Tiroler Arbeiterzeitung - page 4

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THEMA:
ARBEIT & LEBEN
Nr. 44, Oktober 2012
Überstunden
(nicht) inbegriffen
Vorsicht.
Immer mehr Betriebe bieten Dienstverträge mit „All-in-Klauseln“ an.
A
ll-in-Klauseln heißen für die
Beschäftigten oft unbezahlte
Überstunden. Frau P. arbeitete
in einem Reisebüro. In der Hochsaison
musste sie bis spät am Abend und an
Wochenenden arbeiten. Diese Über-
stunden wurden ihr nicht gezahlt, und
zwar mit dem Hinweis auf ihren Ar-
beitsvertrag. Dieser „All-In-Vertrag“
hatte eine Klausel: „mit der Entloh-
nung sind alle Mehr- und Überstun-
den inklusive Zuschläge abgegolten“.
Im Vertrag war nicht ersichtlich, wie
genau sich ihre Entlohnung zusam-
mensetzt. Sie wandte sich an die AK.
Dort wurde erst mal nachgerechnet:
Unterm Strich kam Frau P. auf eine
Bezahlung, die deutlich unter dem lag,
was der Kollektivvertrag vorsieht.
Mit Unterstützung der AK holte
sich Frau P. das Entgelt für die nicht
durch den All-In-Vertrag gedeckten
Überstunden.
All-In-Verträge findet man heute in
vielen Branchen, längst nicht nur bei
Führungskräften, wissen die AK Exper-
ten. Ausschlaggebend ist, wie viele Über-
stunden inklusive Zuschläge mit dem
vereinbarten Entgelt abgedeckt sind.
Leisten Sie im Zeitraum von einem Jahr
mehr Überstunden, so haben Sie An-
spruch auf Vergütung dieser zusätzlichen
Überstunden.
Darauf ist zu achten
All-In bedeutet:
Mit dem vereinbarten
Entgelt werden der Grundlohn sowie
alle anfallenden Mehr- und Überstun-
den pauschal abgegolten. Oft heißt das
im Ergebnis für die Beschäftigten: Viele
unbezahlte Überstunden.
Wenn Ihr neuer Arbeitgeber auf
eine All-In-Klausel im Vertrag besteht,
sollten Sie auf Folgendes achten: Ihre
Einstufung sowie das Mindestgehalt laut
Kollektivvertrag sollte im Vertrag ste-
hen. Eine allfällige Überzahlung sowie
die Anzahl der mit dem Entgelt abgegol-
tenen Überstunden sollten ebenfalls im
Vertrag angeführt sein.
Das Entgelt
muss auch dann in voller
Höhe gezahlt werden, wenn einmal kei-
ne oder weniger Überstunden anfallen.
Schreiben Sie genau auf, wann Sie wie
viele Stunden gearbeitet haben. So ha-
ben Sie im Streitfall etwas in der Hand.
Am Ende des Jahres sollten Sie nach-
rechnen.
<<
Notieren.
Schreiben Sie auf, wann und wie viele Überstunden sie gemacht haben!
Zu viel.
Pausenlos arbeiten, besser sein wollen als die anderen, alles gleichzeitig erledigen
und es dem Chef nur ja immer Recht machen. Rezepte, die schnurstracks ins Burnout führen.
A
usgebrannt, vollständig inner-
lich erschöpft, zu nichts mehr
Lust: Immer mehr Beschäftigte
leiden an Burnout. Am Ende stehen oft
lange Krankenstände oder gar die völlige
Berufsunfähigkeit. Burnout fängt häufig
mit übergroßem Arbeitseifer an. Bleiben
„Belohnungen“ aus, kommt es zu einer
„Schieflage” zwischen dem, was man in-
vestiert und dem, was man dafür erhält.
Dazu kommt, dass der Arbeitsdruck in
den Firmen und oft auch der Stress im
Privatleben oder der Freizeit zunimmt.
Immer mehr betroffen
Der Begriff Ausgebrannt sein oder eng-
lisch Burnout-Syndrom bezeichnet ei-
nen besonderen Fall berufsbezogener
oder familiärer chronischer Erschöp-
fung. Einer Studie der Gewerkschaft
zufolge sind in Österreich eine Million
Menschen Burnout-gefährdet.
