Tiroler Arbeiterzeitung - page 11

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Nr. 61, März 2014
Parallel dazu müssen noch mehr
Anstrengungen unternommen
werden, um die Bildungsoffensive
für die Beschäftigten voranzutrei-
ben. Die möglichst breite Vermitt-
lung von Qualifikation und guter
Fachausbildung ist für den Einzelnen
nach wie vor das beste Rezept ge-
gen das Gespenst Arbeitslosigkeit.
Mehr
Arbeitsplätze mit Qualität
Schwierige Lage.
Zwar wächst in Tirol die Zahl der Beschäftigten, aber auch die Summe an
Arbeit Suchenden. Neben Konjunkturmaßnahmen ist auch die Standortagentur gefordert.
Einkommensanalyse.
Hätte in Tirol das Jahr 13,5 Monate, dann würden wir gleich viel verdienen
wie der Rest Österreichs! Die Niederösterreicher haben monatlich 250 Euro mehr im Börsl.
A
rbeiterkammerpräsident Erwin
Zangerl: „Diese Analyse ist de-
primierend. Tirols Beschäftigte
erleiden neuerlich Einkommensver-
luste. Die Gewerkschaften verhandeln
die Löhne. Deshalb braucht der ÖGB
mehr Unterstützung im Kampf um hö-
here Löhne.“
Mit einem Monatseinkommen von
1.317 Euro netto, lagen die
Tiroler 2012 aufs Jahr ge-
rechnet um 1,5 Monatsge-
hälter hinter dem österrei-
chischen Durchschnitt von
1.461 Euro zurück.
Schlusslicht Tirol.
Fast 10 % machte der Ein-
kommensnachteil aus – Tirol
reihte sich erneut an der letz-
ten Stelle im Bundesländer-
vergleich ein. Vier der zehn
einkommensschwächsten
Bezirke Österreichs lagen in
Tirol: Landeck, Kitzbühel,
Imst und Lienz. Bereits seit
mehreren Jahren ist Landeck
sogar der Bezirk mit den niedrigsten
Einkommen in ganz Österreich.
Terrain verloren.
Im Jahr er-
zielten die Tiroler Arbeitnehmer ein
Jahreseinkommen von 18.436 Euro.
Auf die niederösterreichischen Ein-
kommen, die höchsten im Jahr 2012,
fehlten volle 3.550 Euro netto im Jahr
oder mehr als 250 Euro pro Monat.
Die Einkommensschere zwischen Nie-
derösterreich und Tirol machte 16 %
aus. Angesichts der auf allen Ebenen
sehr hohen Tiroler Lebenshaltungsko-
sten eine verkehrte Welt.
Frauen ganz hinten.
Obwohl
auch die Männer mit einem Einkom-
mensnachteil von 7,7 %
gegenüber dem Öster-
reichschnitt den letzten
Platz im Bundesländer-
vergleich
einnahmen,
präsentierte sich die Si-
tuation für die Frauen
nochmals prekärer. Sie
lagen gleich um 12,9 %
zurück. Im Schnitt er-
zielten die Tirolerinnen
ein monatliches Einkom-
men von 1.008 Euro. Auf
die am besten verdienen-
den Wienerinnen fehlten
den Tiroler Frauen damit
295 Euro netto pro Mo-
nat, ein jährlicher Ein-
ÖSTERREICH
1.514
Euro
Burgenland
Kärnten
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien
Einkommen in Österreich Männer - Frauen
1.407
Euro
1.570
Euro
1.475
Euro
1.380
Euro
1.413
Euro
1.317
Euro
1.412
Euro
1.492
Euro
1.461
Euro
durchschnittlicher Monatsnettobezug 2012
Gesamt
M
F
Gesamt %
von AUT
M % von
AUT
F % von
AUT
Burgenland € 1.514
€ 1.796
€ 1.191
3,3% 3,4% 2,3%
Kärnten € 1.407
€ 1.677
€ 1.109
-3,7% -3,5% -4,1%
€ 1.570
€ 1.871
€ 1.231
0,5% 3,1% -5,2%
€ 1.475
€ 1.797
€ 1.103
7,1% 7,5% 6,1%
Salzburg € 1.380
€ 1.662
€ 1.081
-5,5% -4,1% -6,6%
Steiermark € 1.413
€ 1.689
€ 1.097
- ,4% -3,0% -5,1%
Tirol
€ 1.317
€ 1.602
€ 1.008
-9,7% -7,5% -12,9%
Vorarlberg € 1.412
€ 1.757
€ 1.038
-3,3% 1,6% -11,1%
Wien
€ 1.492
€ 1.672
€ 1.302
3,0% -2,8% 13,5%
Österreich € 1.461
€ 1.735
€ 1.157
0,0% 0,0% 0,0%
Tiroler haben
pro Monat
250 Euro weniger
im Börsl
Verkehrte Welt.
