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genannten „Hygienefaktoren“. Der Begriff Hygiene-
faktoren entstammt einer der bekanntesten Theorien
zur Arbeitsmotivation, der sogenannten „Zwei-Fakto-
ren-Theorie“.
Diese besagt, dass Zufriedenheit und Unzufrieden-
heit (in der Arbeit) nicht die Endpole eines gemeinsa-
men Spektrums sind, sondern unabhängig voneinan-
der von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden.
Hygienefaktoren, wie das Einkommen, können zwar
verhindern, dass Unzufriedenheit entsteht, allerdings
gilt nicht der Umkehrschluss: mehr Einkommen be-
deutet nicht, dass automatisch Zufriedenheit ent-
steht.
In der Tat zeigen zahlreiche Studien, dass zwar ein
komplexes Verhältnis zwischen dem Einkommensni-
veau und der erlebten Arbeitszufriedenheit besteht,
dieses jedoch nur schwach ausgeprägt ist: ein hö-
heres Einkommen führt in der Regel zu (fast) keiner
Anhebung der generellen Arbeitszufriedenheit.
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Arbeitszeit
Für die Qualität einer Beschäftigung, im Sinne des
vertraglichen Verhältnisses, spielt das Thema der
Arbeitszeit eine zentrale Rolle. Generell kann ange-
nommen werden, dass zwischen Arbeitszufrieden-
heit und Arbeitszeit ein inverses Verhältnis bestehen
sollte. Das bedeutet, je mehr Arbeitszeit investiert
werden muss, desto eher sind negative Auswirkun-
gen auf die Arbeitszufriedenheit zu erwarten. Dies
kann aber nur als grobe Orientierung gelten, da auch
nicht angenommen werden kann, dass Arbeitszeit
als etwas per se Unangenehmes empfunden wird.
Vielmehr spielt hier der Faktor
der Erwartbarkeit und Planbarkeit
eine große Rolle. Fällt zusätzli-
che Arbeitszeit oft kurzfristig und
unerwartet an, wird das stärkere
negative Auswirkungen auf die
wahrgenommene Qualität der Ar-
beit haben, als wenn der zeitliche
Aufwand absehbar und planbar
ist.
Daneben kann sich ein Zuwenig
an Arbeitszeit negativ auf die Ar-
beitszufriedenheit auswirken. In
den europäischen Arbeitsstatis-
tiken wird etwa unfreiwillige Teil-
zeitarbeit ausgewiesen. Diese
umfasst Personen, die Teilzeit
arbeiten, aber den Wunsch äußern, mehr Stunden
zu arbeiten. In Tirol betrug die dementsprechende
Unterbeschäftigungsquote im ersten Quartal 2013
4,3%, das sind rund 16.000 Personen.
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Es kann
davon ausgegangen werden, dass die Arbeitszufrie-
denheit in der Regel höher wäre, wenn dem Wunsch
nach mehr Arbeitsstunden entsprochen werden
könnte.
Flexibilitätsansprüche beider Seiten an Arbeits-
zeitenregelungen stellen ein weiteres Element im
Komplex Arbeitszeit dar. Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer finden sich in einem Spannungsfeld zwi-
schen selbst gesteuerter Flexibilität in der Gestaltung
der Arbeitszeit und Flexibilitätsansprüchen, die von
außen an sie herangetragen werden. Die Spann-
breite zwischen immer seltener werdenden starren
Arbeitszeitregelungen bis hin zu variabler Arbeitszeit
und Vertrauensarbeitszeit macht es schwierig, die
Auswirkungen von Arbeitszeitregime auf Arbeitszu-
friedenheit zu generalisieren.
Mit dem Begriff der „Entgrenzung der Arbeit“ und der
damit zusammenhängenden „Kolonialisierung des
Lebens“, das zunehmende und problematische In-
einanderlaufen von privater Zeit und Arbeitszeit be-
zeichnet, das, je nach Dauer und Intensität, zu per-
manenten Belastungszuständen führen kann.
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Regenerationsphasen werden unterbrochen und
auch die Erholung wird zu einer „Leistung“, die zu-
nehmend geplant werden muss, im Sinne eines ak-
tiven physischen und mentalen „Ausklinkens“ aus
der beruflichen Sphäre (Handy abschalten, Emails
Ein faires und existenzsicherndes Einkommen gehört zu den grundlegenden Qualitäts-
kriterien „guter Arbeit“.
© Tax Credits
15
vgl. Judge, Piccolo, Podaskoff et al. (2010), S. 164
16
Statistik Austria (2013) - Arbeitsmarktstatistik
17
vgl. Pongratz (2013), S. 95