Tiroler Arbeiterzeitung - page 7

7
Nr. 62, April 2014
Von wegen faul.
Wer bei der Arbeit kleine Pausen einlegt ist leistungsfähiger,
weniger müde und kann mit Druck besser umgehen. Das belegt eine aktuelle Studie.
D
urchstrecken, kurz abschal-
ten, dann die nächste Aufga-
be erledigen. Wer mit seinen
Kräften haushalten kann, tut nicht
nur seiner Gesundheit Gutes, son-
dern auch seinem Arbeitgeber. Das
belegen nun auch erste Studien. For-
scher der MedUni Wien haben dafür
Krankenpflegerinnen und Kranken-
pfleger untersucht. Jene, die kleine
Pausen einlegten, hatten eine höhere
Leistungsbereitschaft und waren we-
niger müde.
Soviel Pause steht zu.
Wer
mehr als sechs Stunden am Tag ar-
beitet, hat Anspruch auf eine halbe
Stunde Pause, die im Interesse der
Arbeitnehmer oder aus betrieblichen
Gründen und mit Zustimmung eines
Betriebsrates in zweimal 15 Minu-
ten oder dreimal 10 Minuten geteilt
werden kann. Wer mehr als zwei
Stunden täglich ununterbrochen am
Bildschirm arbeitet, hat nach jeweils
50 Minuten Arbeit am Bildschirm
Anspruch auf 10 Minuten Pause oder
einen Tätigkeitswechsel, der die Bela-
stungen durch die Bildschirmarbeit
verringert.
Immer wichtiger.
Diese
Pausen werden mit steigenden Be-
lastungen immer wichtiger. Sie hel-
fen, mit dem Druck umzugehen.
„Es hängt jedoch stark von einem
selbst ab, ob und wie man während
der Arbeit auf Erholung achtet“, sagt
Gerhard Blasche, Erholungsforscher
am Zentrum für Public Health der
Medizinischen Universität Wien.
Für seine Studie untersuchte er, wie
sich Krankenpfleger zu Beginn und
am Ende einer 12-Stunden-Schicht
fühlten.
Leistungsbereit.
Dabei zeigte
sich, dass vor allem die Pausenselbst-
gestaltung den entscheidenden Un-
terschied macht: „Mitarbeiter, für die
Erholung einen höheren Stellenwert
hat, machen häufiger Pausen als jene
mit einer geringeren Erholungsori-
entierung. Doch am Ende des Tages
bringen mehr Pausen weniger Mü-
digkeit und eine höhere Leistungsbe-
reitschaft“, berichtet der Experte.
Das widerspricht der sonst in
Österreich recht häufig gepflegten
„Unkultur“, wenn Beschäftigte am
Arbeitsplatz statt einer Pause schnell
zwischendurch eine Jause vertilgen
– nur um bei Kollegen und Chef ja
nicht als faul zu gelten.
Produktiv.
Dabei hängt laut
Blasche gerade von einer guten Pau-
se ab, ob man bei der Sache ist, oder
seine Aufgaben nur unkonzentriert
erledigt. Für ihn besteht kein Zwei-
fel: Pausen steigern die Produktivität.
Und das deckt sich wiederum mit
den Ergebnissen US-amerikanischer
Studien, wonach mehr Arbeitspausen
Vorteile für alle Beteiligten, sowohl
für Arbeitnehmer, als auch für Ar-
beitgeber bringen.
Betriebsklima.
Blasche plä-
diert deshalb einerseits für ein pau-
senförderliches Betriebsklima und
andererseits für mehr Eigenverant-
wortung der Mitarbeiter: „In Zeiten
der flächendeckenden Fließbandar-
beit waren Arbeitspausen klar ge-
regelt. In der heutigen Dienstleis­
tungsgesellschaft ist zumindest der
theoretische Spielraum für Pausen
viel größer.“ Diese Autonomie gelte
es von Unternehmen und Mitarbei-
tern in beiderseitigem Interesse stär-
ker zu nutzen und zu fördern.
Denn leider lässt Angst um den
Arbeitsplatz noch immer viele auf die
Pause verzichten. Manche merken
oft gar nicht, dass sie am Rand zur
Erschöpfung stehen. Vor allem Men-
schen, die geistige Arbeit leisten, die
sich weniger „körperlich“ anfühlt, als
harte Arbeit mit den Händen.
<<
Pausen müssen sein.
Egal, ob auf der Baustelle oder im Büro. Pausen beugen
Erschöpfung vor und steigern Leistungsbereitschaft und Produktivität.
SIGNALE BEACHTEN
Wann der Körper
Auszeit braucht
N
ormalerweise verlangt der
Körper nach ca. 90 bis
120 Minuten Arbeit eine Pau-
se, um sich zu regenerieren. Er
macht sogar mit bestimmten
Erkennungs-Zeichen auf sein Er-
holungsbedürfnis aufmerksam.