Was sind die Ursachen?
Die Hauptursache von Burnout sind
sogenannte psychosoziale Belastungen.
Betroffene haben das Gefühl, ständig
unter Zeitdruck zu stehen, widersprüch-
liche Anweisungen zu bekommen oder
sich nicht einbringen zu können. Außer-
dem fehlt ihnen oft die Unterstützung
von Vorgesetzten oder Kollegen. Durch
diesen Stress am Arbeitsplatz entstehen
jährlich laut einer Schätzung der EU
Kosten in der Höhe von 20 Milliarden
Euro.
Die Gefahr, daran zu erkranken, gibt
es längst in jeder Berufsgruppe quer
durch alle Altersstufen. Auffallend ist,
dass Führungskräfte ein um sechs Pro-
zent niedrigeres Risiko aufweisen als
Mitarbeiter. Ein sehr hohes Gefähr-
dungspotenzial zeigt sich bei Schichtar-
beitern und Gesundheitsberufen.
Warnsignale erkennen
In der Anfangsphase des Burnout gibt
es viele Warnsignale: Es beginnt mit
dem Zwang, sich im Job zu beweisen,
Betroffene arbeiten nahezu pausenlos,
verzichten auf Entspannungsphasen,
ihr Beruf wird zum hauptsächlichen
Lebensinhalt, innerer Rückzug von Fa-
milie und Freunden. Sie vergessen auf
ihre eigenen Bedürfnisse. Es kommt
zu chronischer Müdigkeit, Ungeduld,
Unruhe und leichter Kränkbarkeit,
Energiemangel und Konzentrations-
schwäche. Später fühlen sich Betroffene
oft einsam, gleichgültig, desinteressiert
und haben Probleme bei sozialen Kon-
takten.
Individuell vorbeugen
Der Schaden, den man mit Verdrängen
bei sich selbst anrichtet, ist kaum wie-
der gutzumachen. Für jeden Einzelnen
müssen Vorbeugungsmaßnahmen indi-
viduell erarbeitet werden. Solche Maß-
nahmen können etwa Hobbys, Sport,
Musik oder Entspannung sein. Es gilt,
langfristig einen Ausgleich zu schaffen,
Auch Entlastung imTeam kann vorbeu-
gend wirken.
Entschleunigen
Generell wird die Arbeitswelt immer
hektischer und viele von uns sind viel
zu schnell unterwegs. Wir müssen uns
entschleunigen, wieder lernen nicht alle
Dinge gleichzeitig sondern hintereinan-
der zu erledigen. Auch richtige Pausen,
ausreichender Urlaub und regelmäßige
Erholungsphasen gehören zu einem
verantwortungsbewussten Umgang mit
dem eigenen Körper und Geist.
Das hilft
Im Betrieb hilft es, zu große einseitige
Arbeitsbelastungen möglichst zu ver-
ringern. Suchen Sie sich abwechslungs-
reichere Arbeit. Versuchen Sie Routine-
Arbeit und konzentrierte Arbeit im
Wechsel zu machen. Je eher Sie sich die
Arbeit selbst einteilen können, desto
selbstbestimmter wird sie. Auch Fort-
und Weiterbildungsangebote können
für eine andere Perspektive sorgen.
Niemand ist perfekt
Überdenken Sie, welche und wie hohe
Ansprüche Sie an sich selbst stellen.
Niemand ist perfekt und immer gleich
leistungsfähig. Setzen Sie sich realis-
tische Ziele und vereinbaren Sie diese
mit dem Vorgesetzten. Auch der Ein-
satz von Entspannungstechniken wie
Autogenes Training kann nützen. Und
wenn Sie das Gefühl haben, das hilft
alles nichts: Suchen Sie professionelle
Hilfe bei einem Arzt oder Psychothera-
peuten.
<<
Erschöpft und ausgebrannt
Tipps gegen Burnout
Burnout.
Ständiger Zeitdruck, Hang zum Perfektionismus, keine Rücksicht auf eigene Bedürfnisse: Irgendwann wird es zu viel!
Sind Sie gefährdet?
