Previous Page  56 / 310 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 56 / 310 Next Page
Page Background

Quantitative Analyse

56

3.6. Simulation des Arbeitsangebots

Ergänzend zu obigen Ausführungen bezüglich des Wiedereinstiegs ins Erwerbsleben während

und nach dem Kinderbetreuungsgeld-Bezug werden in diesem Abschnitt die Ergebnisse von

Mikrosimulationen des Arbeitsangebots von Kinderbetreuungsgeld-Beziehern gezeigt. Dabei wird

zunächst die Methode kurz vorgestellt, um der Leserin einen Eindruck über die Stärken und

Schwächen dieser Methode zu vermitteln. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse hinsichtlich der

Arbeitsangebotselastizitäten bezüglich des Stundenausmaßes sowie der Partizipation und zu

erwartender Beschäftigungseffekte präsentiert.

3.6.1. Die Methode

Zur Mikrosimulation werden softwarebasierte Modelle verwendet, die eine Menge von Regeln

(beispielsweise ein Steuer- und Transfersystem inklusive Kinderbetreuungsgeld-Regelung) definieren

und diese Regeln auf repräsentative Individualdaten (sogenannte Mikrodaten) anwenden. Im

Rahmen von Simulationen kann dann bestimmt werden, wie sich Änderungen der Regeln (z.B. einer

Änderung des Kinderbetreuungsgeld-Systems) auf die Individuen auswirken. Der entscheidende

Vorteil von Mikrosimulationen ist in diesem Zusammenhang zum einen, dass die Auswirkungen ex

ante – d.h. vor einer Einführung einer geplanten Reform bzw. Änderung – analysiert und

vorhergesagt werden können. Zum anderen können, anders als mit anderen Methoden, aufgrund der

Verwendung repräsentativer Daten Verteilungseffekte und auch Änderungen des Verhaltens der

Individuen als Reaktion auf die Änderungen der Regeln simuliert werden. Beispielsweise ist es

denkbar, dass eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes das Arbeitsangebot von Vätern und

insbesondere Müttern beeinflusst.

Weiter unten werden derartige Verhaltensänderungen und ihre Auswirkungen auf

Arbeitsangebot und Beschäftigung analysiert. Dazu wird das Mikrosimulationsmodell ATTM

(Austrian-Tax-Transfer Model)

34

, das Daten von 5.878 Haushalten aus der in Österreich von Statistik

Austria durchgeführten EU-SILC Befragung verwendet und die Abgaben auf alle Einkommensarten

und Pensionen (Sozialversicherungsbeiträge sowie Lohn-/Einkommensteuer) sowie Transfers wie das

Kinderbetreuungsgeld,

aber

auch

Arbeitslosengeld,

Notstandshilfe,

Familienbeihilfe,

Familienförderungen der Bundesländer, Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die

Ausgleichszulage umfasst.

Die Schätzung der Auswirkungen auf Arbeitsangebot und Beschäftigung basiert auf einem

strukturellen Arbeitsangebotsmodell (van Soest, 1995). Dabei wird grundsätzlich zwischen Personen,

deren Arbeitsangebot flexibel und nicht flexibel ist, unterschieden. Personen mit flexiblem

Arbeitsangebot können das Stundenausmaß der Erwerbstätigkeit prinzipiell variieren. Dazu zählen

unselbständig Beschäftigte, insbesondere Teilzeitbeschäftigte, aber auch Personen, die nicht aus

speziellen Gründen (beispielsweise einer arbeitsrechtlichen Karenz) nicht erwerbstätig sind.

Personen mit nicht-flexiblem Arbeitsangebot können ihr Stundenausmaß hingegen nicht variieren. Zu

ihnen werden im Rahmen von ATTM PensionistInnen, Personen in Ausbildung oder arbeitsrechtlicher

Karenz, Menschen mit Behinderung sowie Beamte im öffentlichen Dienst gezählt.

34

ATTM wurde von der GAW in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Viktor Steiner (Freie Universität Berlin) 2009

entwickelt.