Tiroler Arbeiterzeitung - page 8

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Mehr
psychische Erkrankungen
Alarm.
Krankenstände wegen psychischer Belastung haben sich seit 1990 mehr als verdoppelt.
I
mmer öfter können die Menschen
mit unserer modernen Gesellschaft
nicht mehr mithalten, fühlen sich
vom immer rasanteren Tempo über-
fordert. So sind 35 % der Österreicher,
also jeder Dritte, am Arbeitsplatz mit
psychischen Belastungen konfrontiert,
ergab eine Studie des Sozialministeri-
ums vor zwei Jahren.
Da verwundert es wenig, wenn die
Österreicher überzeugt sind, dass die
psychischen Erkrankungen bis 2033
noch massiv zunehmen werden.
Schon jetzt nehmen mehr als 10 %
regelmäßig Psychopharmaka, Tendenz
weiter steigend. Gleichzeitig muss öster-
reichweit allein für die direkten Kosten,
also für die medizinische und psycho-
therapeutische Behandlung der rund
900.000 psychisch Kranken, rund 1
Milliarde Euro ausgegeben werden.
Frühpension.
Aus volkswirt-
schaftlicher Sicht machen die Kosten
derzeit sogar 7 Milliarden Euro aus
(siehe Beitrag oben): So können rund
80.000 Beschäftigte ihren Beruf wegen
ihrer psychischen Leiden nicht mehr
ausüben. Jede zweite bis jede dritte
Frühpensionierung ist auf psychische
Belastungen zurückzuführen.
Anstieg.
Während etwa die Zahl
der Krankenstandstage pro Erwerbs-
tätigem seit Jahren eher sinkt, hat sich
die Zahl der Fälle aufgrund psychischer
Krankheiten in den letzten 20 Jahren
mehr als verdoppelt. So kamen 2012 auf
1.000 Erwerbstätige in Österreich 28
Krankenstandsfälle wegen psychischer
Probleme. 1990 waren es noch 11 Fäl-
le pro 1.000 Beschäftigten. Außerdem
dauern Krankenstände bei psychischen
Erkrankungen verständlicherweise auch
besonders lange.
Auffallend ist zudem, dass Frauen von
psychischen Krankheiten deutlich häu-
figer betroffen sind, als Männer.
<<
900.000 Österreicher
leiden an psychischen Erkrankungen. Tendenz steigend.
Ausgebrannt.
Laut einer Umfrage sagen 87 % der Österreicher, am Arbeitsplatz habe der
Druck in den vergangenen Jahren zugenommen. Jeder Fünfte möchte den Job wechseln.
V
or ein paar Jahren noch war
„Burnout-Syndrom“ ein bei-
nahe exotischer Begriff für ein
Phänomen, das in erster Linie Men-
schen in sozialen Berufen betraf. Weit
weg in den USA.
Belastungsprobe.
Seither hat
sich vieles geändert: Nicht nur im
Fall von Politikern und Sportlern ist
in Europa inzwischen von „Burnout“,
also „Ausbrennen“, die Rede, son-
dern vor allem auch bei immer mehr
ganz normalen Arbeitnehmern. Weil
der Druck im Job zu groß wird, weil
sich Mitarbeiter ihren Aufgaben nicht
mehr gewachsen fühlen, nicht mehr
schlafen können, weniger leistungs-
fähig sind und unter Angstzuständen
leiden.
Ja, viele bezeichnen diesen Erschöp-
fungszustand, der im Zusammenhang
mit Arbeit entsteht, und der sich mit
verschiedensten Symptomen bemerk-
bar machen kann, bereits als „Volks-
krankheit“. Bei Sterberaten, die noch
über jenen im Straßenverkehr liegen
sollen.
7 Milliarden pro Jahr.
Be-
sonders drastisch zeigen dies nackte
Zahlen auf: Laut Friedrich Schneider
vom Institut für Volkswirtschaft an
der Uni Linz muss die österreichische
Volkswirtschaft jedes Jahr 7 Milliar-
den Euro für Schäden aus psychi-
schen Erkrankungen aufwenden, wie
z. B. für den Ausfall von Arbeitstagen
oder Arzt- und Therapiekosten (sie­
he Beitrag unten). Und er rechnet
mit einem weiteren Anstieg. Denn je
länger das Leid der Betroffenen un-
erkannt bleibt, umso teurer wird es
– mit bis zu 130.000 Euro pro Fall.
Zum Vergleich: In einem frühen Sta-
dium wären nur 1.500 bis 2.000 Euro
nötig. Umso wichtiger ist es, mög-
lichst schnell gegenzusteuern. Und
dazu könnten Arbeitgeber – so eine
Schweizer Langzeitstudie – schon mit
einfachen Mitteln beitragen, z. B. mit
persönlicher Ansprache und rechtzei-
tiger Arbeitsentlastung.
Nichts geht mehr: Wenn
Arbeit zur Belastung wird
Burnout.
Immer mehr Beschäftigte leiden an Erschöpfungszuständen. Rasch gegenzusteuern, ist besonders wichtig.
