P
OLITIK
&
G
ESELLSCHAFT
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Nr. 73, April 2015
Ein Leben für Tirol
Wir gratulieren Fritz Dinkhauser zum 75. Geburtstag.
Im TAZ-Interview spricht er offene Tiroler Themen an.
TAZ: Wo müsste Ihrer Meinung
nach ein Umdenken stattfinden?
Fritz Dinkhauser:
Es bräuchte end-
lich einen Rechtsanspruch auf Ar-
beit und Beschäftigung. Dann ein
Recht auf Bildung und natürlich
ein Recht auf Wohnen. Diese drei
Rechte gehören gesetzlich ver-
ankert. Wenn man Milliarden für
Unsinnigkeiten ausgibt, dann muss
es möglich sein, Geld für die Men-
schen zur Verfügung zu stellen, die
es notwendig für eine Ausbildung
oder eine ordentliche Wohnung
brauchen. Besonders bedenklich
ist, wie angesichts der zahlreichen
Finanzskandale die Menschen im
Land zur Kasse gebeten werden.
Das ist einfach unverschämt.
TAZ: Wo würden Sie ansetzen?
Dinkhauser:
Es gäbe genug An-
sätze, wie man Abhilfe schaffen
könnte. Ich erinnere nur an die
Bildungsstudie der AK, die zeigte,
dass über 1.000 junge Leute im Jahr
ohne Schul- und Berufsabschluss
bleiben, das ist völlig inakzeptabel.
Und daraus ist auch die Forderung
entstanden, dass kein Tiroler ohne
Bildungsabschluss sein darf und
dass der Klassenunterschied bei
diesem Thema abgeschafft werden
muss. Aber die politisch Verant-
wortlichen liefern hier ein völliges
Armutszeugnis ab. Das Schlimmste
ist aber das Problem der Arbeitslo-
sigkeit, hier läuft viel falsch, auch
Tirol hat leider abgewirtschaftet.
Man sieht das auch an der „Flucht
der Köpfe“ und daran, dass sich
Unternehmen nicht gerade darum
reißen, sich in Tirol anzusiedeln.
TAZ: Was ist Ihre Ansicht zum
Thema teures Wohnen in Tirol?
Dinkhauser:
Auch bei diesem The-
ma war die AK immer vorne da-
bei, wenn es um Vorschläge und
Konzepte ging. Sie hat ja mit ihrer
jüngsten Resolution den Finger in
die offene Wunde gelegt und drängt
darauf, dass endlich Bewegung in
das Thema kommt. Es kann doch
nicht sein, dass permanent Mittel
gehortet werden oder in die fal-
schen Kanäle fließen, anstatt sie
für eine längst überfällige Bauof-
fensive zu verwenden. Man könnte
jetzt die Gunst der Stunde nutzen
und auf die Millionen pochen, die
auf Bundesebene für den Wohn-
bau zur Verfügung gestellt werden.
Aber es passiert wiederum nichts,
obwohl ein Mehrangebot auch die
Preise senken würde.
TAZ: Wie sehen Sie die Entwick-
lung unserer Gesellschaft?
Dinkhauser:
Leider bestimmen
nach wie vor einzelne Gruppen, wo
es langgeht, die Politik hat sich hier
zum Erfüllungsgehilfen meist ganz
persönlicher Interessen gemacht.
Das zeigt auch, warum die Bür-
ger nichts zu sagen haben, und das
bedrückt mich sehr. Denn es wäre
so wichtig für das Land, wenn es
wehrhafte Leute geben würde, die
auch von ihrem Recht zu wählen
Gebrauch machen. Der Mut zum
Risiko hat dieses Land groß ge-
macht, der Mut zum Gestalten und
um das Land vorwärts zu bringen.
Dieser Mut geht mir heute ab. Die
Wiedereinführung der Wahlpflicht
ist mir dabei ein besonderes An-
liegen. Die Menschen dürfen nicht
vergessen, wie schwer es war, ein
Recht auf Wahlen durchzusetzen,
und sie dürfen nicht auf ihr demo-
kratisches Grundrecht verzichten
und in Resignation verfallen. Da-
durch profitieren immer nur die, die
am stärksten sind, und so verändert
sich natürlich nichts im Land.
Fritz Dinkhauser.
