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Eurozone könnten so ausgeglichener werden. In den
Ländern der südlichen Peripherie der Währungsuni-
on, so EZB-Volkswirt Praet, wären allerdings niedrige
Lohnabschlüsse notwendig, um an Wettbewerbsfä-
higkeit zu gewinnen.
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Negativzinsen für die Banken
In einem ersten Schritt senkte die EZB im Juni 2014
die Leitzinsen auf ein historisch niedriges Niveau:
der Hauptrefinanzierungszinssatz wurde von 0,25%
auf 0,15% gesenkt und – ein absolutes Novum für
eine Zentralbank dieser Größe – für die Einlagezin-
sen wurde ein negativer Zinssatz von -0,10% einge-
führt.
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Der Einlagezinssatz, der zuvor bei 0%
lag, musste gesenkt werden, um den
Abstand zum Hauptzinssatz zu wahren,
da sonst für die Banken Anreize verlo-
ren gehen, sich untereinander Geld zu
verleihen oder Kredite zu vergeben.
Bisher hatten nur die Zentralbank Dä-
nemarks und der Schweiz zu diesem
Mittel gegriffen. Der Negativzinssatz
betrifft Einlagen der Banken und öffent-
lichen Haushalte beim Eurosystem. Ziel
der Maßnahme ist es, die Kreditvergabe
der Banken anzukurbeln und damit der
Realwirtschaft unter die Arme zu grei-
fen. Die EZB betonte zwar, dass die Ne-
gativzinsen nur für die Banken gelten,
konnte aber nicht ausschließen, dass
diese zu nochmals niedrigeren Zinsen
für die Sparerinnen und Sparer führen
könnte.
Bei der Sitzung des EZB-Rates am 04. September
ging die EZB noch einen Schritt weiter. Der Leitzins
für die Refinanzierungsgeschäfte wurde auf 0,05%
gesenkt, die Einlagezinsen auf -0,20% gesenkt.
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In der Pressekonferenz begründete EZB-Präsident
Draghi die Entscheidung damit, dass sich der Aus-
blick auf die Inflationserwartungen im August ver-
schlechtert hätte und dass alle Daten, sowohl die
harten Wirtschaftsdaten, als auch die Befragungs-
ergebnisse, eine Verlangsamung des europäischen
Wachstums gezeigt hätten. Darüber hinaus wolle
die EZB alle Zweifel bei den Banken ausräumen, ob
die Zinsen noch weiter sinken werden. „Now we are
at the lower bound (Jetzt sind wir an der untersten
[Zins-]Schwelle)“ so Draghi wörtlich.
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Billiges Geld zur Anregung der Kreditvergabe:
TLTROs
Im Juni 2014 beschloss der Rat der EZB die Durch-
führung von „Targeted Long-term Refinancing Ope-
rations (TLTRO)“ (zielgerichtete langfristige Refinan-
zierungsoperationen). Das Ziel der TLTROs ist es,
die Kreditvergabe an die reale Wirtschaft anzuregen.
Besonders in der Südperipherie der Eurozone lei-
den Unternehmen an einer Kreditklemme, die ihnen
Investitionen schwer macht. Bei einer vierjährigen
Laufzeit der TLTRO fallen für die Banken nur Zinsen
in der Höhe von 0,25% an, sofern diese Gelder an
Unternehmen (Nicht-Banken) und private Haushal-
te vergeben werden. Ausgenommen sind allerdings
Privatkredite zum Haus- oder Wohnungskauf, da die
EZB die Entstehung von Immobilienblasen vermei-
den möchte. Die Banken können dabei Gelder in der
Höhe von 7% ihrer Kreditsumme an Unternehmen
und Haushalte bei der EZB zu diesen günstigen Kon-
ditionen aufnehmen. Ausgenommen von der Berech-
nungsgrundlage sind allerdings Immobilienkredite,
da das Entstehen von Immobilienblasen verhindert
werden soll.
Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zen-
tralbank, gab an, dass die EZB mit einer Vergabe
im Rahmen der TLTROs von 450 bis 800 Milliarden
Euro im Verlauf von vier Jahren rechnet und diese
auch als einen Beitrag zur Bekämpfung deflationärer
Tendenzen betrachtet.
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Die ersten Vergaben werden
im September und Dezember 2014 stattfinden.
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vgl. ebda.
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vgl. ECB (Juni 2014)
11
vgl. ECB (September 2014)
12
vgl. ebda.
Viel Aufmerksamkeit wurden den Aktivitäten der EZB zuteil: Mario Draghi
„straft“ die Banken, wenn diese Geld bei der Zentralbank hinterlegen. Da-
durch soll die Kreditvergabe angeregt werden.
cc ECB