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OSITIONEN
10
Nr. 99, September 2017
K
eine moderne Gesell-
schaft kann es sich
leisten, in der Berufswelt
auf die Ideen, die Energie
und die Kreativität der
Hälfte der Bevölkerung zu
verzichten.
Umso wichtiger ist es, Pro-
bleme beimWiedereinstieg zu
verringern und möglichst zur Gänze zu beseitigen. Das
ist ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung von Frauen
und Männern. Gleichstellung steigert den Wohlstand
einer Gesellschaft insgesamt, nicht nur weil stärker
erwerbstätige Frauen auch mehr zur Finanzierung des
Gemeinwohls beitragen können.
Frauen sind heute besser gebildet als je zuvor.
Gelingt der Wiedereinstieg nach einer Kinderpause
besser, bleiben die Qualifikationen von Frauen auch
erhalten. Andererseits bietet die Berufsunterbrechung
eine Chance, mehr oder höhere Qualifikationen zu
erlangen. Beides müsste im Sinne der Wirtschaft sein,
denn gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen sind einer
der wichtigsten Pfeiler für den Wirtschaftsstandort.
Vor allem ist Gleichstellung aber notwendig für die
Frauen selbst. Denn berufliche Gleichstellung bringt
mehr Freiheit für Frauen, ihr Leben ohne finanzielle
Abhängigkeit von einem Partner so zu gestalten, wie
sie es wünschen.
F
rauen werden
immer noch in
vielen Bereichen des
Arbeitslebens benach-
teiligt. Sie verdienen
bei gleicher Leistung
weniger als Männer,
sind oft zur unfreiwilligen
Teilzeitarbeit gezwungen
und müssen vergleichsweise viel mehr leisten,
wollen sie Karriere machen. Vielfach haben sie auch
noch die zusätzlichen Belastungen durch Familie
und Haushalt zu tragen. BeimWiedereinstieg der
Babypause fehlen speziell am Land oft ganztägige
Kinderbetreuungseinrichtungen, besonders auch
für Schulkinder und in den Ferien. Arbeit in Teilzeit
bedeutet oft nicht nur ein geringeres Einkommen,
sondern es muss oft auch in der wenigeren Zeit
mehr Leistung gebracht werden. Es braucht deshalb
Änderungen in den Kollektivverträgen, wo z. B. die
Bezahlung in Branchen mit hohem Frauenanteil
besser werden muss, ein Recht auf Vollzeit- nach
einer Teilzeitbeschäftigung und frauenspezifische
Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote ein-
geführt werden müssen. Und die Politik muss wirk-
same gesetzliche Maßnahmen und Regelungen
setzen, damit endlich für Frauen und Männer gilt:
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“
E
s gibt natürlich
mehrere Gründe,
warum Frauen ihren
Beruf unterbrechen:
Pflege in der Familie,
Ortswechsel, meistens
aber ist es der Wunsch,
eine Familie zu gründen.
Nach der Unterbrechung ist
der Wiedereinstieg jedoch beschwerlich. Stichwort
Kinderbetreuung: Die Freiheitlichen Arbeitnehmer
Tirol fordern hier Politiker auf Bundes-, Landes- und
Gemeindeebene auf, Kinderbetreuung zu ermög-
lichen, die sich den Bedürfnissen der arbeitenden
Frauen anpasst. In den Ferien Betreuungsein-
richtungen zu schließen oder Öffnungszeiten zu
reduzieren, ist sicherlich nicht der richtige Weg.
Stichwort Altersarmut: Von ihr sind meistens
Frauen betroffen. Hier haben auch Unternehmen
eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.
Flexibilität wäre hier angesagt, aber bitte nicht jene
Flexibilität, die sich so mancher Firmenchef in Bezug
auf Arbeitszeiten vorstellt, sondern den Möglich-
keiten der Frauen angepasst. Mit Vollzeitarbeit und
monetärer Anrechnung von Erziehungszeiten kann
gegen die Altersarmut angegangen werden. Denn
berufliche Wiedereinsteigerinnen auf allen Ebenen
zu unterstützen, ist ein Gebot der Stunde!
Gleichstellung steigert
unser allerWohlstand
Gleicher Lohn für
gleiche Arbeit!
Wiedereinstieg muss
unterstützt werden
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Grüne in der AK
Freiheitliche
Arbeitnehmer in der AK
Erwin Zangerl,
AK Präsident
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
D
ie gute Nachricht
gleich vorneweg:
Die Beteiligung
von
Männern
an der Kinderauszeit
ist deutlich gestiegen.
Dies zeigt eine Studie
der AK zum Thema
Wiedereinstieg nach der
Babypause. Lag die Quote der
Männerbeteiligung im Jahr
2006 bei lediglich 6 %, stieg
sie bis 2014 auf rund 14 %.
Trotz dieser positiven Ent-
wicklung hinken Tirols
Männer in puncto Kinder-
auszeit jedoch hinter dem
österreichischen Bun-
desschnitt zurück und
zwar um 4 %.