„Ich frage mich heute oft, wo die christlichen und sozialen
Wurzeln mancher Politiker geblieben sind.“
„Es bräuchte Politiker
mit größeren Köpfen
und nicht welche
mit langen Fingern.“
Fritz Dinkhauser
31. Juli -
15. August
2015
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er OperettenSommer Kufstein
ist bereits seit Jahren Garant für
beste Unterhaltung und bietet auch
heuer wieder ein musikalisches
Highlight: Mit Ralf Benatzkys Revue-
Operette „ImWeißen Rössl“ steht
ein wahrer Evergreen und eine der
erfolgreichsten Operettenprodukti-
onen aller Zeiten auf dem heuri-
gen Spielplan. Melodien wie „Im
Weißen Rössl amWolfgangsee“, „Es
muss was Wunderbares sein“ oder
„Was kann der Sigismund dafür“
gingen – auch aufgrund zahlreicher
Verfilmungen – um die Welt und
bezaubern noch 85 Jahre nach der
Uraufführung das Publikum. Gerade
in der beeindruckenden Kulisse der
Festung Kufstein wird das Erfolgs-
stück rund um den Zahlkellner Leo-
pold ein besonderes Erlebnis wer-
den, wenn er sich in die Rössl-Wirtin
Josepha Vogelhuber verliebt und
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sich gewinnen kann. Dafür werden
auch das spielfreudige Ensemble,
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für Grenzgänger
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AK Reutte
veranstaltet am
Montag, 11. Mai, um 19 Uhr
einen
kostenlosen Infoabend für Grenzgänger
zwischen Tirol und Bayern und solche, die
diesen Schritt wagen möchten. Interes-
sierte erfahren das Wichtigste aus ar-
beits-, sozial- und steuerrechtlicher Sicht
dies- und jenseits der Grenze. Darüber
hinaus wird über die Möglichkeit der In-
anspruchnahme von Familienleistungen
in zwei Staaten und über die Jobsuche
im Nachbarstaat informiert. ImAnschluss
werden Fragen beantwortet und die
Expertinnen und Experten stehen für Ein-
zelgespräche zur Verfügung. Anmeldung
erforderlich unter 0800/22 55 22 – 3650
oder
reutte@ak-tirol.comINTERNATIONAL
CHECK
TAZ: Könnte man Tirol wieder
auf die Überholspur bringen?
Dinkhauser:
So, wie es derzeit
läuft, sicher nicht. Ich vermisse Vi-
sionen und Perspektiven, etwa eine
Tirol-Agenda 2015 – 2050. Man
müsste doch alle einladen, gemein-
sam an einem Strang zu ziehen,
um dem Land wieder Impulse zu
geben. Wo sind die politischen Lö-
sungen auf die brennenden Fragen
zumWohnen, zur Bildung oder zur
Arbeit? Hier frage ich mich oft, wo
die christlichen und die sozialen
Wurzeln mancher Politiker geblie-
ben sind. Es kann nicht sein, dass
sich das politische Selbstbewusst-
sein im Land auf den Torso Bren-
nerbasistunnel beschränkt, wo die
Zulaufstrecken fehlen und Milli-
arden verschleudert werden, ohne
zu wissen, was das Projekt bringen
wird. Man sieht aber an diesem
Beispiel, dass Geld da wäre, es ist
nur völlig falsch verteilt und versi-
ckert in den falschen Kanälen. Das,
was für die Menschen letztlich üb-
rigbleibt, ist viel zuwenig.
TAZ: Was sind Ihre Wünsche
für die Zukunft des Landes?
Dinkhauser:
Wir brauchen Pers-
pektiven und müssen dem
Land wieder Mut machen,
denn in punkto Entwicklung
sind wir im europäischen Ver-
gleich enorm zurückgefallen.
Früher hat man Österreich
als Musterbeispiel in Europa
herumgereicht, mittlerweile
sind wir auf dem besten Weg,
das komplette Gegenteil zu wer-
den. Um das zu ändern, bräuchte
es aber auch Politiker mit größe-
ren Köpfen und nicht welche mit
langen Fingern. Politiker müssen
sich wieder zum Bürger hin ori-
entieren, sie müssen sich für die
Probleme der Menschen einsetzen
und dafür sorgen, dass Österreich
bei Wirtschaft, Arbeit oder Bildung
wieder eine Zukunft hat. Hier liegt
meine Hoffnung weiterhin auf dem
positiven Wirken der Arbeiterkam-
mern, die ich nach wie vor als Fels
in der Brandung sehe, wenn es um
die Anliegen der Menschen geht.
F
ritz Dinkhauser, geboren am 16. April
1940 in Innsbruck, begann seine po-
litische Laufbahn 1964 als Landessekre-
tär der jungen Generation der ÖVP Tirol.
1971 wurde er Landessekretär des AAB
Tirol. Von 1984 bis 1993 war Dinkhauser
Obmann der Tiroler Gebietskrankenkas-
se. Seit 1979 war er Kammer-
rat in der Arbeiterkammer für
Tirol, wo er ab 1985 Vizepräsi-
dent und von 1991 bis 2008
Präsident war. 1993 erlangte
Dinkhauser den Posten des
Vizepräsidenten der Bundesar-
beitskammer und wurde 1994
Fraktionsvorsitzender des
ÖAAB. Von 2005 bis 2008 war er zweiter
stellvertretender Vorstandsvorsitzender
des Hauptverbandes der österreichi-
schen Sozialversicherungsträger. 2008
gründete Dinkhauser die Liste Fritz
Dinkhauser–Bürgerforum Tirol, mit der
er zur Tiroler Landtagswahl antrat und
18,35 % der Stimmen erhielt. Mit der
Gründung des Bügerforums erlosch
auch Dinkhausers Mitgliedschaft in der
ÖVP. Nach der Landtagwahl 2013 über-
gab Dinkhauser die Klubobmannschaft
an Andrea Haselwanter-Schneider, gilt
jedoch nach wie vor als graue Eminenz
der Tiroler Politik.
ZUR PERSON