Tiroler Arbeiterzeitung - page 7

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THEMA:
ARBEIT & GESUNDHEIT
Nr. 61, März 2014
Freizeit
wird
Arbeitszeit
Bedenklich.
34 % der Beschäftigten arbeiten bereits in der Freizeit:
Entweder weil sie müssen, oder weil sie nicht mehr abschalten können.
S
ogar im Urlaub und im Kran-
kenstand wird gearbeitet: Das
sagen 17 % bzw. 14 % der Be-
fragten im Rahmen des Arbeitsklima-
Index. 25 % haben auch während einer
Pflegefreistellung gearbeitet, allerdings
haben nur 9 % eine Pflegefreistellung
in den letzten drei Jahren in Anspruch
genommen.
Privat und Beruf.
Als Indiz,
dass viele Beschäftigte Arbeit und Frei-
zeit nicht mehr trennen, mag gelten,
dass viele ihr Diensthandy auch privat
verwenden. Einen Dienstlaptop ha-
ben 11 %, was dazu führt, dass bereits
36 % außerhalb der Normalarbeits-
zeit mit Handy oder Laptop arbeiten.
Jeder Siebte (14 %) macht das sogar
täglich. Die größte Gruppe macht das
aus eigenem Interesse, andere werden
sonst mit der Arbeit nicht fertig. Oft
wird die Mehrarbeit auch vom Vorge-
setzten erwartet.
Unsitte „All in“.
Bereits 18 %
der im Arbeitsklima-Index Befragten
sagen, dass sie einen All-in-Vertrag
haben. AK Präsident Erwin Zangerl:
„All-in-Arbeitsverträge bringen den
Beschäftigten überwiegend Nachteile.
Oft leisten die Arbeitnehmer viel mehr
Überstunden, als durch diese Pauscha-
le abgedeckt sind, sodass es zu einer
Ansammlung von unbezahlten Über-
stunden kommt. Die AK fordert, dass
diese Verträge transparenter gestaltet
werden, beispielsweise durch eine klare
Ausweisung des Grundgehalts.“
<<
Pause.
Um gute Arbeit zu leisten, darf
die Erholung nicht zu kurz kommen.
Entgeltfortzahlung
rasch einführen
M
ehrfach hatte die Arbei-
terkammer bereits auf die
Unsitte mancher Unter-
nehmen hingewiesen, Beschäftigte
im Krankenstand einfach abzumel-
den. Inzwischen wurde die Thematik
in das aktuelle Regierungsprogramm
aufgenommen. Vor allem im Lea-
singbereich ist die Praxis gängig: Der
Arbeitnehmer wird krank und meldet
dies in der Firma. Der Chef teilt ihm
daraufhin mit, dass die Firma eine ein-
vernehmliche Auflösung des Arbeits-
verhältnisses an die Gebietskranken-
kasse melden wird. Der Arbeitnehmer
solle wiederkommen, wenn er gesund
ist, dann werde das Arbeitsverhältnis
wieder neu eingegangen. Viele Be-
schäftigte nehmen die Abmeldung in
Kauf, aus Angst vor einer Kündigung.
Nachteile.
Das hat schwerwie-
gende Folgen für die Betroffenen, aber
auch für alle, die Sozialversicherungs-
beiträge bezahlen. Denn anders als bei
Kündigungen im Krankenstand erhal-
ten die erkrankten Beschäftigten bei
einer einvernehmlichen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses nur das Kranken-
geld der Krankenkasse. Dieses ist deut-
lich niedriger als die Entgeltfortzahlung
und wird überdies auch noch aus dem
Topf der Gebietskrankenkasse, also aus
den Beiträgen der Versichertengemein-
schaft bezahlt.
Arbeiterkammer Präsident Erwin
Zangerl: „Die derzeitige Regelung
kostet die Versichertengemeinschaft
jährlich Millionen Euro. Die Bundes-
regierung muss deswegen rasch eine
Neuregelung umsetzen!“
Schaden für alle.
