J
UNGE
&
B
ILDUNG
10
Nr. 92, Jänner 2017
L
ehrberufe imTouris-
mus sind für Junge
offensichtlich nur noch
wenig attraktiv. Dies
zeigte sich auch im Fach-
kräftemangel, denWK
und Tourismusbetriebe
beklagten, noch bevor die
Wintersaison begonnen hatte.
Dabei war die Entwicklung absehbar. Beim
Lehrlingsmonitoring von AK und ÖGB vor einem Jahr
etwa gaben viele Junge an, dass sie mit der Ausbil-
dung und letztlich mit der Berufswahl unzufrieden
sind. Und nur die Hälfte würde sich nochmals für den
Beruf entscheiden. Dass Beschäftigte imTourismus
auch dann arbeiten müssen, wenn andere frei haben,
kann nicht der einzige Auslöser sein. Denn in anderen
Branchen wird ebenso an Sonn- und Feiertagen oder
nachts gearbeitet. Die wahren Gründe sind längst
bekannt, z. B. wenig attraktive Ausbildung, mangeln-
deWertschätzung, niedrige Löhne, viele Überstunden,
die oft nicht bezahlt werden, Saisonarbeit, die sich
negativ auf die Pension auswirkt etc. Hier gilt es
gegenzusteuern. Denn es gibt viele Junge in Tirol, die
gern mit Menschen arbeiten und sich in Hotellerie
und Gastronomie usw. gut entfalten und tolle Arbeit
leisten könnten, wenn nur auch die Rahmenbedin-
gungen passen würden!
U
nzufriedene
Mitarbeiter, kaum
Perspektiven und wenig
Lohn – das sind die
traurigen Aussagen über
die Tourismusbranche.
Bestätigt werden sie durch
die schwindende Anzahl an
Tourismus-Lehrlingen innerhalb
von zehn Jahren. Die Branche bekommt jetzt die
Rechnung dafür präsentiert, dass in vielen Betrieben
Lehrlinge oft nur als billige Arbeitskräfte herhalten
müssen. Dabei gilt: Lehrlinge sind die Zukunft jeder
Branche! Deshalb muss der Arbeitsplatz für Jugendli-
che attraktiver gestaltet werden. Eine qualitativ hoch-
wertige Ausbildung ist notwendig, denn sie bildet das
Fundament für jede erfolgreiche Tätigkeit. Deswegen
ist es wichtig, dass Tourismus-Lehrlinge mehr Zeit
in der Berufsschule bekommen.Wir verlangen eine
Ausweitung auf zumindest zehnWochen. Auch der
Lohn muss angepasst werden, denn Lehrlinge im
dritten Lehrjahr bekommen imTourismus lediglich
850 Euro, imHandel beispielsweise dagegen 1.020
Euro! Lehrlinge haben auch ein Recht auf Karrie-
remöglichkeiten, zudemmuss es eine deutlich verbes-
serte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geben.
Für die Zukunft gilt ganz klar: Nur wer qualitativ gut
ausbildet, hilft der Branche nachhaltig.
I
n Tirol gibt es im
Tourismus wesentlich
mehr offene Lehrstellen
als Interessenten. Auch
in den Tourismusschu-
len geht es meistens
darum, die Matura zu
machen und dann etwas
anderes zu studieren. Gerne
werden die Arbeitsbedingungen in der Tourismus-
wirtschaft als Begründung herangezogen, dass eine
Lehre im Tourismus nicht attraktiv ist, aber vielleicht
haben wir auch ganz einfach zu viele Arbeitsplätze
im Tourismus. Heutzutage sind die Menschen
bemüht, in einem Job zu arbeiten, der sie interes-
siert, der Spaß macht und erfüllt. Jene, die dies im
Tourismus finden, machen sowieso eine Lehre oder
arbeiten in dieser Branche. Alle anderen sind lieber
Gäste und Nutzer.