Tirols Beschäftigte leiden unter den niedrigsten Einkommen und den höchsten Lebenshaltungskosten.
„WATCHADO“?
Internet-Portal
zu Berufsbildern
W
as haben Bundespräsi-
dent Heinz Fischer, Fuß-
balltrainer Toni Polster und
Straßenbahnfahrerin
Mirela
Pejic gemeinsam? – In Film-In-
terviews für die österreichische
Internet-Plattform
-
chado.net beantworten sie sie-
ben Fragen zu ihrem Beruf und
zum Weg dorthin. So wie mehr
als 1.500 weitere Interview-
Partner.
Als „Handbuch der Lebens-
geschichten“
beschreibt
„Watchado“-Gründer
Ali
Mahlodji die Idee hinter sei-
nem Geschäftsmodell, für des-
sen Name ein amerikanischer
Slang-Ausdruck Pate stand (für
„What do you do?“). Dabei kennt
der 32Jährige die Nöte Junger
auf ihrem Weg ins Arbeitsleben
nur allzugut: Als Flüchtling kam
er aus dem Iran nach Österrei-
ch, brach die Schule ab, lernte
Programmieren und arbeitete
in einer Werbeagentur, bis er
2011 mit „Watchado“ einen
Riesen-Erfolg landete.
Weil vielleicht gerade jetzt,
nach Beginn des Sommerse-
mesters, für viele ein guter
Zeitpunkt ist, um sich beruflich
zu orientieren, führt auf www.
ak-tirol.com ab sofort ein Link
zur Watchado-Homepage. Dort
stehen rund 1.500 Stories, also
Video-Interviews, bereit, bei de-
nen auch alle thematisch pas-
senden freien Stellen zu finden
sind. Und wer 14 Fragen für das
sogenannte „Job-Dating“ beant-
wortet, erhält eine Auswahl von
Interviews, in denen die Partner
gleich dachten – eine weitere
Möglichkeit, um Berufe, Karrie-
ren oder Betriebe zu entdecken.
Mehr auf
kommensrückstand von über 4.000
Euro netto!
Warum so wenig?
Wie erklärt
sich der Einkommensnachteil Tirols?
Ein gängiges Argument ist der Verweis
auf die geringeren Einkommen durch
Saisonarbeit. Das stimmt auch. Die
niedrigen Einkommen im Tourismus
– und Tirol hat den höchsten Anteil an
Tourismusangestellten in Österreich –
drücken das allgemeine Einkommens-
niveau in Tirol. Aber: Auch wenn man
die Saisonbeschäftigung herausrechnet
und nur ganzjährigeVollzeiteinkommen
vergleicht, ändert sich am Gesamtbild
nichts. Mit einem Monatseinkommen
von 1.959 Euro blieben die Tirole-
rinnen und Tiroler um 5,7 % hinter
dem Österreichschnitt zurück. Auf den
Monat gerechnet waren das 118 Euro
netto – bei gleichem Arbeitsausmaß! Bei
den Frauen, deren Einkommensnach-
teil 8,3 % betrug, lag der Rückstand
gar bei 150 Euro netto pro Monat. So
sehr die Einkommensschere zwischen
den österreichischen Bundesländern
auch aufgeht, innerhalb Tirols sind die
Unterschiede noch größer. Relativ gese-
hen am besten lag der Bezirk Innsbruck-
Land mit einem Nettojahreseinkom-
men von 20.042 Euro um 8,7% über
dem Tiroler Durchschnitt, aber immer
noch 2 % unter dem österreichischen.
Zum einkommensschwächsten Bezirk
Landeck (15.968 Euro Jahresnetto), be-
stand aber immer noch ein Vorsprung
von mehr als 20%.
<<
A
K Präsident Erwin Zangerl:
„Wir wollen nicht nur Qua-
lität bei den heimischen Pro-
dukten, sondern auch ein Qualitätssie-
gel für Tirols Arbeitsplätze. Es herrscht
ein beinharter Konkurrenzkampf unter
dem Motto: Immer schneller, immer
billiger. Das kann es nicht sein. Gut
bezahlte Vollzeitarbeitsplätze werden
immer seltener, Teilzeit und atypische
Formen nehmen immer stärker zu.
Dazu führt die Öffnung des Arbeits-
marktes gerade bei den niedrig qua-
lifizierten Arbeitnehmern zu einem
Verdrängungswettbewerb. Hier muss
sichergestellt werden, dass bei den aus-
ländischen Arbeitnehmern die arbeits-
und sozialrechtlichen Standards einge-
halten werden.“
Ein weiteres Problem ist darin zu fin-
den, dass immer noch viele ältere Ar-
beitnehmer aus dem Arbeitsprozess ge-
kündigt werden. Für sie ist es besonders
schwer, eine adäquate Beschäftigung zu
finden.
