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Die pauschale Förderung

Ganzjahresbetriebe

gehören unterstützt

Freizeitwohnsitzpauschale.

Derzeit fließen die Gelder an die Tiroler

Tourismusverbände. Die AK fordert Offenlegung und Transparenz.

AKUT

D

ie Mindestlöhne laut Kollektivvertrag für Tourismusbe-

rufe liegen auf einem niedrigen Niveau. Sie bewegen

sich zwischen € 2.159 brutto für einen Küchenchef, der

zumindest 5 Arbeitskräfte unter sich hat, und € 1.420 für

Kellner bzw. Köche ohne Lehrabschlussprüfung. Mit zuneh-

mender Arbeitserfahrung sind nur wenige Steigerungen

möglich. So startet der kollektivvertragliche Mindestlohn

für einen Kellner mit Inkasso bei € 1.551. Einem vergleich-

baren Kellner mit 12-jähriger Arbeitserfahrung müssen ge-

rade einmal € 70 brutto mehr gezahlt werden (€ 1.620,80)

– das ist ein Plus von lediglich 4,5 % mehr Entlohnung für

10 Jahre Berufserfahrung.

D

er Tiroler Tourismus ist zunehmend auf ausländische

Arbeitskräfte angewiesen. Das ist nicht unbedingt

überraschend: In so gut wie allen Wirtschaftsbereichen

steigt die Zahl der nichtösterreichischen Beschäftigten.

Das Besondere ist jedoch, dass gleichzeitig zur Zunahme

ausländischer Arbeitskräfte die Einheimischen die Branche

verlassen. In der Zeit zwischen 2010 und 2015 ging die

Zahl der österreichischen Arbeitskräfte im Tiroler Gast- und

Hotelgewerbe um 1.000 Personen zurück. Das war in

keiner der anderen beschäftigungsstarken Branchen der

Fall. Nicht die Demographie allein, sondern vor allem die

Arbeitsbedingungen dürften eine Rolle spielen.

Löhne auf niedrigem Niveau Einheimische verlassen Branche

Zuerst Bilanzen

lesen lernen

NEOS – ALTOS

Gespaltenes Verhältnis

Teuer.

Schwierige Arbeitsbedingungen, niedriges Lohnniveau und langfristige Probleme

durch die Saisonarbeit: Arbeiten im Tourismus wird zusehends unattraktiver. Das hat Folgen.

D

er Tourismus in Tirol ist

eine emotionale Angele-

genheit. Tourismus und

Tiroler Identität hängen

eng zusammen, doch nicht immer

ist alles Gold, was glänzt: Auf der

einen Seite ist man stolz auf die At-

traktivität des Landes, auf der an-

deren Seite sind aber die Probleme,

welche der Tourismus mit sich

bringt, unübersehbar.

Intensiv.

Zentraler Punkt sind

dabei die Arbeitsbedingungen.

Das betrifft natürlich nicht die Be-

schäftigten selbst, die sehr hart und

ausdauernd arbeiten. Sondern die

Art und Weise, wie die Arbeit im

Tourismus organisiert ist und was

am Ende verdient wird. Gerade

die Einkommen sind ein kritischer

Punkt: Denn in keiner Branche lie-

gen die Einkommen so niedrig wie

im Bereich der Beherbergung und

Gastronomie. Im Schnitt kamen

Tourismusbeschäftigte im Jahr

2015 auf einen Jahresverdienst von

10.550 Euro. Der Einkommens-

schnitt in Gastgewerbe und Hotel-

lerie lag damit um 45 % unterhalb

des Tiroler Durchschnittseinkom-

mens. Umgerechnet auf ein Mo-

natseinkommen würde das einen

Lohn von 753 Euro bedeuten.

Ein durchaus berechtigter Ein-

wand wird lauten: Das ist aber Sai-

sonarbeit, das kann man nicht ver-

Fachkräftemangel.