A
uf folgende Warn- und Alarmzeichen sollten Sie hören: Sie verkürzen
Ihren Urlaub regelmäßig, weil es die Arbeit erfordert oder Sie neh-
men regelmäßig Arbeit mit nach Hause. Die ersten Anzeichen von Burn-
out sind Erschöpfung, Gereiztheit und ein Gefühl innerer Leere. Nehmen
Sie diese Anzeichen ernst. Sie sind bereits mitten im Burnout, wenn Sie
sich am Morgen in die Arbeit quälen, Ihnen Menschen, die für Sie einmal
wichtig waren, gleichgültig werden, wenn Sie keinen Sinn mehr in Ihrer
Arbeit sehen, bedrückt sind und sich ständig erschöpft fühlen.
AUS DEM ÖGB
Höhere Löhne
erreicht
I
n einigen Branchen gibt es mehr
Geld für die Beschäftigten, berich-
tet der ÖGB Tirol.
Filmschaffende:
Erhöhung der KV-
Gagen um 2,95 %.
Nichtfilmschaffende:
Erhöhung der
KV-Gagen um 2,9 %, Erhöhung der
Ist-Gehälter um 2,55 %. Geltungs-
beginn: jeweils 1. Jänner 2013.
Brauindustrie:
Mit 1. September
wurden die KV-Löhne, KV-Zulagen,
Zehrgelder, Lehrlingsentschädigun­
gen, Trennungsentschädigungen um
jeweils 3,2 % erhöht. Die Laufzeit be-
trägt 12 Monate.
Zuckerindustrie:
Mit 1. September
wurden die KV-Gehälter, Ist-Gehäl-
ter, Zulagen und Diäten um jeweils
3,3 % erhöht. Die Zulage 3 stieg um
30 Euro auf 110 Euro/14mal pro
Jahr (Diese gilt nur für Angestellten,
die ab 1.1.2008 in ein unbefristetes
Dienstverhältnis eingetreten sind.
Die Laufzeit beträgt 12 Monate.
Hotel- und Gastgewerbe Tirol:
In
den übrigen acht Bundesländern
trat der KV-Abschluss bereits mit
Juli in Kraft. In Tirol steigen die
KV-Löhne mit August, für den Juli
erhalten die Beschäftigten eine
Nachzahlung. Der nach wochenlan-
gen Verhandlungen erfolgte Kollek-
tivvertragsabschluss sieht vor, dass
die Mindestlöhne von derzeit 1.205
bzw. 1.214 Euro auf 1.270 bzw.
1.278 Euro angehoben werden. Für
die entgangene Lohnerhöhung im
Juli erhalten die Beschäftigten eine
Nachzahlung von 65 bzw. 64 Euro.
Die Lehrlingsentschädigungen wer-
den wie in allen anderen Bundeslän-
dern um jeweils 40 Euro brutto pro
Lehrjahr erhöht; die Zulagen und
Entschädigungen, ausgenommen
die Fremdsprachenzulage, werden
um 70 Cent angehoben. Mit 1. Mai
2013 werden die Mindestlöhne
bundesweit – und damit auch in
Tirol – auf 1.320 Euro angehoben.
Die darüber liegenden Löhne bzw.
Gehälter steigen nun um 3,45 %
und werden im Mai 2013 um den
um 0,5 % erhöhten durchschnitt-
lichen Verbraucherpreisindex zwi-
schen April 2012 und März 2013
angepasst.
ANLAUFSTELLE
AK hilft bei
Mobbing
M
obbing am Arbeitsplatz ist in
der heutigen Arbeitswelt lei-
der keine Seltenheit. Immer mehr
Beschäftigte leiden darunter. Wenn
psychischer Terror auftritt, ist es
notwendig, dass Betroffene Hilfe be-
kommen und wissen, wohin sie sich
wenden können. Die AK Tirol steht
ihren Mitgliedern zu Seite. Die Kon-
flikt- und Mobbing-Expertin der AK
berät Opfer immer dienstags von
8.30 bis 12.30 Uhr und mittwochs
von 12.30 bis 17 Uhr. Termin ver-
einbaren unter der Telefonnummer
0800/22 55 22 – 1420.
Foto:Stauke/Fotolia.de
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