Tiroler Arbeiterzeitung - page 4

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Nr. 62, April 2014
THEMA:
RECHT & ALLTAG
Wenn Patienten den
Termin absagen…
Klargestellt.
Ein Patient, der einen Mundhygiene-Termin rechtzeitig absagt, muss nicht auch
einen vorsorglich eingetragenen Folgetermin absagen. Die AK half einem betroffenen Ehepaar.
I
m Sommer 2013 vereinbarte ein
Ehepaar einen Termin zur Mund-
hygiene bei einer Tiroler Zahnärztin
für den 2. September 2013. Gleichzeitig
wurde automatisch ein Folgetermin für
den 5. September 2013 vergeben. Eine
Woche vor dem geplanten Termin ver-
schoben die Patienten die Mundhygie-
ne auf Feber 2014 – und erhielten zur
großen Überraschung Honorarnoten
für „unentschuldigt nicht eingehaltene
Termine am 5. September 2013“ in der
Höhe von insgesamt 100 Euro.
Die Patienten versuchten das Miss-
verständnis zu klären – die Zahnärztin
wollte davon aber nichts wissen, wes-
halb sich das Ehepaar an die AK Tirol
wandte.
Da der Mundhygiene-Termin zeit-
gerecht verschoben wurde, waren die
AK Experten der Ansicht, dass die Lö-
schung des an den Haupttermin ge-
knüpften, automatisch eingetragenen,
aber vielleicht gar nicht notwendigen
Folgetermins der Praxis, und nicht dem
Patienten obliegt. Anzuzweifeln war
weiters, ob der Ärztin überhaupt ein
konkreter Schaden entstanden ist.
Da die Ärztin jedoch zu keiner ra-
schen und einvernehmlichen Lösung
bereit war, wandten sich die betrof-
fenen Konsumenten, vertreten durch
die AK, an die Patientenschlichtungs-
stelle bei der Landeszahnärztekammer
für Tirol.
AK Erfolg.
Die Schlichtungsstelle
schloss sich den Argumenten der AK
Konsumentenschützer an und emp-
fahl der Zahnärztin, die Forderung
auszubuchen. Schlussendlich verzich-
tete die Zahnärztin auf die geltend ge-
machte Forderung und der Fall konnte
für die Konsumenten positiv erledigt
werden.
Aber Achtung:
Grundsätzlich
kann bei nicht oder verspätet abge-
sagten Behandlungsterminen eine
Forderung des Arztes drohen, ob und
wenn ja, in welcher Höhe, richtet sich
nach den konkreten Umständen des
Einzelfalles.
<<
Informieren.
Im Zweifel gleich bei der Terminvereinbarung erkundigen, ob bzw.
bis wann der Arzttermin kostenlos abgesagt werden kann.
Neustart.
Pendler haben es schon hart genug. Lange Wege erhöhen ihre Arbeitszeit.
Sie brauchen klare Regelungen statt verwirrender und ungerechter Pauschalen.
D
as Chaos beim Pendlerrech-
ner (siehe Bericht rechts) zeigt
einmal mehr, dass die Pend-
lerpauschale in dieser Form überholt
ist. AK Präsident Erwin Zangerl: „Es
braucht ein einfaches, transparentes
und gerechteres Pendlergeld, das wirk-
lich hilft. Der Weg zur Arbeit wird
immer teurer, da brauchen die Arbeit-
nehmer eine finanzielle Unterstützung,
die sie entlastet. Die Pendlerpauschale
ist zu kompliziert und überholt. Noch
dazu bevorzugt sie Besserverdienende.
Ein gerechter Pendlerabsetzbetrag soll
im Zuge einer Steuerstrukturreform
angepackt werden. Es ist längst an der
Zeit, die Lohnsteuer für die Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer zu sen-
ken. Auch das Pendlergeld muss man
in diesem Zusammenhang verbessern.“
Verbesserungen erzielt.
Im Zuge der Reform der Pendlerför-
derung 2013 konnte die AK viele Ver-
besserungen für die Pendler erreichen:
Etwa die Einführung des sogenannten
Jobtickets, den anteiligen Anspruch
auf die Pauschale für Teilzeitbeschäf-
tigte und eine Erhöhung der Steuer-
gutschrift für jene mit niedrigerem
Einkommen.
Ungerechte Pauschale.
Doch die Pendlerpauschale als Freibe-
trag und die Unterscheidung zwischen
großer und kleiner Pendlerpauschale
ist geblieben. Sie ist kompliziert, hat
sich überholt und hat keine ökolo-
gische Lenkungswirkung. Noch dazu
steigt die Höhe der Pauschale je nach
Wegstrecke alle 20 km sprunghaft an.
Der 21., 41. oder 61. Kilometer wer-
den so unverhältnismäßig viel wert.
Einheitlich.
Die AK fordert daher
einen kilometerabhängigen Pendlerab-
setzbetrag, unabhängig von der Höhe
des Einkommens und unabhängig von
der Verkehrsmittelwahl, und statt dem
komplizierten Doppelsystem. 2013
wurde zusätzlich zum Pendlerpauscha-
le noch der Pendlereuro eingeführt.