Der positive Trend,
dass mehr Männer
in die Kinderauszeit
wechseln, muss jedoch
auch kritisch betrachtet wer-
den. Denn was in erster Linie
steigt, sind Auszeiten bis zu maximal
drei Monaten (2009: 1,2 %; 2014: 6,3
%). Die ohnehin niedrige Quote von
Vätern, die eine Kinderauszeit über
sechs Monate in Anspruch nehmen,
sank hingegen von 1 % im Jahr 2006
auf 0,4 % im Jahr 2014. Damit scheint
die klassische Rollenverteilung nach
wie vor erhalten zu bleiben: Zwar neh-
men Männer Erwerbsunterbrechungen
zwecks Kinderbetreuung vermehrt in
Anspruch, allerdings nur für eine zu
kurze Bezugsdauer, als dass sich da-
hinter eine tatsächliche Teilhabe an der
Kinderbetreuung vermuten lässt.
Einkommensschere.
Wenig erfreu-
lich vor diesem Hintergrund sind auch
die Erwerbsaussichten nach der Kinder-
auszeit, und zwar für beide Geschlech-
ter: Denn nach der Kinderauszeit wird
weniger verdient als ursprünglich. So
können die wenigsten Frauen ab dem
vierten Jahr nach Ende der Auszeit
wieder annähernd an die Vorsituation
anschließen
(siehe li.)
. Männern gelingt
das zwar früher, dennoch ist davon aus-
zugehen, dass vor allem nach langer
Kinderauszeit nicht generell derselbe
Verdienst erreicht wird, wie zuvor.
Völlige Schieflage
beim Einkommen
FRAUEN UND WIEDEREINSTIEG
AK FRAKTIONEN ZUM THEMA
ANALYSE
Kinderauszeit.
Eine AK Studie zeigt: Die
klassische Rollenverteilung bleibt, die Zahl
der Väter, die länger beim Kind bleiben, sinkt.
Väter und Kinderauszeit.
Nur ein
geringer Teil der Tiroler nimmt länger-
fristige Kinderauszeiten in Anspruch.
Foto: All king of people
/Fotolia.comD
ie ohnehin großen Unterschiede bei
den Einkommen von Männern und
Frauen werden durch die Kinderauszeit
zusätzlich verschärft. Die AK Studie
weist nach, dass Frauen nach der
Kinderauszeit imVergleich zur
Situation davor mit sichtbar
niedrigeren Monatslöhnen
zurechtkommen müssen,
als Männer. ImVergleich
zum gesamten Bun-
desgebiet finden sich
gerade in Tirol verstärkte
Einkommensun-
terschiede. Diese
bestehen bereits vor
der Kinderauszeit,
wenn sie auch nicht
so markant sind, wie
nach Rückkehr in die
Erwerbstätigkeit. So
verfügen rund 51 % der Tirole-
rinnen vor der Babypause über einen
Monatslohn von 2.000 Euro brutto (Zah-
len für 2007), bei Tirolern sind es 68 %. In
den ersten zwei bis drei Jahren nach der
Kinderauszeit spielt vor allem der hohe
Anteil an Frauen ohne Beschäftigung eine
maßgebliche Rolle für die großen Gehalts-
unterschiede. Im achten Jahr kann dies
aber nicht mehr als Hauptgrund gelten. In
diesem Zeitfenster können lediglich
18 % der Tirolerinnen, hingegen 64 %
der Tiroler mit Kinderauszeit wieder auf
ein Monatseinkommen von 2.000 Euro
brutto und mehr zurückgreifen. Diese Dif-
ferenz bleibt auch nach dem achtjährigen
Beobachtungszeitraum von 2006 – 2014
nicht nur bestehen, sondern verschiebt
sich weiter zu Ungunsten der Frauen.
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F
rauen wollen nicht
zweite Wahl auf dem
Arbeitsmarkt sein. Und
das völlig zu Recht!
Trotzdem bedeutet der
Wiedereinstieg nach der
Babypause für weibliche
Arbeitnehmerinnen eine
große Herausforderung, mas-
sive Nachteile sind für viele an der Tagesordnung.
Die FSG fordert schon lange eine bessere Verein-
barkeit von Berufs- und Privatleben. Viel hängt von
den Rahmenbedingungen im familienpolitischen
Bereich ab: die Möglichkeit der Berufstätigkeit mit
einem eigenen Einkommen, soziale Absicherung
und damit ein selbstbestimmtes Leben. Um das zu
ermöglichen, muss ein flächendeckender Ausbau
von ganztägigen und leistbaren Kinderbetreuungs-
angeboten und Ganztagesschulen vorangetrieben
werden – und das nicht nur in den Ballungsräumen,
sondern auch im ländlichen Bereich. Nur so ist für
Frauen eine existenzsichernde Vollzeitbeschäfti-
gung möglich. In Zeiten, wo das Ausbildungsniveau
sehr hoch ist, darf Berufstätigkeit und Familie kein
Widerspruch sein! Hier muss auch ein Umdenken
der Wirtschaft stattfinden. Schließlich profitiert auch
sie von der Kaufkraft und der Zufriedenheit der
Mitarbeiterinnen.
Berufs- & Privatleben
müssen vereinbar sein
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen, FSG
Christian Hauser,
Fraktionsvorsitzender
Zu wenig Zeit
fürs Baby