Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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THEMA:
POSITIONEN
Wer viel hat,
kriegt noch mehr
Saftig.
Die Vermögenssteuern liegen in Österreich im untersten Bereich. Im Vergleich
dazu liegt der niedrigste Lohnsteuersatz für Klein- und Mittelverdiener bei 36,5 Prozent.
W
er sich fragt, warum hierzulande die
Reichen immer reicher werden, sollte
einen Blick aufs Steuersystem werfen:
Seit den 90er Jahren sinkt in Österreich der Anteil
der vermögensbezogenen Steuern. Unter 19 EU-
Ländern liegt Österreich in Sachen Vermögensbe-
steuerung auf dem drittletzten Platz.
Die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steu-
ern betrugen 2010 in Österreich 0,5 % des Brutto-
Inlandsproduktes (BIP). Damit liegt Österreich
deutlich unter dem OECD-Schnitt von 1,8 %. Bei
den Steuern auf Vermögen gehört Österreich (siehe
Grafik) damit international zu den Schlusslichtern.
So betrachtet, ist es in Österreich vorteilhafter, sein
Vermögen arbeiten zu lassen, als selbst zu arbeiten.
Die höchsten Vermögenssteuern gibt es übrigens in
der Schweiz, Japan, den USA und Großbritannien.
Länder die sicher nicht als vermögensfeindlich zu
bezeichnen sind…
Riesengefälle
. Zehn Prozent besitzen zwei
Drittel des gesamten heimischen Privatvermögens.
Das private Vermögen beträgt in Österreich mehr
als 1.300 Milliarden Euro: Dieses enorme Vermö-
gen ist extrem ungleich verteilt. Die reichsten 10
% der Österreicher besitzen mehr als zwei Drittel
davon. Allein das oberste Prozent besitzt knapp
34 %. Das ist mehr Vermögen als 90 % der Be-
völkerung haben, die zusammen nur über 31,7 %
verfügen. Bezogen auf die Bevölkerung hat Öster-
reich die meisten Superreichen in der EU.
Die reichsten 297 österreichischen Familien –
das ist ein Zehntausendstel der Haushalte – be-
saßen 2010 jeweils ein privates Finanzvermögen
von mehr als 80 Millionen Euro. Die enorme
Konzentration der Vermögen bringt negative Aus-
wirkungen auf den sozialen Zusammenhalt und
die Gesamtwirtschaft mit sich. Um die Folgeko-
sten der von Spekulanten ausgelösten Finanzkrise
abzubauen, werden in ganz Europa Sparpakete
geschnürt, deren Lasten überwiegend Arbeitneh-
mer, Pensionisten und sozial Benachteiligte tragen
sollen. Österreichs Millionäre sind hingegen 2010
um 20 Milliarden Euro reicher geworden. Den-
noch sind Kapitalerträge auch in Millionenhöhe
nur mit 25 % besteuert. Im Vergleich dazu liegt
der niedrigste Lohnsteuersatz für Klein- und Mit-
telverdiener bei 36,5 %!
<<
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK-Präsident
A
rbeit muss sich lohnen. Das geht nur, wenn die
Beschäftigten anständig bezahlt werden und
ihnen der Staat nicht so viel vom Lohn wegsteuert.
Immer mehr Arbeitnehmern reicht der Inhalt der
Lohntüte nicht mehr zum Leben, obwohl sie Vollzeit
arbeiten.
Da läuft etwas schief, sagen deshalb zwei von drei
Tirolern. Und 84 Prozent machen sich Sorgen über
das teure Leben. Tirol ist das teuerste Pflaster. Der
Euro ist bei uns weniger wert als in anderen Bundes-
ländern. Wir haben diese Ungerechtigkeit in vielen
Bereichen nachweisen können. Damit haben es jetzt auch die Schönredner
und Skeptiker schwarz auf weiß: Ob bei Benzin, bei Bus, Bahn oder Taxi, beim
Heizöl, bei Mieten und Grundstückspreisen, bei Winterreifen, Lebensmitteln
oder dem Gasthausbesuch, die Tiroler Arbeitnehmer sind die Zahler! Das
Land muss dieser Preistreiberei Einhalt gebieten oder den Menschen finan-
ziell unter die Arme greifen, damit man sich das Leben noch leisten kann.
<<
AUS DER GEWERKSCHAFT
Otto Leist zum
ÖGB-Chef gekürt
O
tto Leist wurde mit 93,4 %
zum Landesvorsitzenden
des ÖGB Tirol gekürt. Zu Stellver-
tretern wurden bei der Landes-
konferenz Gerhard Seier und Dr.