Es bleibt deshalb nichts anderes übrig, als die
fehlenden Lehrlinge mit Jugendlichen aus anderen
Gegenden und Ländern aufzufüllen. Die Betriebe
sollten sich zuerst einmal für eine europaweite Wer-
beaktion – auch unter den Flüchtlingen – zusam-
mentun. Den Angeworbenen müssen neben einer
ordentlichen Unterkunft dann vor Ort zusätzliche
Hilfen wie Sprachkurse oder Gemeinschaftsaktivi-
täten angeobten werden.
L
ehrjahre sind keine
Herrenjahre: Dieser
Spruch passt auf Lehr-
linge im Tourismus. Un-
dankbare Arbeitszeiten
und hohe Belastung
sind wahrscheinlich auch
ein Grund dafür, dass es
um diese Lehrstellen kein
„G`riss“ gibt. Dass im Tourismus Personal benötigt
wird, kann man nicht dem Arbeitskräftemangel
zuschreiben. Im November 2016 gab es 12.539
Personen als vorgemerkte Arbeitslose bei 1.193
offenen Stellen im Bereich Gastgewerbe, Beher-
bergung und Gastronomie in Tirol (lt. AMS Tirol).
Die Argumentation der Tourismusbetriebe, dass
man „passendes Personal“ braucht, ist auch nicht
nachvollziehbar. Aufgrund der Tatsache, dass viele
Betriebe die Lehrlingsausbildung aufgegeben ha-
ben, sollten sich diese Betriebe fragen, ob nicht ein
Umdenken angesagt ist. Es gilt, die Lehrberufe im
Tourismus für Jugendliche attraktiver zu gestalten
und in Sachen Personalzufriedenheit neue Wege zu
finden. Tirols Tourismusbetriebe müssen sich ihrer
Verantwortung stellen, als regionale Arbeitgeber
und Teil der Tiroler Gesellschaft, der vom Tourismus
profitiert – im Gegensatz zu all jenen, die dadurch
höhere Lebenshaltungskosten haben.
Es braucht nur faire
Rahmenbedingungen
Bessere Qualität in
der Ausbildung hilft
Tourismus: Wir
haben ein Problem...
Betriebe müssen
neue Wege suchen
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Grüne in der AK
Freiheitliche
Arbeitnehmer in der AK
Erwin Zangerl,
AK Präsident
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
H
änderingend su-
chen Tirols Tou-
rismusbetriebe
nach Fachper-
sonal. Dabei absolvie-
ren derzeit etwa tausend
junge Menschen eine
Lehre als Koch, Restau-
rantfachkraft oder Ho-
tel- und Gastgewerbeas-
sistent.
Doch das Fachkräfte-
problem bleibt und die
Situation verschärft sich
von Jahr zu Jahr, denn
viele der jungen Fachar-
beiter kehren der Bran-
che den Rücken. Kein
Wunder, kommen Lehr-
linge doch über Gebühr
zum Handkuss, was sich an-
gesichts der Personalknappheit
nicht ändern wird. Dass dabei
oft gegen geltendes Recht ver-
stoßen wird, ist für eine Lösung
des Fachkräftemangels alles
andere als hilfreich.
Gemeinsam
Probleme lösen
Mein Kind
in der Lehre
Tipps zur
Lehrplatzsuche
ZUKUNFT DER LEHRE IM TOURISMUS
AK FRAKTIONEN ZUM THEMA
AK INTERVENTION
JETZT ANMELDEN
Tourismus.
Der Personalmangel führt dazu, dass
Lehrlinge oft um ihre Rechte gebracht werden.
W
enn es in einem Lehrbetrieb Pro-
bleme gibt, suchen viele Jugendliche
meist ihr Heil imAbbruch der Ausbildung.
Dass dies oft der falscheWeg ist, zeigt ein Fall,
der sich in einem Innsbrucker Hotel zutrug.
