Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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Nr. 43, September 2012
THEMA:
POSITIONEN
Tiroler Lehrlinge,
ab ins Ausland!
E
rfahrungen im Ausland sind
längst normaler Bestandteil der
Ausbildungsbiographie vieler
Jugendlicher. Während bei den Stu-
dierenden die Inanspruchnahme von
Auslandsstipendien beinahe schon
zum guten Ton gehört und auch bei
den Schülerinnen und Schülern wei-
terführender Schulen immer häufiger
Auslandseinsätze durchgeführt werden,
hinken die Lehrlinge diesbezüglich
noch etwas hinterher. Das liegt selbst-
verständlich daran, dass Lehrlinge als
Arbeitnehmer natürlich vertraglich
gebunden und damit weniger flexibel
sind.
Trotzdem bestehen in der Zwischen-
zeit auch für Lehrlinge einige interes-
sante Angebote, zumindest eine kurze
Zeit ihrer Ausbildung im Ausland zu
absolvieren.
Tiroler auf der Walz.
Dieses
Projekt fördert unter anderem Lehr-
linge und junge Arbeitnehmer aus
Tiroler Betrieben bei Aufenthalten
in EU- und EWR-Ländern sowie der
Türkei, Kroatien und der Schweiz.
Für ein vier Wochen bis sechs Monate
dauerndes Auslandspraktikum werden
je nach Zielland zwischen 470 und
600 Euro pro Monat pauschal bezahlt.
Dazu kommen Zuschüsse zu den Reise-
kosten sowie den Kosten eines Sprach-
kurses vorab oder am Praktikumsort.
Ansprechperson für ein Beratungsge-
spräch ist das EU-Referat der AK Tirol
(Tel. 0800/22 55 22 - 1455). Für eine
Bewerbung sollten die auf
-
ort-tirol.at/leonardo zu findenden
Unterlagen (Lebenslauf in Englisch,
application form, job description vom
Unternehmen) sowie Kopie des Ab-
schlusszeugnisses vorgelegt sowie per
Mail geschickt werden. Die Betreuung
im Gastland erfolgt durch eine Kon-
taktperson im Unternehmen. Fragen
hierzu und zum Versicherungsschutz
sowie zu möglichen Unterkünften an
der obigen Stelle. Infos:
.
com unter Jugend.
Projekt X-Change.
Im Rah-
men dieses Projektes können Tiroler
Lehrlinge nach dem ersten Lehrjahr
bis zu vier Wochen in einem Mit-
gliedsland der Arge Alp (z.B. Bayern,
Südtirol, Trient, St. Gallen, Tessin,
Salzburg usw.) sowie Elsass oder
Baden-Württemberg gefördert wer-
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK-Präsident
T
ausende junge Menschen müssen jedes Jahr
ein Praktikum machen. Ein Großteil der Zukunft
unseres Landes hat diesen Sommer seine ersten
Erfahrungen mit der Berufswelt gemacht. Zu hoffen
ist, dass sie nicht schlecht war. In die AK kommen
immer wieder Junge, die schildern, dass sie nichts
gelernt oder als billige Hilfskräfte ausgenutzt wur-
den. Solche Erfahrungen zerstören die Lust auf die
Arbeitswelt oder zumindest auf einzelne Branchen
oder Unternehmen. Das ist fatal in einer Zeit, in der
jedes Talent dringend gebraucht wird.
Es braucht gesetzliche Regelungen und Mindeststandards bei der Entloh-
nung. Praktikanten sollen ordentlich bezahlt und sozial abgesichert werden.
Sie bringen schließlich auch was. Wenn alles optimal läuft, gewinnen beide
Seiten viel: Talente können gefunden werden, eine Bindung zum Unterneh-
men entsteht, Nachwuchskräfte werden gesichert. Warum erkennen das
nicht endlich alle Betriebe? Mit schlechten Arbeits- und Rahmenbedingungen
schaden sie sich nur selbst in ihrem Image als künftiger Dienstgeber.
<<
aus dem ögb
Leist kandidiert
für ÖGB-Vorsitz
O
tto Leist möchte Tiroler ÖGB-
Vorsitzender bleiben. „Ich
stelle mich der Wahl am 3. No-
vember und möchte mich auch
für die kommenden vier Jahre
um die Sorgen unserer 60.000
Mitglieder und mehr als 305.000
Arbeitnehmer in Tirol einsetzen.
Mein Hauptaugenmerk gilt einem
weiteren Mitgliederzuwachs und
guten KV-Abschlüssen“, so Leist,
der die gute Zusammenarbeit
mit der Tiroler Arbeiterkammer
forcieren und damit die Arbeit-
nehmervertretung in der Sozial-
partnerschaft weiter stärken will.
Leist trat 2010 die Nachfolge von
Gerhard Schneider an, der sich
aus privaten Gründen zurückge-
zogen hatte. Leist ist seit 1990
Betriebsratsvorsitzender
und
stellvertretender Zentralbetriebs-
rat der Firma Metro Österreich.
Als Wirtschaftsbereichsvorsit-
zender der GPA-djp kümmert er
sich, dass Handelsbeschäftigte
bei den KV-Verhandlungen den
Lohn für ihre Mühen bekommen.
