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statistische Zusammenhang ist komplex, aber in der
Erklärung nachvollziehbar. In mehr und mehr berufli-
chen Positionen ist das Wissen und das Können der
Person, die die Position bekleidet, der wichtigste Pro-
duktionsfaktor.
Da das „Humankapital“ nicht von der Person, die es
erworben hat, herausgelöst werden kann, ist auch
klar, dass die Arbeitszufriedenheit, die ein Indikator
für qualitätsvolle Arbeit ist, unmittelbare Auswirkun-
gen auf den Effektivitätsgrad hat, mit dem dieses
„Humankapital“ produktiv werden kann. Wird ein Um-
feld geschaffen, das es den Personen erlaubt, sich
mit ihrer Aufgabe und den Tätigkeiten des Unterneh-
mens zu identifizieren, funktionierende soziale Be-
ziehungen zu den Vorgesetzten und den Kolleginnen
und Kollegen aufzubauen, die Arbeit angemessen
entlohnt wird und bei der Verrichtung der Arbeit keine
gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstehen, so
sind die Voraussetzungen für eine hohe Produktivität
geschaffen.
Die Situation von Jobs, die nur geringe Qualifikati-
onsanforderungen stellen, ist allerdings eine andere.
Für diese Arbeiten war ein negativer Zusammenhang
zwischen der Qualität der Arbeit und der Produktivi-
tät festzustellen. Die Produktivität stieg, wenn die
Qualität der Arbeit sank. Diese Erkenntnis erlaubt
zwei Befunde. Einerseits ist es kein Argument gegen
die Steigerung von Arbeitsqualität als arbeitsmarkt-
politischer Zielsetzung, da wie oben dargestellt der
Strukturwandel in der Wirtschaft die Möglichkeit von
Produktivitätssteigerungen durch Steigerung von Ar-
beitsqualität zunehmen lässt.
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Andererseits zeigt sich darin auch die zunehmende
Polarisierung des Arbeitsmarktes. Hoch qualifizier-
te und spezialisierte Fachkräfte sind gesucht und
werden mit guten Arbeitsbedingungen umworben,
während der Druck auf gering qualifizierte Personen
höher wird. Druck, der zum einen durch die ohnehin
schon prekäre Arbeitsmarktsituation gering Qualifi-
zierter entsteht und zum anderen durch Rationalisie-
rungsdruck an den Arbeitsplätzen selbst.
Vergleichsstudien zwischen Europa und den USAhin-
sichtlich der Arbeitsproduktivität ergaben Produktivi-
tätsvorteile der USA in nur drei Wirtschaftssektoren:
Einzelhandel, Großhandel und in den Finanzdienst-
leistungen. Bereiche (mit Ausnahme des Finanzsek-
tors), in denen die USA über eine große Vielfalt stark
rationalisierter Dienstleistungsjobs („McJobs“) verfü-
gen und in denen Produktivitätszuwächse über die
Standardisierung und Verdichtung der Arbeitsleistun-
gen erzielt wurden, sprich mit einer Absenkung der
Qualität der Arbeit und der Substitution guter Jobs
gegen schlechte. In diesem Zusammenhang dürfte
auch das Vorhandensein billiger Arbeitskräfte durch
Migration in den USA eine Rolle gespielt haben.
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Die Problemlagen verdichten sich bei den am Ar-
beitsmarkt schwächsten Gruppen: bildungsferne
Personen, Menschen mit Versorgungspflichten und
Menschen mit Migrationshintergrund. Diese sind mit
hoher Arbeitslosigkeit konfrontiert und die Jobs die
ihnen offen stehen, weisen eine erodierende Qualität
auf.
Arbeitszufriedenheit: das Maß der Dinge?
Bevor die Kernelemente guter Arbeit thematisiert
werden, gilt es die Frage zu beantworten, wie beur-
teilt werden kann, ob Arbeit „gut“ ist. Eine offensicht-
Aufspaltung des Arbeitsmarktes: Hoch Qualifizierte mit
hoher und tendenziell steigender Qualität der Arbeitsbedin-
gungen...
© GVAHIM
... und gering qualifizierte „Jobs“, in denen die Arbeitsbedin-
gungen schlechter werden.
© Dragon H
4
vgl. Bevan (2012), S. 5
5
Royuela, Suriñach (2009), S. 31