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Seite 32 WISO

Das strukturelle Defizit

WISO WISSEN

Mag. Armin Erger

Fragen der Staatshaushalte rückten mit der internati-

onalen Finanz- und Wirtschaftskrise ins Zentrum der

politischen Auseinandersetzungen. Ein durch Ret-

tungspakete für Banken und Staaten dramatisch er-

höhter Schuldenstand und höhere jährliche Budget-

defizite der öffentlichen Hand, lassen diese Fragen

als besonders dringlich erscheinen. Dabei stehen

jedoch verschiedene Konzepte, was ein „Defizit“ ist,

im Raum. In den letzten Jahren hat das „strukturel-

len Defizits“ als zentrale Zielgröße für die öffentlichen

Haushalte stark an Bedeutung gewonnen. Was ist

darunter zu verstehen?

Das „strukturelle Defizit“ ist der Finanzierungssaldo

des Gesamtstaates, der um konjunkturelle und ein-

malige Effekte bereinigt wurde. Ausgaben, wie z.B.

Kosten für Umweltkatastrophen, aber auch die Aus-

gaben für die Bankenrettungspakete, werden aus

dem strukturellen Defizit herausgerechnet, da es sich

nicht um ständige wiederkehrende Ausgabenposten

handelt. Als solches ist das strukturelle Defizit keine

direkt beobachtbare Größe, sondern muss mittels

spezieller statistisch-ökonomischer Verfahren be-

rechnet werden.

Hinter dem Ansatz des strukturellen Defizits steht die

Überlegung, dass nicht konjunkturbedingte Ausga-

benschwankungen gefährlich für die Stabilität einer

Volkswirtschaft sind, sondern der dauerhafte Anteil

des Haushaltsdefizits. Das strukturelle Defizit kann

damit als Indikator für den „Konsolidierungsbedarf

der öffentlichen Hand“ gesehen werden.

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Besonders durch die Krisenbewältigungsmaßnah-

men auf europäischer Ebene gewann das struktu-

relle Defizit in Österreich an Bedeutung. Im Fiskal-

pakt, dem Vertrag über die Stabilität, Koordinierung

und Steuerung der Wirtschafts- und Währungsunion,

verpflichteten sich 25 Mitgliedsstaaten der Europä-

ischen Union (nicht mit dabei: Großbritannien und

Tschechien), ausgeglichene gesamtstaatliche Haus-

halte vorzulegen. Als ausgeglichen gilt der Haushalt

dann, wenn das strukturelle Defizit nicht mehr als

0,5% des BIP beträgt.

Diese Berücksichtigung des strukturellen Defizites

steht im Gegensatz zum sogenannten „Maastricht-

Defizit“, das unbereinigt definiert ist und somit durch

Schwankungen des Konjunkturverlaufs direkt beein-

flusst wird. Im erstmals reformierte Stabilitäts- und

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CESifo-Gruppe München (ohne Datum)

cc Mando Gomez