W
IRTSCHAFT
&
P
OLITIK
10
Nr. 94, März 2017
O
ft könnte man mei-
nen, dass das Wort
Sozialstaat eine fast un-
anständige Bedeutung
bekommen hat. So sehr
hacken manche Grup-
pierungen auf dessen
Errungenschaften herum.
Dabei kann nur ein solidarisches
System dafür sorgen, dass sich alle Menschen auf ein
Mindestmaß an Sicherheit verlassen können – beim
Zugang zur Bildung, bei Arbeitslosigkeit, in Kran-
kenversorgung oder Pensionssystem. Das garantiert
sozialen Frieden.
Und es gibt weitere Bereiche, die nicht zum Spiel-
feld für private rein gewinnorientierte Dienstleister
werden dürfen.Was passiert, wenn das „Familiensil-
ber“ verscherbelt wird, zeigen Beispiele der letzten
Jahre: Die Post etwa, mit deren Filialen sich gerade
im ländlichen Raum viel Infrastruktur in Luft aufgelöst
hat. Oder beimVerkauf der Buwog-Wohnungen, bei
dem nicht nur Volksvermögen an ein luxemburgisch-
kanadisches Investorenkonsortium verschleudert
wurde, sondern die Bewohner jetzt auch noch um ihre
Bleibe bangen.
Öffentlich wirds nur dann wieder, wenn Privatisie-
rungen in Riesen-Verluste gipfeln. Dann ist der (Sozi-
al-)Staat gefragt, umMilliarden-Pleiten abzufangen.
M
it der Kampagne
„Sozialstaat fairbes-
sern“ hat der ÖGB bereits
2012 auf diese Thematik
hingewiesen und auf-
gezeigt, dass wir wieder
vollstes Vertrauen in den
Sozialstaat haben können.
Denn nicht die Sozialstaaten
sind schuld an den gestiegenen Schulden. Vielmehr
sind es die Finanzmarktausbeuter, die die Krisen
hervorgerufen haben und anschließend mit Milliar-
den gerettet werden mussten. Denn der Sozialstaat
war es, der sich für die ArbeitnehmerInnen während
der Krise als soziales Sicherungsnetz erwiesen hat und
auch in der Wirtschaftskrise exzellent gehalten hat.
Gesundheit, Pflege, Bildung, Sicherheit, Daseinsvor-
sorge sowie eine ausgezeichnete Verwaltung sind die
Grundlage für einen gut geführten Sozialstaat und
müssen dementsprechend finanziert werden. Bei
der Bildung zu sparen hieße, der jungen Generation
die Zukunft zu zerstören. Auch Vermögende müssen
endlich faire Beiträge leisten. Das klare Ziel muss
es sein, den Sozialstaat nicht abzubauen, sondern
um- und auszubauen, ihn zu „fairbessern“, fair zu
finanzieren und so langfristig abzusichern, damit er
auch weiterhin ein Schutzschild für die Schwächeren
in unserem Staat bleibt.
N
ur der Sozialstaat
kann soziale Sicher-
heit wirklich garantie-
ren. Private Vorsorgesys-
teme sind immer nur
Versprechungen und
kosten ein Vielfaches.
Private Versicherer wollen
und müssen Gewinne erzielen,
sonst müssen sie zusperren. Es gibt bereits genü-
gend Beispiele, wo letztendlich nach dem Versagen
der Privaten wieder der Staat einspringen und den
Menschen zumindest eine Mindestversorgung und
Absicherung gewährleisten musste. In Staaten mit
einem starken privaten Vorsorgesystem sind immer
die öffentlichen Bediensteten jene mit der größten
sozialen Sicherheit.
Seit vielen Jahren wird alle paar Monate unserem
Gesundheits- und Pensionssystem der Zusam-
menbruch vorhergesagt, übrigens meistens durch
von der Versicherungswirtschaft beauftragte und
bezahlte Institute und „Experten“. Trotz all dem
Schlechtreden wurden aber zum Beispiel seit dem
Krieg die Pensionen immer pünktlich im vollen
Umfang ausgezahlt. Natürlich darf es in einer
Marktwirtschaft private soziale Vorsorgesysteme
geben, aber die Grundsicherung muss der Staat für
alle sicherstellen.
E
inen Sozialstaat nach
dem sozialistischen
Muster unserer Bundes-
hauptstadt Wien – man
kann die Fakten des
rot-grünen Regierungs-
versagens in den Medien
tagtäglich verfolgen –
werden wir uns nicht leisten
können. Alles für jeden kann nicht sein. Also doch
mehr privat? Nein, nein, nein!! Das kann wirklich
nicht gewollt werden, wir brauchen keine „ameri-
kanischen“ Verhältnisse.Wie schauts denn heute
aus bei der seit Jahren so beworbenen privaten
Eigenvorsorge in den verschiedensten Bereichen?