AK LIENZ
Alle Infos zum
Kindergeld
B
eim Kindergeld gibt es ins-
gesamt fünf verschiedene
Modelle. Und wie so oft steckt
der Teufel im Detail. Vor allem die
die Zuverdienstgrenzen sorgen
immer wieder für Verwirrung bei
werdenden Eltern. Aufklärung
bringen die Experten Sandra
Moser (TGKK Lienz) und Mag.
Daniel Hainzer (AK Lienz) beim
kostenlosen Infoabend „Alles zum
Kindergeld“ am
Dienstag, dem
25. Februar
, um 19 Uhr in der
AK Lienz. Sie liefern wichtige Ent-
scheidungshilfen und erklären die
verschiedenen Modelle.
Anmeldung:
0800/22 55 22 –
3550 oder
AK REUTTE
Hurra, ein
Baby kommt!
D
ie Schwangerschaft und die
Geburt eines Kindes wirbeln
den Alltag ziemlich durcheinan-
der. Für junge Eltern bringt das
viel Neues mit sich und wirft
zusätzlich zahlreiche Fragen
auf. Wie sieht es etwa mit Wo-
chengeld,
Kündigungsschutz,
Karenz und Kinderbetreuungs-
geld aus? Was muss wem und
wann gemeldet werden? Wich-
tige Infos dazu geben Experten
der AK Reutte beim kostenlosen
Infoabend „Ein Baby kommt“
am
Dienstag, 25. Februar
, um
18.30 Uhr. Sie informieren auch
über Elternteilzeit, Familienbeihil-
fe und Beschäftigungsverbote.
Eine Anmeldung ist erforderlich un-
ter der Hotline 0800/22 55 22
– 3650 oder
THEMA:
SOZIALES & GESUNDHEIT
Nr. 60, Februar 2014
BROSCHÜRE
UNTER DRUCK
Rat & Hilfe bei
Pflegebedarf
Für 81 % ist Burnout eine ernste Krankheit
E
ine schwere Krankheit oder
ein Unfall, und man ist plötz-
lich pflegebedürftig. Das kann
schnell gehen und ist für alle
Betroffenen eine große Heraus-
forderung. Um für eine solche
Situation möglichst umfangreich
zu informieren, haben die Exper-
ten der AK Tirol die Broschüre
„Pflegebedarf – was nun?“ ver-
fasst. Sie enthält Antworten auf
die häufigsten Fragen, wie: Gibt
es für den Wohnungsumbau fi-
nanzielle Unterstützungen? Wo
erhalte ich Pflegehilfsmittel?
Wie beantragt man Pflegegeld?
Welche Förderungen gibt es?
AK Mitglieder können die neue
Broschüre kostenlos anfordern
unter 0800/22 55 22 – 1638
oder herunterladen auf
-
tirol.com
D
ass „Burnout eine ernstzu-
nehmende Krankheit durch
Überlastung im Beruf ist, für die
aber auch private Ursachen ver-
antwortlich sind“, wählten 48 %
im Rahmen der Imas-Umfrage als
Antwort. Für 33 % ist dies „eine
schwerwiegende Krankheit, die
sich durch steigenden Druck und
Geschwindigkeit am Arbeitsplatz
in Zukunft häufen wird“. Als Grün-
de wurden z. B. Mobbing, mangeln-
de Anerkennung, zu wenig Pausen
und ein zu hohes Arbeitspensum
angeführt.
Nur 12 % glaubten, dass „Burn-
out eine Modeerscheinung ist
und von den betroffenen Arbeit-
nehmern oft vorgeschoben wird“.
Das assoziierten die Befragten mit
„Burnout“:
• Überlastung bzw. Überforderung
allgemein (28 %),
• Stress allgemein (25 %),
• zu hohes Arbeitspensum (14 %),
• Energie-, Antriebslosigkeit (13 %),
• einen „ausgebrannten Zustand“
(13 %),
• totale Erschöpfung, Zusammen-
bruch (12 %),
• Depression (11 %),
• Leistungs- und Termindruck (9 %),
• Müdigkeit (9 %).
An der Umfrage im Oktober 2013
nahmen 1.010 Österreicher ab 16
Jahren teil. 451 waren unselbst-
ständig erwerbstätig.
Foto:grantata68/Fotolia.com
Foto:NicoleEffinger/Fotolia.com
22 % denken an Jobwechsel.
Dass ein Umdenken höchst an der Zeit
ist, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen
Umfrage des Imas-Marktforschungsin-
stituts im Auftrag eines Personaldienst-
leisters (siehe Kasten links): 22 % der
1.010 Teilnehmer gaben an, dass sie in
den letzten Monaten darüber nachge-
dacht hatten, 2014 den Arbeitsplatz zu
wechseln!
Ihre Motive: Zu niedrige Gehäl-
ter, schlechtes Betriebsklima, fehlende
Anerkennung und beschränkte Auf-
stiegsmöglichkeiten. Am häufigsten
antworteten dies Beschäftigte aus
Westösterreich sowie im Alter zwischen
16 und 29 Jahren. Und überwiegend
Frauen beklagten, dass ihre Leistungen
zu wenig geschätzt werden.
Daneben zeigt die Umfrage, wie sehr
den Menschen die Belastungen am Ar-
beitsplatz zu schaffen machen: Für 87 %
hat der Druck in den letzten Jahren zu-
genommen (41 % sind „voll und ganz“
dieser Ansicht, 46 % „einigermaßen“).
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