Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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THEMA:
POSITIONEN
ÖGB-Vorsitzender
Otto Leist.
Faire Löhne in
Gesundheitsberufen
AK Forderung.
Die für Gesundheit anderer verantwortlichen Mitarbeiter dürfen am Arbeitsplatz nicht selbst krank werden.
LISTE ERWIN ZANGERL, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK-Präsident
G
esundheitsberufe haben Zukunft, aber nur
wenn die Bedingungen stimmen. Es ist zutiefst
deprimierend, dass Menschen, die sich um die Ge-
sundheit anderer sorgen, selbst durch ihre Arbeit
in der Gesundheit bedroht sind. Es bestehen er-
hebliche Mängel in den Arbeitsabläufen. So werden
Beschäftigte vielfach aus der Freizeit zum Dienst
beordert oder Stellen nicht nachbesetzt. Dadurch
erfolgt eine erhebliche Ausdünnung qualifizierter
Mitarbeiter. Auf der anderen Seite steigt dadurch
der Arbeitsdruck. Neben den Ärzten sollten auch die
nichtärztlichen Gesundheitsberufe, die ja den Großteil der Beschäftigten stel-
len, im Rahmen der anstehenden Gesundheitsreformen einbezogen werden.
Wesentlich ist auch eine faire Entlohnung der Beschäftigten im Gesundheits-
bereich. Nulllohnrunden oder Lohnerhöhungen unter der Inflationsrate sind
abzulehnen. Die Arbeit im Gesundheitsbereich, in der Pflege und Betreuung
ist sehr anstrengend und muss adäquat entlohnt werden.
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AUS DEM ÖGB
Sozialstaat
sichern
W
enn man über die Ver-
ankerung von Schulden-
bremse und Spekulationsverbot
in der Verfassung diskutieren
darf, dann ist es wohl nur an-
gemessen, auch die öffentliche
Daseinsvorsorge, darunter den
Zugang zu Wasser, absichern
zu wollen“, sagt Tirols ÖGB-Vor-
sitzender Otto Leist. „Die Verfas-
sung ist genau der richtige Ort,
um den freien Zugang zu einer
starken öffentlichen Daseinsvor-
sorge zu garantieren. Durch den
im Binnenmarktausschuss des
Europäischen Parlaments gebil-
ligten Richtlinienvorschlag zur EU-
weiten Konzessionsvergabe sieht
der ÖGB indirekt die öffentlichen
Dienstleistungen in Gefahr.“ Denn
auch wenn aus dem Text direkt
kein Privatisierungsauftrag abzu-
lesen sei, werde der Druck stei-
gen. „Es werden nicht morgen
alle Gemeinden ihre Wasserver-
sorgung privatisieren, es muss
aber verhindert werden, dass EU-
Regelungen Privatisierung durch
die Hintertür fördern. Das sollte
in der Verfassung definitiv klarge-
stellt werden. Der Wettbewerbs-
und Privatisierungswahn darf
nicht in Bereiche der öffentlichen
Daseinsvorsorge Einzug halten.“
AK-Fraktionen:
Pflegepersonal braucht
bessere Arbeits- und Lohnbedingungen
GRÜNE IN DER AK
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
D
ie Gesundheits- und Pflegeberufe sind der Job-
motor in Österreich. Traditionell interessieren
sich überwiegend Frauen für diese Berufe, was sich
leider auch in der Bezahlung und Wertschätzung die-
ser sehr anstrengenden und hochqualifizierten Arbeit
zeigt. Wo viele Frauen arbeiten, wird weniger bezahlt.
In keinem „Männerberuf“ mit vergleichbaren Ausbil-
dungen und Arbeitsbelastungen wird die Leistung so
schlecht entlohnt.
Für eine gute Arbeit braucht es deshalb eine quali-
fizierte Grundausbildung und dauernde Fortbildungen. Gerade bei den immer
wichtigeren Fortbildungen braucht es deshalb verbesserte Rahmenbedin-
gungen, die diese leistbarer und in den Alltag besser integrierbarer machen
Wenn wir fast alle die Gesundheit als das wichtigste Gut im Leben bezeichnen,
dann muss uns aber auch bewusst sein, dass den Menschen in den Gesund-
heitsberufen ihre Leistung nicht nur mit schönen und dankenden Worten son-
dern auch im Geldbörserl abgegolten werden muss.
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FREIHEITLICHE ARBEITNEHMER IN DER AK
Heribert Mariacher,
Fraktionsobmann
E
ine gute Versorgung im Fall der Pflege oder Be-
treuungsbedürftigkeit ist ebenso wie bei Krank-
heit, Unfall oder Behinderung eine Kernaufgabe des
Sozialstaates. Das geht nur mit zusätzlichen Finanz-
mitteln. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die um-
gesetzt werden müssen: Festlegung der Qualität der
Pflege und Betreuung durch bundesweit gültige Krite-
rien. Start einer Ausbildungsoffensive für diplomiertes
Pflegepersonal und für Pflegehelfer. Einführung einer
Berufsmatura für das Pflegepersonal zur Aufwer-
tung des Berufsstandes. Ein tragendes Prinzip muss die freie Heimwahl für
Pflegebedürftige sein. Weiters müssen Maßnahmen im Arbeitsrecht durch-
geführt werden. Berücksichtigung der speziellen Voraussetzungen in der
Hauskrankenpflege. Hier entstehen in hohem Ausmaß Bereitschaftszeiten,
die einer besonderen Bewertung bedürfen. Außerdem verlangen wir die An-
erkennung von Pflegezeiten, die von Verwandten zu Hause geleistet werden,
als Pensionszeiten.