Ein dickes Minus. Steigende Kosten für Privatkran-
kenversicherungen und wenn du „zu teuer“ wirst,
bist du weg. Parteien wie die Neos, bei denen „Privat,
privat“-Rufe sich mit „Weg mit den Kammern“-Rufen
abtauschen, tun der Bevölkerung nichts Gutes. Die
Freiheitlichen Arbeitnehmer Tirol wollen weder ein
sozialistisches noch ein neoliberales Sozialsystem, wir
benötigen einen sozialen Staat, der die Risiken von
Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit für die Bürger
gerecht auf alle Schultern verteilt. Dazu wird man die
seit Jahren geforderten Reformen beginnen müssen,
um unser Sozialsystemwieder in „sichere Gewässer“
zu steuern.Wir stehen schon lange bereit.
Solidarisches System
garantiert Sicherheit
Staat muss ein
Schutzschild bleiben
Ohne Staat keine
Grundsicherung
Mehr privat ist
keine Lösung
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Grüne in der AK
Freiheitliche
Arbeitnehmer in der AK
Erwin Zangerl,
AK Präsident
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
Ö
ffentliche
Dienstleis-
tungen kommen zuneh-
mend unter Druck. Her-
vorgerufen wird dies
durch die internationale und europä-
ische Politik der Liberalisierung und
Privatisierung öffentlicher Dienst-
leistungen sowie durch die Finanz-
nöte der öffentlichen Haushalte.
Der Frage „Öffentlich oder privat“
geht die jüngste Sonderausgabe des
Magazins „Falter“ nach. Dazu ha-
ben 35 namhafte Fachleute auf 64
Seiten diese Problemstellung einer
kritischen Analyse unterzogen.
Nach neoliberaler Ansicht steigt
die allgemeine Wohlfahrt umso
mehr, je mehr Leistungen von Pri-
vaten in wettbewerblichen Markt-
prozessen erbracht werden und je
weniger der Staat selbst an Leistun-
gen erbringt. Dazu kommt, dass die
fortschreitende Globalisierung die
Möglichkeiten einzelner Staaten
verringert, regulierend in ihre Wirt-
schaft einzugreifen. Die Diskus-
sion über die Rolle des Staates
kann sich jedoch angesichts der
Globalisierung nicht auf Bund,
Länder und Gemeinden be-
schränken. Auch die europä-
ische und internationale
Ebene ist zu berücksich-
tigen. Und hierbei
müssen auch die
Bedürfnisse
der
Menschen wieder
in den Vordergrund
gestellt werden.
AK Forderungen.
Öffentliche
Aufgaben sollen auch durch die öf-
fentliche Hand selbst geleistet wer-
den. Es soll keine Beschränkung des
Staates auf seine „Kernaufgaben“,
sondern eine demokratische und
bedürfnisorientierte Festlegung öf-
fentlicher Aufgaben geben. Öffent-
liche Dienstleistungen müssen für
alle Bevölkerungsgruppen leistbar
bleiben, vor allem in den Bereichen
Energie, Verkehr, Wasser, Bildung,
Gesundheit, Soziales und Umwelt.
Es darf keinen Zwang zur Libera-
lisierung/Privatisierung durch eu-
ropäisches oder inter-
nationales Recht
geben. Das Recht
auf öffentliche Dienstleistungen
in hoher Qualität, Leistbarkeit und
Verfügbarkeit sollte in der österrei-
chischen bzw. einer europäischen
Verfassung verankert werden.
Denn nur der Sozialstaat kann
soziale Sicherheit wirklich garan-
tieren. Das Beispiel der privaten
Eigenvorsorge, wo vollmundige
Versprechungen harter Realität ge-
wichen sind, sollte uns zu denken
geben
. Wir benötigen einen sozialen
Staat, der die Risiken von Krankheit,
Unfall oder Arbeitslosigkeit für die
Bürger gerecht auf alle Schultern
verteilt. Das kann kein Privater. Das
geht am besten mit dem
solidarischen System,
in dem jeder seinen
gerechten Beitrag
leistet
.
Nachlesen.
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SOZIALSTAAT ODER MEHR PRIVAT?
AK FRAKTIONEN ZUM THEMA
Öffentlich oder privat?
Unter Druck.
Zunehmend werden
öffentliche Dienstleistungen infrage
gestellt. Dabei ist es Aufgabe des
Staates, soziale Absicherung für
alle Gruppen bereitzustellen.
Privat statt Staat.
Öffentliche
Aufgaben werden immer mehr von
Privaten übernommen. Oft zum
Nachteil der Bürger.
Illustration: nuvolanevicata
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