Geringe Löhne sind ein wichtiger Faktor für Personalprobleme.

gleichen! Das mag richtig sein, aber

auch wenn man nur die ganzjährige

Vollzeitarbeit heranzieht, bleibt eine

beträchtliche Einkommensdifferenz

bestehen. Im Schnitt erzielten die

Vollzeitbeschäftigten ohne Sai-

sonunterbrechungen 19.900 Euro

im Jahr. Damit verdienten die Tou-

rismusbeschäftigten fast ein Drittel

weniger als vergleichbare andere

Beschäftigte in Tirol – bei gleichem

Zeitaufwand!

Saisonarbeit.

In diesem Zusam-

menhang stellt sich natürlich die

Frage: Wie viele Ganzjahresar-

beitsplätze im Vollzeitausmaß gibt

es in Beherbergung und Gastrono-

mie überhaupt? Die Antwort: sehr

wenige. Nicht einmal jeder fünfte

Beschäftigte im Tourismus arbeitet

Vollzeit ohne saisonale Unterbre-

chungen. ZumVergleich: Im Schnitt

arbeiten etwas weniger als die

Hälfte der Tiroler Arbeitnehmerin-

nen und Arbeitnehmer, etwa 47 %,

ganzjährig und Vollzeit. Und das ist

schon ein niedriger Prozentsatz!

Zusammenfassend kann gesagt

werden: Der Tourismus ist eine in-

tensive und beanspruchende Bran-

che, die leider nur ein niedriges

Einkommensniveau bietet. Die Zahl

der Arbeitsplätze, die eine Existenz-

sicherung für das ganze Jahr ermög-

lichen, ist im Vergleich zu anderen

Branchen äußerst niedrig.

U

nserenWohlstand verdanken wir

politischer Stabilität, sozialem Frieden

und dem Einsatz und Fleiß unserer

Beschäftigten. Leider gibt es neoliberale

Kräfte, die das ändern wollen. Vorrang

den Märkten vor den Menschen, lautet ihr

Credo. Unter dem Kürzel Neos, verpackt

in kitschiges Rosarot, berufen sie sich auf

die (Ellenbogen-) Freiheit des Einzelnen

und propagieren den schrankenlosen

Wirtschaftskapitalismus, dem sich die

Beschäftigten ausliefern sollen.Wasser

privatisieren, EU-Beitritt der Türkei, völlige

Öffnung des Arbeitsmarktes, Ende der

Neutralität, Arbeits- und Ladenöffnungs-

zeiten rund um die Uhr, Abschaffung des

gesetzlichen Pensions- und Krankensy-

stems, Arbeit bis 70, Unternehmersteuer

runter... um nur einige Beispiele der Neos-

Vorschläge zu nennen.Wenn eine Gruppe

solche Ideen propagiert, dann dient sie

rein den Interessen der Wirtschaft. Das

ist das Weltbild der Neos, die überdies

zum überwältigenden Teil gar keine

Arbeitnehmer, sondern Selbständige und

Unternehmer sind. Für diese Herrschaften

ist die AK das Feindbild Nummer eins, weil

sie den Arbeitnehmern Schutz und Hilfe in

allen Bereichen des Arbeits- und Privat-

lebens anbietet. Durch falsche Behaup-

tungen über angebliche Privilegien und

Vermögenswerte, die für Notzeiten bzw.

für akute Einsatzmaßnahmen imDienst

der Arbeitnehmer gedacht sind, wird eine

Neiddebatte angezettelt, um die AK zu

schwächen.

Dabei sollten die Neos Bilanzen lesen

lernen. Denn der jährliche AK Rechen-

schaftsbericht belegt, wie verantwortungs-

bewusst mit den AK Beiträgen umge-

gangen und wie exakt die Angebote, die

Beratungsleistungen und die Infrakstrutur

in den Bezirken laufend auf den Bedarf

hin angepasst werden, um ein noch besse-

res Service zu bieten. Und noch etwas: Die

Beschäftigten finanzieren sich ihre AKmit

ihren Beiträgen selbst.