„Ich bin optimistisch, obwohl uns
die Endlosverhandlungen im Tou-
rismus und das Hick-Hack der
Arbeitgeber im Vorfeld der Metal-
lindustrieverhandlungen gezeigt
haben, welch teilweise unsoziale
Haltung Arbeitgeber gegenüber
ihren eigenen Beschäftigten ha-
ben.“
AK-Fraktionen: Unsere Jugend
braucht
bessere Jobperspektiven
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen
Otto Leist,
Fraktionsvorsitzender
D
ie Wirtschaft bedient sich gerne kostengün-
stiger Arbeitskräfte. Gerne auch bei jungen
Menschen, die in ein Berufsfeld reinschnuppern wol-
len oder müssen. Die Anforderungen an junge Men-
schen werden immer größer. Berufserfahrung oder
praktische Erfahrung wird von vielen Unternehmen
vorausgesetzt, um eine Chance auf Anstellung zu
bekommen. Auch in Österreich gibt es aber zuneh-
mend Belege dafür, dass Praktika vielfach hochwer-
tige Beschäftigungsverhältnisse ersetzen, anstatt
auszubilden und praktische Fertigkeiten zu vermit-
teln. Der Praktikumsalltag ist leider geprägt durch geringe Bezahlung und
kaum soziale Absicherung. Die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschaf-
terInnen unterstützt daher die Initiative der EU-Kommission für einen Quali-
tätsrahmen für Praktika, der allerdings bindend sein muss. Dasselbe gilt für
Arbeiten auf Probe und Schnuppern. Nur mit klaren Regeln wird verhindert,
dass junge TirolerInnen nicht ausgenutzt werden und einen Überblick über
verschiedene Berufsfelder verschafft wird.
<<
grüne in der ak
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
I
mmer wieder bestehen falsche Vorstellungen darü-
ber, was im „Traumjob“ nun wirklich zu tun ist. Oft
ist die Enttäuschung über die konkreten Arbeitsaufga-
ben und -inhalte dann groß. Viele Ausbildungsformen
schreiben deshalb ein Schnuppern oder einen Prakti-
kumsnachweis vor Beginn der Ausbildung vor.
Im Idealfall kann man Verschiedenes ausprobieren
und sich dann entscheiden. Da es aber in vielen Re-
gionen nur ein eingeschränktes Angebot an Ausbil-
dungsmöglichkeiten gibt, wird alleine schon wegen der
guten Erreichbarkeit und mangels Alternativen eine bestimmte Ausbildung
begonnen. Leider gibt es bisher nur unzureichende gesetzliche Regelungen,
wie ein Schuppern, ein Arbeiten auf Probe oder ein Praktikum finanziell abge-
golten wird. Immer wieder wird sogar erwartet, dass, obwohl als vollwertige
Hilfskraft eingesetzt, gratis gearbeitet wird. Es gibt aber auch Unternehmen,
die einen umfassenden Einblick in die Arbeitsabläufe und Aufgaben geben
und sich damit natürlich bewusst attraktiv für eine Berufskarriere machen.
<<
freiheitliche arbeitnehmer in der ak
Heribert Mariacher,
Fraktionsobmann
D
ie Wirtschaft hat es in Österreich verabsäumt,
das duale System laufend an die Anforderungen
zeitgemäßer Qualifikationsanforderungen anzuglei-
chen. Stattdessen werden von der Politik immer mehr
Akademiker und Maturanten angestrebt. Zudem ist
die Zahl der Jugendlichen, die ihre Lehre abbrechen,
weil sie insbesondere am Anfang der Lehrausbildung
nicht die erwartete Ausbildungstätigkeit machen dür-
fen, die laut Berufsbild in Aussicht gestellt wurde, viel
zu hoch. Schlecht ausbildende Unternehmen müssen
unter Erfolgsdruck gestellt werden bzw. als Lehrlingsausbildner nicht mehr
in Frage kommen. Für vorausschauende Unternehmer ist es an der Zeit,
sich in die Imageproblematik direkt einzuschalten. Sie sind es, die mit immer
mehr fehlenden Fachkräften konfrontiert sind. Angesichts des drohenden
Fachkräftemangels sollte auch bei den Praktikanten gelten: Je fairer sie be-
handelt werden und je mehr sie in dieser Zeit im Betrieb lernen, umso eher
werden sie nach Schulabschluss wieder in diesen Betrieb zurückkehren.
<<
Foto: Joerg Lantleme/Fotolia.de
den: Bei Fortzahlung der regulären
Lehrlingsentschädigung erhalten di-
ese Lehrlinge zusätzlich 25 Euro pro
Nacht, ein Taschengeld von 5 Euro
pro Tag sowie die Reisekosten gegen
Vorlage der Belege. Ansprechpartner
ist die Standortagentur Tirol (Tel.
0512/57 62 62 - 64). Infos: www.
xchange-info.net
Fachkräfteaustausch.
Der
Verein IFA in Wien organisiert Aus-
landspraktika für Lehrlinge in Gruppen
zwischen vier und zwölf Teilnehmern,
jeweils im Frühling und Herbst. Am
einfachsten ist die Teilnahme über ein
Gemeinschaftsprojekt eines Betriebes
oder einer Berufsschule möglich. Die
Höhe der Förderung ist abhängig vom
Gastland und den von IFA organisier-
ten Leistungen und liegt maximal zwi-
schen 190 und 230 Euro pro Woche.
Kontakt:
Auslandspraktika.
Gemäß
Berufsausbildungsgesetz gibt es ganz
neu die Möglichkeit, dass Lehrbe-
triebe den auf den Zeitraum der Ent-
sendung ihres Lehrlings entfallenden
Anteil der Lehrlingsentschädigung
ersetzt bekommen, wenn der Lehrling
einen Teil der Ausbildung außerhalb
Österreichs absolviert. Nähere Infos:
-
tika
<<
Auf geht’s.
Traut euch, Lehrlinge und absolviert die Ausbildung eine Zeit lang im Ausland.
Erfahrung.
Zu wenig Junge wissen, dass es Möglichkeiten gibt, die Ausbildung mit einem Auslandsaufenthalt zu kombinieren.
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