Zangerl: „Angesichts dieser Probleme
ist es jetzt entscheidend, dass eine ak-
tive Arbeitsmarkt- und Betriebsan-
siedelungspolitik betrieben wird. Die
ersten Schritte müssten folgende sein:
Unternehmen, die ältere Mitarbeiter
beschäftigen, sollen über ein Bonus-
Malus-System belohnt werden. Alle
Behörden, die gegen Lohn- und Sozi-
aldumping eingesetzt werden, gehören
personell aufgestockt, damit Unter-
nehmen wirksam kontrolliert werden
können. Und schließlich müssen die
Strafen für Lohn- und Sozialdumping
empfindlich erhöht werden. Im Bereich
der Standportpolitik ist es wichtig, neue
und attraktive Betriebe nach Tirol zu
bringen. Deshalb verlangen wir auch,
dass die bisherigen Leistungen der Tiro-
ler Standortagentur überprüft werden
und künftig die Arbeitnehmervertreter
eingebunden werden, um die Interes-
sen der Tiroler Beschäftigten und nicht
nur der ansässigen Betriebe sicherzu-
stellen. Immerhin geht es hier jährlich
um 7 Millionen Euro an öffentlichen
Mitteln.“
<<
Gute Arbeit.
Beste Qualität und
höhere Einkommen sichern den
Standort Tirol.
THEMA:
GELD & ARBEIT
I M P R E S S U M
AK Tiroler Arbeiterzeitung – AK Aktuell
Zeitung für Arbeit und Konsumentenschutz der
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol.
Medieninhaber und Herausgeber:
Kammer
für Arbeiter und Angestellte für Tirol, 6020
Innsbruck, Maximilianstraße 7 |
Redaktion:
Dr. Elmar Schiffkorn, Mag. Christine Mandl,
Gertraud Walch |
Fotos:
AK,
,
|
Druck:
Intergraphik
GmbH, 6020 Innsbruck, Ing. Etzelstraße 30
Offenlegung gemäß Mediengesetz, § 25 (2):
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol,
6020 Innsbruck, Maximilianstraße 7; Präsident:
Erwin Zangerl; Aufgabenstellung: Interes-
senvertretung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer; Die Blattlinie entspricht jenen
Grundsätzen, die im Arbeiterkammergesetz
19
92 BGBl. Nr. 626/1991 idgF festgehalten sind.
Die von der AK Tirol angebotenen Leistungen kommen
ausschließlich ihren Mitgliedern zugute. Soweit
personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form
angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in
gleicher Weise.
Deutliche
Einkommensverluste
Von 2011 auf 2012 legten die
nominellen Jahresnettoeinkom-
men in Tirol um 371 Euro zu. Be-
rechnet man aber die Inflation mit
ein, blieb real davon nichts in den
Geldtaschen der Tiroler übrig. Im
Gegenteil: Im Schnitt verloren die
Realeinkommen in Tirol 0,4 % an
Kaufkraft und fielen noch deutlich
stärker als im österreichischen
Durchschnitt.
ÖSTERREICH
1.514
Euro
Burgenland
Kärnten
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien
Einkommen i Österreich Männer - Frauen
1.407
Euro
1.570
Euro
1.475
Euro
1.380
Euro
1.413
Euro
1.317
Euro
1.412
Euro
1.492
Euro
1.461
Euro
durchschnittlicher Monatsnettobezug 012
Gesamt
M
F
Gesamt %
von AUT
M % von
AUT
F % von
AUT
Burgenland € 1.514
€ 1.796
€ 1.191
3,3% 3,4% 2,3%
Kärnten € 1.407
€ 1.677
€ 1.109
-3,7% -3,5% -4,1%
€ 1.570
€ 1.871
€ 1.231
0,5% 3,1% -5,2%
€ 1.475
€ 1.797
€ 1.103
7,1% 7,5% 6,1%
Salzburg € 1.380
€ 1.662
€ 1.081
-5,5% -4,1% -6,6%
Steiermark € 1.413
€ 1.689
€ 1.097
-3,4% -3,0% -5,1%
Tirol
€ 1.317
€ 1.602
€ 1.008
-9,7% -7,5% -12,9%
Vorarlberg € 1.412
€ 1.757
€ 1.038
-3,3% 1,6% -11,1%
Wien
€ 1.492
€ 1.672
€ 1.302
3,0% -2,8% 13,5%
Österreich € 1.461
€ 1.735
€ 1.157
0,0% 0,0% 0,0%
Gesamt Mann Frau
Durchschnittlicher Monatsnettobezug 2012
Foto:detailblick/Fotolia.com
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Statistik.
Die Netto-Monatsbezüge nach Bundesländern.
Einkommen in Österreich netto pro Monat
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10 12
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