Damit können sich Pendler so einmal
im Jahr einen Euro pro Kilometer des
Hin- und Retour-Arbeitsweges von der
Steuer abziehen lassen. Dieser kilome-
terabhängige Pendlereuro ist zwar ein
gerechter Beitrag für die Pendler und
somit ein richtiger Ansatz. Zusätzlich
zur Pauschale wird das gesamte System
so aber noch komplizierter. Die AK
fordert, dass der Pendlereuro aufge-
stockt wird und einen gerechten Aus-
gleich für die hohen Kosten für den
Arbeitsweg schafft, was vor allem den
mittleren und unteren Einkommen
zu Gute kommen würde. So soll er als
Pendlerabsetzbetrag die komplizierte
Pendlerpauschale ersetzen.
Der Vorteil.
Von diesem Pend-
lerabsetzbetrag hätten alle etwas, un-
abhängig von ihrem Einkommen. Im
Gegensatz dazu mindert die derzeitige
Pendlerpauschale die Lohnsteuerbe-
messungsgrundlage. Die Steuerent-
lastung ist damit abhängig vom Ein-
kommen – je höher das Einkommen,
desto größer die Entlastung.
Niedrigverdiener.
Arbeitneh-
mer, die keine Lohnsteuer zahlen,
sollten den Pendlerabsetzbetrag als
Negativsteuer ausbezahlt bekommen.
Die Verbesserungen für Teilzeitbe-
schäftigte durch die Reform der Pend-
lerpauschale 2013 sollen auch für den
neuen Pendlerabsetzbetrag gelten.
Und das sogenannte Jobticket soll
auch weiterhin lohnsteuerfrei sein.
Ein wichtiges Mittel, das den Umstieg
vom Auto auf die Öffis unterstützt.
Damit das noch besser gelingt, fordert
die AK auch weiterhin den Ausbau des
öffentlichen Verkehrsnetzes.
<<
Benachteiligt.
Tirols Pendler haben es besonders schwer. Lange Wege kosten Nerven und Geld und erhöhen die Arbeitszeit.
SERVICEPAUSCHALE
Illegal
verrechnet
D
ie Werbung von A1 klang
ja verlockend: Der Anbieter
hatte ein Kombipaket für Internet,
Handy und Festnetz um 19,90 €
pro Monat geschnürt, und das für
die gesamte Vertragsdauer oder
„ein Leben lang“. Wenige Jahre
später sahen sich aber A1-Kun-
den mit der Einführung einer jähr-
lichen Servicepauschale konfron-
tiert. Die AK klagte dagegen, und
das Höchstgericht gab ihr schließ-
lich Recht. Der OGH bestätigte in
seinem Urteil, dass die Internet-
Servicepauschale bei A1 bei jenen
Verträgen unzulässig ist, bei de-
nen mit gleichbleibendem Grund­
entgelt „auf die Vertragsdauer“
oder „ein Leben lang“ geworben
wurde, bzw. bei denen diese sogar
vertraglich vereinbart wurde. A1
darf diesen Kunden die Internet-
Servicepauschale in Zukunft nicht
mehr in Rechnung stellen. Die AK
fordert A1 auf, den betroffenen
Kunden die zu Unrecht verlangte
Internet-Servicepauschale zurück-
zuerstatten. Einen Musterbrief
gibt es unter ak-tirol.com
Faires Pendlergeld
statt Wirrwarr
Foto:DariaFiliminova/Fotolia.com
Pendler können sich in der AK über
alle Förderungen und Pauschalien
beraten lassen. Tel 0800/22 55
22-1466.
!
FÜR SIE ERREICHT
Rechner wird
jetzt geändert
D
er Pendlerrechner wird
geändert. Das hat das Fi-
nanzministerium auf Drängen
der AK zugesagt. In den vergan-
genen Wochen sind zahlreiche
Beschwerden bei den AK Ver-
kehrs- und Steuerexperten ein-
gegangen, weil der Rechner rea-
litätsfremde Fahrtrouten für die
Berechnung heranzieht, vielfach
zum Nachteil der Pendler.
Nun sollen grobe Mängel bin-
nen zwei Monaten beseitigt wer-
den. Damit die Pendler ihren An-
spruch auf die Pendlerpauschale
geltend machen können, ist vom
Finanzministerium vorgesehen,
dass sie bis spätestens Ende
September den entsprechenden
Auszug aus dem Pendlerrechner
dem Arbeitgeber vorlegen, der
als Basis für ihren Anspruch he-
rangezogen wird. Ergibt sich ein
höheres Pauschale als bisher
gewährt, wird es rückwirkend ab
1. Jänner 2014 aufgerollt. Auch
wenn Arbeitnehmer bei ihrem
Arbeitgeber den Ausdruck des
Pendlerrechners bereits abgege-
ben haben, können sie einen neu-
en Ausdruck abgeben, falls dieser
den Anspruch auf eine andere
Pendlerpauschale bescheinigt.
Das Beantragen der Pendlerpau-
schale ist weiterhin auch über
rückwirkend über das Finanzamt
im Rahmen der Arbeitnehmer-
veranlagung möglich.
Foto:ClaudiaNagel/Fotolia.com
AK Tipp:
Um Schwierigkeiten zu ver-
meiden, eine Verhinderung sofort
bekanntgeben und im Zweifel gleich
bei der Terminvereinbarung nachfra-
gen, ob bzw. bis wann der Termin ko-
stenlos abgesagt werden kann.
!
Foto:PhotographByMK/Fotolia.com
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