Ulrike Kraus (beide FCG) sowie
Günter Mayr und Robert Koschin
(beide FSG) gewählt. Leist: „Die
Gewerkschaftsbewegung sichert
den sozialen Frieden. Das beginnt
beim Einsatz für gerechtere
Löhne und endet bei dringend
notwendigem Krisenmanage-
ment. Ich erwarte mir von den
Parteien, dass sie mehr auf Anlie-
gen der Beschäftigten Rücksicht
nehmen. Die Schere zwischen
Einkommen und Lebenser-
haltungskosten geht immer
weiter auseinander. Wir wollen
spürbare Entlastungen von
Arbeitnehmern durch Förder-
maßnahmen und die Schaffung
von gut bezahlten Arbeitsplätzen
durch eine klügere Betriebsansie-
delungspolitik. Als Basis gilt eine
gute Sozialpartnerschaft, die sich
leider in der Zusammenarbeit
mit der WKO Tirol als besonders
schwierig erweist. Auch die Spit-
ze der Tiroler Landesregierung
ist angehalten, auf Inputs der
Arbeitnehmerinteressen mehr
Wert zu legen und anders zu
agieren als beim Beschluss zur
Durchführung der Innsbrucker
Shopping-Night.“
AK-Fraktionen:
Höhere Löhne
gegen teures Leben in Tirol
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
T
irol ist ein Paradoxon. Bei den Einkommen ist
Tirol Schlusslicht, bei den Lebenserhaltungsko-
sten Spitzenreiter. Zu dieser Ungerechtigkeit tra-
gen Tirol-Aufschläge bei den Preisen das Ihre bei.
Zudem muss im Budget der Tiroler Landesregie-
rung weit mehr Rücksicht auf die Entlastungen für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rücksicht
genommen werden, damit man ein Auskommen mit
dem Einkommen findet. Das beginnt bei spürbaren
Entlastungen bei Wohnen und geht bis zu Förder-
maßnahmen beim Thema Pendeln. Bis dato warten
wir auf die Umsetzung unserer zahlreichen Vorschläge. Was können wir
nun tun? Wir können auf Solidarität untereinander und vor allem mit den
Gewerkschaften, die sich in mehr als 450 Kollektivvertragsverhandlungen
für höhere und gerechtere Einkommen starkmachen, bauen und sie in ih-
rem Kampf für mehr Gerechtigkeit in unserem Land unterstützen. Diese
Unterstützung erwarten wir uns auch von den Tiroler Landespolitikern.
<<
grüne in der ak
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
D
ie jährlichen Lohnerhöhungen liegen zwar in der
Regel über der Inflationsrate, aber das ist sehr
trügerisch. Denn die Inflation stellt nur einen Durch-
schnittswert dar. So mag zwar der Flachbildfernseher
und der PC billiger geworden sein, aber dafür steigen
die Preise für Grundnahrungsmittel und die Wohn- und
Energiekosten meist stärker als die Inflationsrate. In
Summe sind die Reallöhne in Österreich in den letzten
Jahren gesunken. Einen Ausgleich können nur ent-
sprechend hohe Lohnerhöhungen schaffen. Die mei-
sten Unternehmen schreiben Gewinne und nicht zuletzt steigt das Vermögen
einzelner Milionäre.
Tirol ist noch dazu ein ganz besonders teures Pflaster mit unterdurchschnitt-
lichen Löhnen. Ein halbwegs akzeptables Einkommen ist für viele nur durch
diverse Nebenbeschäftigungen zu erzielen. Die Grünen ArbeitnehmerInnen in
Tirol fordern deshalb schon lange einen Tirolzuschlag, der die hohen Lebens-
haltungskosten abdeckt.
<<
freiheitliche arbeitnehmer in der ak
Heribert Mariacher,
Fraktionsobmann
D
ie Tiroler Beschäftigten verdienen am wenigsten
und haben die höchsten Lebenshaltungskosten
zu tragen. Wir erleben in unserer Arbeit im AK-Unter-
stützungsfonds, wie schnell Betroffene an den Rand
gedrängt werden, wenn etwas Unvorhergesehenes
passiert. Wir wollen nicht, dass Tirol zum Armenhaus
wird, bloß weil zu niedrige Löhne im Vergleich zu den
extrem hohen Wohn- und Lebenshaltungskosten be-
zahlt werden.
Die ärmsten 10 % der Haushalte besitzen weniger
als 1.000 Euro, die reichsten 10 % haben mehr als rund 542.000 Euro Net-
tovermögen. Auf diese drastisch ungleiche Verteilung weist die Nationalbank
hin. Dass der Wohlstand der breiten Masse bescheiden ist, während auf we-
nige Reiche der Großteil des Vermögens fällt, ist bekannt. Die Politik gaukelt
uns allerdings vor, dass es den Österreichern auf breiter Front finanziell sehr
gut geht. In der Diskussion dürfen Forderungen nach einer Reichensteuer
und Erbschaftssteuer kein Tabu sein.
<<
Nr. 45, November 2012
Schwarz auf Weiß:
Österreich hat eine der niedrigsten vermögensbezogenen Steuern.
Ungerecht.
Arbeit wird zu hoch besteuert, Vermögen kaum. Und das soll gerecht sein?
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