Zwei junge Frauen sprechen diesbezüglich in
der AK Jugendabteilung vor. Sie beschweren
sich über fehlende Ausbildungsinhalte als
Köchin bzw. Restaurantfachfrau sowie über
einen Kollegen, dessen Annähe-
rungsversuche den Tatbestand
der sexuellen Belästigung
erfüllen. Die beiden Lehrlinge
wollen ihren Arbeitsplatz
jedoch nicht wechseln und
hoffen, mit Hilfe der AK ihre
Situation am Lehrort ver-
bessern zu können. Dass
das Anliegen der beiden
ein positives Ende fand,
lag an zwei Faktoren:
Erstens war die Beweisla-
ge im Fall der sexuellen
Belästigung klar, zumal
auch weitere Lehrlinge
des Betriebs als Zeugen
auftraten. Zweitens: Der
Lehrbetrieb ging nicht
in die Defensive, sondern
nahm die Ausführungen
seiner jungen Mitarbeiterinnen
ernst und stellte die Ausbildung unver-
züglich um. Zudemwurde der Kollege
abgestraft.Was folgte, war ein konstruk-
tiver, gemeinsamer Neubeginn. Ein
Fall, der positiv stimmt und zeigt –
wird ein Problem gemeinsam und
vernünftig angegangen, ist eine
sinnvolle Lösung, von der alle
Beteiligten profitieren, möglich.
D
amit auch Sie als Eltern Ihr Kind
bei der Ausbildung bestmöglich
unterstützen können, präsentieren Ih-
nen die Experten der Jugendabteilung
am
Montag, 16. Jänner, ab 18.30 Uhr
in der AK Tirol in Innsbruck, Maximi-
lianstraße 7
, die wichtigsten Informa-
tionen zur Lehrlingsausbildung. Die
Themen: Rechte und Pflichten aus
dem Lehrverhältnis, Eltern als Partner
im Lehrverhältnis, Mit der Lehre zum
beruflichen Erfolg, Lösungswege bei
Schwierigkeiten sowie Förderungen
und Unterstützungen. Gleich anmel-
den unter 0800/22 55 22 – 1566 oder
jugend@ak-tirol.comW
elchen Beruf will ich erlernen,
welcher Lehrbetrieb ist für mich
geeignet? Diese Fragen sind für junge
Menschen immer wieder eine große
Herausforderung. Deshalb veranstaltet
die
AK Tirol in Innsbruck, Maximilian-
straße 7, am Mittwoch, 22. Februar,
um 18.30 Uhr
speziell für Jugend-
liche und Eltern einen kostenlosen
Abend zum Thema
„Welcher Lehrplatz
ist der richtige? Tipps und Infos zur
Lehrplatzsuche“
. Experten von AK, BFI
und Berufsschule sowie Ausbilder
aus der Praxis bieten dabei wertvolle
Unterstützung. Anmeldung erforder-
lich unter 0800/22 55 22 – 1566 oder
jugend@ak-tirol.comAusbildungmit
Hindernissen
Die AK hilft.
Bei Problemen
in der Lehre sofort an die AK
Jugendexperten wenden!
Das gilt.
So dürfen jugendliche
Lehrlinge keine Überstunden leis-
ten. Doch die eklatante Perso-
nalknappheit lässt befürchten, dass
die ungesetzliche Mehrbeschäfti-
gung von Jugendlichen in unge-
ahnte Höhen steigt. Rechtlich gilt:
Auch verbotenerweise geleistete
Überstunden sind abzugelten und
zwar mit einem Zuschlag von 50 %.
Ist ein Lehrling bereits über 18
Jahre, ist als Bemessung für die
Überstundenentlohnung „der nied-
rigste im Betrieb bezahlte Fach-
arbeiterlohn“ heranzuziehen. Mit
anderen Worten: Überstunden von
volljährigen Lehrlingen sind minde-
stens 13 Euro brutto wert! Was noch
zu bedenken ist: Nur lückenlos und
leserlich geführte Aufzeichnungen
der geleisteten Arbeitszeit eröffnen
eine Chance auf die Geltendma-
chung der erbrachten Überstunden!
Zudemmüssen Überstunden binnen
vier Monaten nach ihrer Leistung
schriftlich eingefordert werden, an-
sonsten verfallen die Ansprüche.
Alle Fragen zu diesem Thema be-
antwortet die AK Jugendabteilung
unter 0800/22 55 22 – 1566 bzw.
jugend@ak-tirol.com.Foto: Di Studioe/Fotolia.com