-Arbeits-
tag, Anhebung des Frauenpensionsalters sind
wohl nur Wahlkampfplauderei. Wir müssen die Poli-
tik zu Reformen zwingen. Die deutliche Zunahme der
Arbeitslosigkeit resultiert aus dem bereits bekannten
Personalabbau von Tiroler Unternehmen sowie dem
schwachen Rückgang der Arbeitslosigkeit im Touris-
mus und saisonalen Handel. Betrachten wir die Pro-
bleme nach Geschlechtern, sind die Frauen benachtei-
ligt. Frauen leisten unglaublich viel, dennoch haben sie
es aufgrund von Mehrfachbelastungen und der offenen Lohnschere schwerer
als Männer. Der Landtag versichert: „Wir arbeiten für echte Chancengleich-
heit.“ Die Situation bei den Einkommen sieht allerdings ganz anders aus. Unter
den zehn einkommensschwächsten Bezirken Österreichs finden sich bei den
Frauen gleich sechs Tiroler Bezirke. Eine Frau verdient in Tirol nur 54 % eines
durchschnittlichen Männerlohnes. Dass Reformpartnerschaft möglich ist, be-
weisen andere Landtage (Steiermark) und finden große Zustimmung.
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Nr. 54 September 2013
Foto:get4net/Fotolia.com
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
E
ine aktive Arbeitsmarktpolitik muss zum Ziel ha-
ben, Vollbeschäftigung zu schaffen. Dieses Ziel
hat die Tiroler Landesregierung bisher verfehlt. Der
drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit zeigt uns,
dass gesetzte Maßnahmen nicht gegriffen haben.
Künftig gilt es, vom politischen Geplänkel abzukom-
men und den Fokus auf die angespannte Lage der
Tiroler ArbeitnehmerInnen zu richten. Neben einer
zielorientierten Betriebsansiedelungspolitik brau-
chen wir auch gerecht bezahlte Arbeitsplätze. Das
Einkommen der ArbeitnehmerInnen muss auch Be-
zieherinnen von Mindestlöhnen einen akzeptablen Lebensstandard sichern.
Als nächsten Schritt fordern wir einen kollektivvertraglichen Mindestlohn
von 1.500 Euro. Das ist in vielen Branchen nicht der Fall, wie beispielsweise
im Tourismus und Handel. Hier arbeitet immerhin ein Drittel aller unselbst-
ständigen beschäftigten TirolerInnen, was uns zum Einkommensschlusslicht
macht. Daher fordern wir Wirtschaft und Politik auf, sich für mehr fair ent-
lohnte Arbeitsplätze einzusetzen.
<<
so Zangerl, wurden bei den Pensionen
bereits weitreichende Reformen be-
schlossen, wie Verschärfungen bei der
Hacklerpension, ab 2014 bei der Inva-
liditätspension, und ab 2014 wird das
Pensionskonto eingeführt.
Nicht zu vergessen, dass derzeit jede
fünfte Frau, die in Pension geht, zuvor
arbeitslos war. Bei den Invaliditätspensi-
onen ist der Anteil noch höher. Die Zahl
der Arbeitslosen über 50 Jahren steigt
dramatisch. Jeder 5. Arbeitslose in Tirol
ist über 50 Jahre. Altersgerechtes Ar-
beiten ist in vielen Betrieben kein The-
ma. Eine frühere Anhebung des Frauen-
pensionsalters würde eine noch höhere
Arbeitslosigkeit nach sich ziehen.
Auch den Einwand, wonach Frauen
Nachteile – wie eine geringere Pension
– erleiden, wenn sie früher als Männer
in Pension gehen, lässt Zangerl nicht
gelten: „Schon jetzt können Frauen, die
länger als bis 60 arbeiten wollen, das
auch tun.“
Die wahren Probleme liegen für den
AK Präsidenten ganz wo anders: „In Ti-
rol nimmt die Zahl der vollzeitbeschäf-
tigten Frauen ab. Tausende Frauen wol-
len mehr arbeiten, finden aber keinen
adäquaten Arbeitsplatz. Die Hälfte der
Frauen arbeitet in Teilzeit und das oft
viel zu lange. Das wirkt sich dramatisch
auf die Höhe ihrer Pension aus. Halber
Lohn heißt auch halbe Pension.“
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