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Nr. 48, Februar 2013
F
ür mehr Gesundheitskom-
petenz in den Gesund-
heitsberufen sowohl im
Langzeit- als auch im Akutbe-
reich ist die Organisationsqua-
lität im Betrieb ebenso wichtig
wie die Ausbildungsqualität der
Mitarbeiter. Es ist fast anachro-
nistisch, dass Menschen, die sich
Tag für Tag um die Gesundheit
anderer sorgen, selbst durch ihre
Arbeit in der Gesundheit bedroht
sind, so AK-Expertin Mag. Dani-
ela Russinger vom Referat Ge-
sundheit und Pflege. Sie verweist
auf erhebliche Mängel in den
Arbeitsabläufen in den Gesund-
heitsberufen. So werden Beschäf-
tigte regelmäßig aus der Freizeit
zum Dienst beordert oder Stellen
nicht nachbesetzt. Damit erfolgt
eine erhebliche Ausdünnung
qualifizierter Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern. Die AK for-
dert, dass neben den Ärzten auch
nichtärztliche Gesundheitsbe-
rufe, die den Großteil der im
Gesundheitswesen Beschäftigten
stellen, bei Beratungen über an-
stehende Gesundheitsreformen
mit einzubeziehen sind.
Einkommen.
Wesentlich
ist jedoch vor allem auch eine
faire Entlohnung der Beschäf-
tigten im Gesundheitsbereich.
Nulllohnrunden oder Lohnerhö-
hungen unter der Inflationsrate
werden von der Arbeiterkammer
abgelehnt. Die Arbeit im Ge-
sundheitsbereich, in der Pflege
und Betreuung ist physisch und
psychisch sehr anstrengend und
muss adäquat entlohnt werden.
Begrüßt wird das Struktur-Kon-
zept für die Pflege, das ein klares
Bekenntnis abgibt, dass Pflege-
kosten auch in Zukunft durch
Steuern finanziert werden sol-
len: Die Einführung einer Ver-
mögenssteuer ist nicht nur eine
Frage der Gerechtigkeit. Damit
könnte auch der Anstieg der
Kosten für die Pflege abgedeckt
werden. Auch die im Konzept
vorgesehene Ausbildungsoffen-
sive wird positiv gesehen. Aller-
dings fehlt eine bundesweit ein-
heitliche Berechnungsweise des
Personalschlüssels. Die AK wird
weiterhin auf einheitliche Min-
destvorgaben drängen.
Wertschätzung.
Arbeit-
nehmer müssen sich in ihrem
Arbeitsumfeld wohlfühlen kön-
nen. Ihre Arbeitsleistung muss
anerkannt werden und sie müs-
sen gesunde Arbeitsbedingungen
vorfinden, um leistungsfähig zu
sein und zu bleiben. Es ist und
bleibt Aufgabe der Arbeitgeber,
für gesundheitsförderliche Ver-
hältnisse im Betrieb zu sorgen.
Die für die Gesundheit anderer
verantwortlichen
Mitarbeiter
dürfen durch Unzulänglich-
keiten am Arbeitsplatz nicht
selbst krank werden.
Wenn Einsparungen im Ge-
sundheitswesen zu weniger qua-
lifizierten Mitarbeitern führen,
heißt das: Schlechtere Versor-
gung der Patienten. Die AK
lehnt das ab. Die AK verlangt
ein Programm zum Gesund-
heitsschutz der Beschäftigten,
eine Qualifizierungs- und Aus-
bildungsoffensive, die auch auf
die psychischen Belastungen im
Umgang mit kranken Menschen
vorbereitet, sowie eine Personal-
entwicklungsstrategie, die auf
die Altersstruktur der Beschäf-
tigten eingeht.
<<
AK-Referat „Gesundheit und
Pflege.
Hier werden die Be-
schäftigten im Gesundheits- und
Pflegebereich betreut. DGKS
Mag. Daniela Russinger steht
für alle berufsrechtlichen Ange-
legenheiten zur Verfügung. Tel
0800/ 22 55 22 – 1644.
SOZIALDEMOKRATISCHE GEWERKSCHAFTERINNEN
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
D
ie Zukunft der Gesundheitsberufe ist nur über
bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen
regelbar. Das geht nur mit besseren Arbeitsbedin-
gungen und einer fairen Entlohnung. Nicht selten
wird weit mehr als 40 Stunden gearbeitet! Viel zu
lange! Ein weiterer wichtiger Anreiz ist eine faire Ent-
lohnung. Da haben uns die vergangenen Wochen
schon gezeigt, wie schwierig es für Gewerkschaf-
terinnen und Gewerkschafter ist, gerechte Löhne
für Beschäftigte auszuverhandeln. Aktuell liegen die
Einkommen im Gesundheits- und Sozialbereich im
unteren Drittel. Wir stehen vor einem Engpass an dringend benötigtem Per-
sonal, der nur über passende Anreize finanzieller Natur regelbar ist. Wer
will sich schon im unteren Einkommensdrittel wiederfinden, obwohl er einen
unabdingbaren Dienst an Tirolerinnen und Tiroler verrichtet? Daher fordert
die FSG: Vergessen wir bei der Bekämpfung der Armut nicht auf unsere ei-
genen Beschäftigten. Denn zu niedrige Einkommen, genau das macht arm.
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Hohe Verantwortung.
Gesundheitsberufe dürfen nicht krank machen.
Foto:YuriArcurs/Fotolia.com
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