Previous Page  43 / 64 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 43 / 64 Next Page
Page Background

WISO Seite 43

genannten „Hygienefaktoren“. Der Begriff Hygiene-

faktoren entstammt einer der bekanntesten Theorien

zur Arbeitsmotivation, der sogenannten „Zwei-Fakto-

ren-Theorie“.

Diese besagt, dass Zufriedenheit und Unzufrieden-

heit (in der Arbeit) nicht die Endpole eines gemeinsa-

men Spektrums sind, sondern unabhängig voneinan-

der von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden.

Hygienefaktoren, wie das Einkommen, können zwar

verhindern, dass Unzufriedenheit entsteht, allerdings

gilt nicht der Umkehrschluss: mehr Einkommen be-

deutet nicht, dass automatisch Zufriedenheit ent-

steht.

In der Tat zeigen zahlreiche Studien, dass zwar ein

komplexes Verhältnis zwischen dem Einkommensni-

veau und der erlebten Arbeitszufriedenheit besteht,

dieses jedoch nur schwach ausgeprägt ist: ein hö-

heres Einkommen führt in der Regel zu (fast) keiner

Anhebung der generellen Arbeitszufriedenheit.

15

Arbeitszeit

Für die Qualität einer Beschäftigung, im Sinne des

vertraglichen Verhältnisses, spielt das Thema der

Arbeitszeit eine zentrale Rolle. Generell kann ange-

nommen werden, dass zwischen Arbeitszufrieden-

heit und Arbeitszeit ein inverses Verhältnis bestehen

sollte. Das bedeutet, je mehr Arbeitszeit investiert

werden muss, desto eher sind negative Auswirkun-

gen auf die Arbeitszufriedenheit zu erwarten. Dies

kann aber nur als grobe Orientierung gelten, da auch

nicht angenommen werden kann, dass Arbeitszeit

als etwas per se Unangenehmes empfunden wird.

Vielmehr spielt hier der Faktor

der Erwartbarkeit und Planbarkeit

eine große Rolle. Fällt zusätzli-

che Arbeitszeit oft kurzfristig und

unerwartet an, wird das stärkere

negative Auswirkungen auf die

wahrgenommene Qualität der Ar-

beit haben, als wenn der zeitliche

Aufwand absehbar und planbar

ist.

Daneben kann sich ein Zuwenig

an Arbeitszeit negativ auf die Ar-

beitszufriedenheit auswirken. In

den europäischen Arbeitsstatis-

tiken wird etwa unfreiwillige Teil-

zeitarbeit ausgewiesen. Diese

umfasst Personen, die Teilzeit

arbeiten, aber den Wunsch äußern, mehr Stunden

zu arbeiten. In Tirol betrug die dementsprechende

Unterbeschäftigungsquote im ersten Quartal 2013

4,3%, das sind rund 16.000 Personen.

16

Es kann

davon ausgegangen werden, dass die Arbeitszufrie-

denheit in der Regel höher wäre, wenn dem Wunsch

nach mehr Arbeitsstunden entsprochen werden

könnte.

Flexibilitätsansprüche beider Seiten an Arbeits-

zeitenregelungen stellen ein weiteres Element im

Komplex Arbeitszeit dar. Arbeitnehmerinnen und Ar-

beitnehmer finden sich in einem Spannungsfeld zwi-

schen selbst gesteuerter Flexibilität in der Gestaltung

der Arbeitszeit und Flexibilitätsansprüchen, die von

außen an sie herangetragen werden. Die Spann-

breite zwischen immer seltener werdenden starren

Arbeitszeitregelungen bis hin zu variabler Arbeitszeit

und Vertrauensarbeitszeit macht es schwierig, die

Auswirkungen von Arbeitszeitregime auf Arbeitszu-

friedenheit zu generalisieren.

Mit dem Begriff der „Entgrenzung der Arbeit“ und der

damit zusammenhängenden „Kolonialisierung des

Lebens“, das zunehmende und problematische In-

einanderlaufen von privater Zeit und Arbeitszeit be-

zeichnet, das, je nach Dauer und Intensität, zu per-

manenten Belastungszuständen führen kann.

17

Regenerationsphasen werden unterbrochen und

auch die Erholung wird zu einer „Leistung“, die zu-

nehmend geplant werden muss, im Sinne eines ak-

tiven physischen und mentalen „Ausklinkens“ aus

der beruflichen Sphäre (Handy abschalten, Emails

Ein faires und existenzsicherndes Einkommen gehört zu den grundlegenden Qualitäts-

kriterien „guter Arbeit“.

© Tax Credits

15

vgl. Judge, Piccolo, Podaskoff et al. (2010), S. 164

16

Statistik Austria (2013) - Arbeitsmarktstatistik

17

vgl. Pongratz (2013), S. 95