Berech-
nungen der Arbeiterkammer haben
ergeben, dass alleine die Leasingbran-
che durch das Abmelden erkrankter
Beschäftigter einen jährlichen Scha-
den von 2,8 Millionen Euro an der
Versichertengemeinschaft verursacht.
Im Regierungsprogramm findet sich
nun endlich das Vorhaben, die Ent-
geltfortzahlung im Krankenstand
über das Ende des Dienstverhältnisses
hinaus – analog zur Arbeitgeberkün-
digung – auch nach einvernehmlicher
Auflösung einzuführen. „Dass die
Bundesregierung das unsolidarische
Verhalten mancher Unternehmen
jetzt endlich abdrehen möchte, ist
erfreulich und sollte möglichst rasch
geschehen. Dies wäre auch im Sinne
aller korrekten Unternehmen, die sich
an die Entgeltfortzahlung halten und
somit die Kosten selbst tragen“, sagt
Zangerl.
Kündigungsschutz.
Dane-
ben fordert die Arbeiterkammer einen
Kündigungsschutz im Krankenstand
und die Wiedereinrichtung des Ent-
geltfortzahlungsfonds, der im Jahr
2000 abgeschafft wurde. Der Fonds
sorgte bis dahin für einen finanziellen
Ausgleich zwischen den Unterneh-
men: Firmen, die Mitarbeiter beschäf-
tigten, die häufiger krank waren, be-
kamen einen größeren Ausgleich aus
dem Fonds. Außerdem spricht sich
Zangerl einmal mehr für ein Bonus-
Malus-System zur Sicherstellung
gesunder Arbeitsbedingungen aus:
„Unternehmen, die krank machende
Arbeitsbedingungen nicht abstellen
und damit wesentlich zur Erkrankung
der Beschäftigten beitragen, sollen
Strafe zahlen.“
<<
Mit Grippe im Bett.
Schlimm genug, krank zu sein, aber dann sollte es zumindest einen Kündigungsschutz geben.
W
enn Sie wegen einer Er-
krankung nicht arbeiten
können, müssen Sie das sofort
Ihrer Firma mitteilen.
Der Arbeitgeber hat das
Recht, auch für einen eintä-
gigen Krankenstand eine Bestä-
tigung vom Arzt zu verlangen.
Bestätigung.
In der Kran-
kenstandsbestätigung
muss
stehen, ab wann Sie krank sind,
wie lange der Krankenstand vo-
raussichtlich dauert, und ob es
sich um einen Unfall oder eine
Krankheit handelt. Die genaue
Diagnose müssen Sie nicht mit-
teilen.
Achtung:
Falls Sie diese Mel-
de- oder Nachweispflichten ver-
säumen, verlieren Sie Ihren An-
spruch auf die Lohnfortzahlung.
Das Unterlassen der Melde-
pflichten ist jedoch kein Grund
für eine fristlose Entlassung.
Eine Kündigung im Kranken-
stand ist zwar möglich, dabei
muss die Firma aber Kündi-
gungsfristen und -termine ein-
halten.
Nur Ihr Arzt kann beurteilen,
ob Sie arbeitsfähig sind. Sie
müssen im Krankenstand alles
vermeiden, was geeignet ist,
den Genesungsprozess zu ver-
zögern. Wer einen grippalen In-
fekt hat, sollte sich nur im Frei-
en aufhalten, um zum Arzt oder
zur Apotheke zu gehen.
B
eim Einstellungsgespräch ist meist
vom Bruttolohn die Rede. Mit dem
Brutto-Netto-Rechner auf
com kennen Sie in ein paar Sekunden
ihr exaktes Nettogehalt. Außerdem er-
fahren Sie auch gleich, wie viele Steuern
und Abgaben Sie im Monat tatsächlich
leisten. Die Eingabe funktioniert ganz einfach, mit ein paar
persönlichen Daten wie Arbeitsverhältnis, Bruttogehalt, Ge-
burtstag oder etwa Pendlerpauschale und einem Klick auf
„Berechnen“ wissen Sie sofort, wie hoch ihre Abzüge monat-
lich sind, und ob sie korrekt ermittelt werden. Denn dann hat
man alles schwarz auf weiß.