Das Verlangen, sich zu recken
oder die Muskeln zu entspan-
nen, Gähnen oder Seufzen, Ap-
petit auf einen Imbiss, das Be-
dürfnis, zur Toilette zu gehen,
und das Abschweifen der Ge-
danken: Das alles sind Hinweise,
dass der Körper eine Pause be-
nötigt. Wenn Sie diese Zeichen
wiederholt ignorieren, kommt es
zu Stress.
Deshalb: Suchen Sie sich ein
ruhiges Plätzchen, strecken Sie
Arme und Beine aus und lassen
Sie Ihre Gedanken schweifen –
nach kurzer Zeit können Sie er-
frischt an die Arbeit gehen.
Ich bin dann mal
auf Pause
Alles
Vereinbarungssache
Gut zu wissen.
Laut Gesetz beträgt die Normalarbeitszeit 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden
pro Woche. Doch es gibt auch kürzere Arbeitszeiten und bei der Aufteilung viele Ausnahmen.
U
nter Arbeitszeit versteht man
die Zeit vom Beginn bis zum
Ende der Arbeit mit Ausnah-
me der Ruhepausen. Tages- bzw. Wo-
chenarbeitszeit ist die Arbeitszeit inner-
halb eines Zeitraumes von 24 Stunden
bzw. einer Kalenderwoche.
Das Gesetz geht von einer Normalar-
beitszeit von 8 Stunden pro Tag bzw. 40
Stunden pro Woche aus. Viele Kollek-
tivverträge sehen jedoch eine verkürzte
Normalarbeitszeit vor, z. B. 38,5 Wo-
chenstunden.
Ausnahmen.
Bezüglich der Ver-
teilung der Wochenarbeitszeit auf die
Arbeitstage gibt es viele Ausnahmen.
So ist eine tägliche Normalarbeitszeit
von 9 Stunden erlaubt, wenn dadurch
eine verlängerte Wochen(end)ruhe er-
reicht wird, etwa mit einem „kurzen
Freitag“. Weiters darf in Zusammen-
hang mit dem Einarbeiten von „Fen-
stertagen“ die tägliche Normalarbeits-
zeit im Zeitraum von 13 Wochen 10
Stunden pro Tag betragen. Bei zuläs-
siger Vereinbarung eines Durchrech-
nungszeitraumes, bei Vorliegen von
Arbeitsbereitschaft, Vereinbarung von
Gleitzeit etc. ist auch eine wöchent-
liche Normalarbeitszeit von mehr als
40 Stunden möglich.
Die Verteilung der Arbeitszeit ist
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitge-
ber zu vereinbaren.
Eine 40-Stunden-Woche kann
z. B. folgendermaßen eingeteilt wer-
den: Mit Arbeitszeiten von Mo bis Fr
von 8 bis 16.30 Uhr ODER von Mo
bis Do von 8 bis 17.30 und Fr 8 bis 12
Uhr (unter Festlegung einer 30minü-
tigen Mittagspause). Vereinbaren Sie
mit Ihrem Arbeitgeber schriftlich die
konkrete Verteilung der Arbeitszeit!
Ruhepausen sind aber grundsätzlich
keine Arbeitszeit und werden daher
nicht bezahlt!
<<
Die Verteilung
der Arbeitszeit ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vereinbaren.
THEMA:
ARBEIT & RECHT
Foto:SeanPavone/Fotolia.com
Foto:RobertKnescke/Fotolia.com
Besser kürzer
und häufiger
E
inige einfache Tipps helfen da-
bei, auch Ihren Arbeitsalltag zu
verbessern!
• Als Grundregel gilt: Nicht zu lange
durcharbeiten und spätestens
alle zwei Stunden eine kurze Pau-
se machen.
• Besser sind kürzere und dafür
häufigere Pausen: Ideal wären je-
weils fünf bis zehn Minuten nach
ein bis zwei Stunden Arbeit.
• Auch fixe Rituale können dabei
helfen, kurz abzuschalten und
neue Energien für die nächsten
Aufgaben zu tanken, z. B. wenn
man am Vormittag seine Obst-
pause oder ein, zwei kleine Kaf-
feepausen am Nachmittag ein-
hält.
• Warten Sie nicht so lange, bis
Sie vor lauter Erschöpfung nicht
mehr können. Denn dann ist es
eigentlich schon zu spät, weil der
Organismus lange braucht, um
sich zu erholen. Deshalb sollte es
am besten nach Abschluss einer
Arbeit oder spätestens bei er-
sten Ermüdungszeichen heißen:
Pause muss sein!
• Frischluft ist im Büro oft ein
Reizthema. Doch nicht nur Men-
schen verbrauchen Sauerstoff,
auch Kopierer, Drucker, PC und
jedes Notebook blasen die ent-
stehende Abluft zum Kühlen des
Geräts aus und verschlechtern
das Raumklima extrem. Aber
besser kein Fenster auf Dauer-
Kipp stellen. Das schafft Zug, auf
den viele Menschen empfindlich
reagieren. Stattdessen öffnen
Sie lieber alle zwei Stunden für
zehn Minuten das Fenster.
durchatmen
Foto:BarbaraMariaDamrau/Fotolia.com
Foto:Pixelot/Fotolia.com
1,2,3,4,5,6 8,9,10,11,12
Powered by FlippingBook