Apropos Geld.Wenn es darum geht,

dann werden die „Neos“ zu „Altos“. Pro

Jahr erhalten alleine sie rund 8 Millionen

Euro an Parteienförderung. Für den Schutz

und die Hilfe für Bürger? Fehlanzeige! Um

eine Partei wie sie am Leben zu erhalten.

Foto: rh2010/Fotolia.com

T

OURISMUS

&

T

IROL

4

Nr. 94, März 2017

D

er 1. Juli 2017

wird für die

Tiroler Ge-

meinden ein

besonderer Tag, denn

bis dahin müssen

sie an die Landes-

regierung melden,

wie viele Freizeitwohnsitze sich in

ihrem Hoheitsgebiet befinden. Bis

dato herrscht nämlich immer noch

Unklarheit über diese Zahl, ob-

wohl es längst Obergrenzen gibt.

Unklarheit herrscht auch über

die Gesamtsumme der Freizeit-

wohnsitzpauschale. Lediglich die

Empfänger der Gelder sind be-

kannt: Die Abgabe fließt nämlich

direkt an die Tourismusverbände

des Landes. Wie viel die einzelnen

Verbände im Gesamten profitie-

ren, ist intransparent.

Für AK Präsident Erwin Zangerl

ein Zustand, der sich schnellstens

ändern muss. „Der Tourismus wird

aus unglaublich vielen Töpfen ge-

speist und es ist nicht einzusehen,

dass auch die Freizeitwohnsitz-

pauschale an die Tourismusver-

bände fließt und man nicht weiß,

wie hoch die Summen sind und

was konkret mit dem Geld pas-

siert“, so Zangerl.

Er fordert nicht nur eine Offen-

legung der Summen und der Ver-

wendung, sondern, nach Vorbild

anderer Bundesländer, auch eine

Zweckwidmung, die den Namen

verdient. So soll diese Abgabe di-

rekt an die Gemeinden fließen und

für Infrastruktur- und Umwelt-

maßnahmen, für Arbeitsplatzsi-

cherung, Wohnraumbeschaffung

und Baulandmobilisierung ver-

wendet werden.

Gefordert sieht Zangerl dabei

auch das Land, das durch gesetz-

liche Maßnahmen zugunsten der

Tirolerinnen und Tiroler für Trans-

parenz sorgen könnte.

I

m Vorjahr wurde jeder zweite

Arbeitslose in Tirol mit einer

Wiedereinstellungszusage beim

AMS vorstellig – in Summe

45.000 Personen, ein großer Teil da-

von aus dem Tourismus. Die Praxis,

Arbeitnehmer vorübergehend beim

AMS zu „parken“, verursacht nicht

nur Kosten von jährlich 100 Millio-

nen Euro, die die Allgemeinheit zu

tragen hat, sondern wirkt sich auch

negativ auf die Arbeitnehmer aus.

Neben niedrigen Löhnen sind durch

die Saisonarbeit geringe Pensions-

zahlungen die Folge. AK Präsident

Erwin Zangerl zeigt noch eine wei-

tere Dimension auf, die mit Wieder-

einstellungszusagen verbunden ist:

Die Betriebe würden dadurch die

Gehaltskosten abwälzen.

„Damit werden Unter-

nehmen nichts anderes,

als von der öffentlichen

Hand

subventioniert“,

so Zangerl. Um dieser

Entwicklung Einhalt zu

gebieten, fordert die AK

ein Umdenken bei der Wirt-

schaftsförderung des Landes.

So sollen in erster Linie Be-

triebe unterstützt werden, die

ganzjährig tätig sind bzw.

Ganzjahresarbeitsplätze an-

bieten. „Das wäre ein guter

Ansatz, um auf politischer

Ebene Lösungen für dieses

‚Parkplatzproblem‘ zu fin-

den“, so Zangerl.

AK Forderung.

Die Freizeit-

wohnsitzabgabe soll direkt

an die Gemeinden fließen.

Vorstoß.

Land soll Tourismus-Betriebe

fördern, die Ganzjahresarbeitsplätze bieten.

Foto: Robert Kneschke

/Fotolia.com

Foto: Kadmy

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