D
ienstzettel, Arbeitsbescheini-
gung, Lohnzettel, Entgeltbe-
stätigung oder Arbeitszeugnis: Bei
dieser Fülle noch den Überblick zu
behalten, ist für viele Beschäftigte
nicht einfach. Doch diese Papiere
sind wichtig für Arbeitnehmer. Im
AK Falter „Arbeitspapiere“ finden Sie einen Überblick
über Dokumente, die Ihnen zustehen, wenn Sie sich in
einem aufrechten Arbeitsverhältnis befinden oder die-
ses beendet wurde. Besser informiert zu sein, zahlt sich
aus. Anzufordern ist der Falter unter 0800/22 55 22 –
1432 oder zum Download auf
M
it dem Vortrag „Krise des Ka-
pitalismus – Krieg gegen den
Planeten?“ wird am
Do, 24. April
, um
18.30 Uhr in der AK Tirol in Innsbruck,
Maximilianstr. 7, die Reihe „Systemfeh-
ler: Die Krise verstehen und politisch
handeln“ mit Birgit Mahnkopf fortge-
setzt. Die Politikwissenschaftlerin befasst sichmit dem immer
größer werdenden Spannungsverhältnis zwischen der Ökono-
mie und dem drohenden Kollaps komplexer Ökosysteme. Die
Reihe ist eine Kooperation mit dem Büro für Gender Studies
der Uni Innsbruck, ÖGB und AMS. Anmeldung: johann.ofner@
ak-tirol.com oder 0800/22 55 22 – 1930.
Krank? Sofort
der Firma melden
Änderung nötig.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Krankenstand „einvernehmlich“ aufgelöst
wird, bekommen nur das Krankengeld von der GKK. Die Dienstgeber müssen keine Entgeltfortzahlung leisten.
Gehalt: So viel bleibt netto
Arbeitspapiere stehen zu
Vortrag: Erde vor dem Kollaps
Foto:PatriziaTilly/Fotolia.com
Gefährlich.
Viele Beschäftigte gehen
krank oder nicht auskuriert zur Arbeit.
D
as Fieberthermometer zeigt
38,5 Grad, der Schädel
brummt, die Nase rinnt. „Die
Arbeit muss gemacht werden“, sagen
sich viele Beschäftigte und gehen
krank zur Arbeit. Oft macht die Fir-
ma Druck. Viele Beschäftigte wollen
auch nicht, dass die Kolleginnen oder
Kollegen für sie einspringen müssen,
wissen die AK Arbeitsrechtsexperten.
Nach einer Online-Umfrage der Ar-
beiterkammer waren neun von zehn
Beschäftigten schon einmal krank in
der Arbeit.
Die AK warnt grundsätzlich davor,
krank arbeiten zu gehen: Nur wer gut
erholt aus dem Krankenstand zurück-
kommt, kann wieder volle Leistung
bringen. Wer körperlich beeinträch-
tigt arbeiten geht, läuft Gefahr, dass
sich die Krankheit verschlimmert oder
die Heilung deutlich länger dauert.
Bei ansteckenden Krankheiten, etwa
einer Virusinfektion, besteht die Ge-
fahr, Kollegen anzustecken. Betriebe,
die verantwortungsvoll mit ihren Be-
schäftigten umgehen, schicken daher
kranke Mitarbeiter nach Hause. Be-
schäftigte, die sich von Vorgesetzten
unter Druck gesetzt fühlen, wenn sie
sich krank melden, sollten sich Un-
terstützung holen. Entweder beim
Betriebsrat in der Firma, oder bei der
Arbeiterkammer.
<<
Verschnupft
im Büro
Foto:RobertKneschke/Fotolia.com
Foto:GrischaGeorgiew/Fotolia.com
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