Anhang
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gleichberechtigt und auch zu gleichen Löhnen (lacht) teilzunehmen und damit auch nicht mehr ausgeliefert
zu sein einem Ehemann, der vielleicht gar nicht so nett ist zu ihr. Es kann sein, dass das eine Ursache war,
dass sich die Väter irgendwann besonnen haben. Ich will ja auch Zeit mit meinen Kindern haben, warum
dürfen denn nur Frauen in Karenz gehen. Also diese ganzen Rechte, die die Frauen sich erstritten haben, die
machen da sicher auch etwas aus. Und es ist ein Generationenwechsel, die Aufbaugeneration nach dem
Krieg und diese Kriegs… in Europa hat man immer nur Krieg gehabt. Der 2. Weltkrieg, davor war der
1. Weltkrieg und davor diese, diese unzähligen Scharmützel, dann ja ich glaube, dass das
Friedensbewusstsein, dass da sehr viel von dem hineinkommt, dass jetzt in Europa wirklich auch der
Wunsch nach Friede da ist und damit auch diese Kriegerfixiertheit der Männer ein bisschen abnimmt.
I: Sie glauben also, dass diese Friedenssituation, die wir seit dem 2. Weltkrieg in Europa so lange gehabt haben
wie noch nie, wie Sie richtig gesagt haben, und vielleicht damit einhergehendem Wohlstand, dass das mit…
M: Der Wohlstand ist auch die Ursache dafür, dass man sich das leisten kann die Karenz. Ich vergleiche das
gerne mit traditionellen Kulturen: Da hat man sich das leisten müssen. Weil wenn du für die
Kinderbetreuung keine Zeit hast, dann gibt es keine nächste Generation und das, was da notwendig war,
betrachten wir in unserer Gesellschaft als Luxus, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das
Wichtigste, was du als Mensch machen kannst, ist Kinder in die Welt setzen und Kinder groß zu ziehen. Das
ist das Wichtigste, und dass wir uns das in der Gesellschaft ermöglichen, dass das auch wirklich geht ohne,
dass du gleich in der Armutsfalle bist, das betrachten wir als Luxus und in traditionellen Gesellschaften war
das selbstverständlich, das war einfach anders. Ich glaube, das kann man so sagen, davon bin ich überzeugt.
Und es sind auch viele Strömungen derzeit in der Gesellschaft, es findet ein Abrücken von der katholischen
Kirche statt, die auch sehr stark den Mann in den Vordergrund gestellt hat und die Frau als Ursache aller
Sünde. Es findet aber trotzdem ein Hin zu mehr Spiritualität statt, die halt nicht kirchengemacht ist. Es sind
halt wahnsinnig viele Strömungen derzeit in der Gesellschaft, die in diese Richtung gehen. Wo man das
Bisherige, den bisherigen Trott in Frage stellt.
I: Das horcht sich alles sehr positiv an, an und für sich?
M: Das bewerte ich als durchaus positiv. Im Grunde als längst fällig, als höchst an der Zeit und für unsere
Gesellschaft wahnsinnig wichtig. Ja so ist, also wir können insgesamt nur davon profitieren und gewinnen.
Was mich ein bisschen schockiert hat mit an sich sehr aufgeschlossenen Leuten einer älteren Generation,
die es einen Wahnsinn finden, dass man bei uns zwei Jahre daheim bleiben kann nach der Geburt, der Job
bleibt einem, da denke ich mir, wo sind eure Prioritäten, oder was de facto lässt sich ja alles regeln. Es ist
nichts ein Problem, es ist auch diese ständige Angst der Arbeitgeber oder Vorgesetzten, dass Frauen in
Karenz gehen, ist vollkommen unbegründet. Weil nichts weiß ich früher, jetzt kann ich mich so frühzeitig
einstellen, wie auf so was, das weiß ich mindestens sechs Monate im Vorhinein. Wenn ein Mann aufsteigt
zu höheren beruflichen Weihen, dann ist er von heute auf morgen weg, das ist so, das ist aber überhaupt
kein Problem oder auch wenn eine Frau sich auf einen höheren Posten bewirbt, die ist für diese Einheit, ob
öffentlicher Dienst oder Privatwirtschaft ist völlig egal, für den Arbeitsplatz ist sie weg oder er, von heute
auf morgen, das ist überhaupt kein Problem. Mit dem kann man wunderbar umgehen, aber mit der Karenz
von Frauen oder Männern kann man nicht umgehen. Also das werde ich nie begreifen, das ist nur, weil es in
den Köpfen nicht Platz hat aus meiner Sicht. Das muss in den Kopf rein von den Leuten und dann ist es kein
Problem mehr, weil de facto ist es kein Problem. Wir leben mit täglichen Veränderungen.
I: Ok. Und abschließend noch zwei Fragen. Sie haben es ja schon kurz erwähnt zum Thema Vereinbarkeit
Familie und Erwerbstätigkeit. War das ein Thema vor dem Kinderwunsch, wie machen wir das, lässt sich das
vereinbaren? Wie geht das? Oder haben Sie gesagt, das kriegen wir schon unter einen Hut?
M: Man muss immer die konkrete Lebenssituation sehen. In meiner Lebenssituation war das kein Thema. Es
gibt sicher Leute gerade so nach dem Studium, wenn man beruflich, wenn man zwar studiert hat und den
Doktor gemacht hat, ist man schon relativ alt, im Verhältnis zu jemandem, der eine Lehre gemacht hat und