Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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THEMA:
POSITIONEN
Nr. 63, Mai 2014
DISKUSSION
Was ist
Demokratie?
W
ir sind einer Vielzahl von
Krisen ausgesetzt: Der
Finanz-, Europa-, Energie- und
Wachstumskrise, der Krise
der Arbeit und der Klima- und
Hungerkrise. In dieser Situation
stellt sich die Frage, welcher von
diesen Krisen wir uns zuerst
zuwenden müssen, um die
Bedingungen zu verbessern. All
das beleuchtet der Philosoph und
Autor Thomas Seibert in seinem
Vortrag „Was ist und wozu
treibt man – Demokratie?“, am
Dienstag, 20. Mai, 18.30 Uhr
,
in der
AK Tirol
, Innsbruck, Maxi-
milianstr. 7, im Rahmen der Ver-
anstaltungsreihe „Systemfehler“.
Die Reihe ist eine Kooperation
mit dem Büro für Gender Studies
der Universität Innsbruck, ÖGB
Tirol sowie AMS.
Die Abschlussveranstaltung
der Reihe findet am
17. Juni,
18.30 Uhr
, in der
AK Tirol,
unter
dem Titel
„Krise des Kapitalis-
mus – Krise der Demokratie“
statt. Es diskutieren: Ulrike
Herrmann (taz Wirtschaftsre-
daktion, Berlin), Franz Schultheis
(Soziologe, Universität St. Gallen),
Sighard Neckel (Soziologe,
Goethe-Universität Frankfurt a.
M.) und Stefanie Wöhl (Politikwis-
senschafterin, Universität Wien).
Anmeldungen: johann.ofner@
ak-tirol.com oder 0800/22 55
22 – 1930.
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK Präsident
L
eiharbeiter haben meist kein leichtes Leben: Sie
fallen als erste einem Personalabbau zum Opfer,
sind in wechselnden Betrieben tätig, müssen sich neu
orientieren und oft die schlechter bezahlten Arbeiten
übernehmen. An sich soll die Möglichkeit der Arbeits-
kräfteüberlassung den Betrieben mehr Flexibilität er-
möglichen, um auf kurzfristige Auftragsschwankungen
reagieren zu können. Doch Leiharbeit wird auch ge-
zielt gegen die Stammbelegschaft eingesetzt. Um zu-
mindest Chancengleichheit herzustellen, konnten auf
Druck von AK und ÖGB einige Verbesserungen erreicht
werden, indem Leiharbeiter de facto mit der Stammbelegschaft bei Lohn bzw.
Gehalt gleichgestellt wurden und auch Stehzeiten in voller Höhe zu bezahlen sind.
Doch immer noch stuft jeder vierte Betrieb seine Leiharbeiter nicht richtig ein.
Leiharbeit darf kein Dauerzustand für Arbeitnehmer sein. Wir brauchen in Tirol
dringend mehr sichere und gutbezahlte Vollzeitarbeitsplätze statt schneller Jobs.
Gute Arbeit, von der die Beschäftigten auch leben können, statt sie gegeneinan-
der auszuspielen.
<<
grüne in der ak
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
L
eiharbeit ist in überwiegendem Ausmaß schlecht
für die Betroffenen! Obwohl auf Druck der Gewerk-
schaften und der Arbeiterkammern einige gesetzliche
Regelungen getroffen wurden, steht bei Leiharbeit in
den Unternehmen die Gewinnmaximierung und nicht der
Mensch im Mittelpunkt. Im Zusammenhang mit Leihar-
beit wird immer wieder über geringe Bezahlung, schlech-
te Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten, Unsicherheit
und Willkür berichtet. Gerade große, meist sehr profita-
ble Firmen erhöhen ständig ihren Anteil an Leiharbeit.
Die Übernahme in ein reguläres Dienstverhältnis ist leider die Ausnahme. Und es
werden immer neue Formen entwickelt, die Personalkosten zu minimieren und die
Rechte von Beschäftigten einzuschränken. Mit Scheinselbstständigkeit, undurch-
sichtigen Werkverträgen – oft mit Firmensitz im Ausland – und Praktika werden
Gesetze umgangen und sogar gebrochen. Kaum gelingt es, halbwegs erträgliche
und menschliche Arbeitsverhältnisse durchzusetzen, werden neue Ausbeutungs-
formen erfunden. Leiharbeit muss nur als reine Überbrückung möglich sein.
<<
freiheitliche arbeitnehmer in der ak
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
L
eiharbeit, Personalleasing, Arbeitskräfteüberlassung
sind Begriffe, die in unserer Arbeitswelt selbstver-
ständlich geworden sind. Von den Einen alsWundermittel
gegen Arbeitslosigkeit gepriesen, von Anderen als Aus-
beutung verteufelt, bedeutet diese neue Arbeitsform eine
Herausforderung für die Sozialpartner, um eine gerechte
Regelung zu erreichen. Zwei Beispiele dazu: In ÖBB-Zü-
gen wird ungarisches Personal in Speisewagen beschäf-
tigt (von einer ungarischen Personalüberlassungsfirma).
Das monatliche Einkommen des Personals beträgt 500
Euro, das übliche Einkommen würde ca.1500 Euro ausmachen. Auf der anderen
Seite Josef, erlernter Beruf Elektriker, mit 49 Jahren arbeitslos geworden, als
Leiharbeiter in einem Industriebetrieb beschäftigt. Josef wird von diesem Betrieb
später übernommen. „Fluch oder Segen“ wird aber nicht allein in Österreich ent-
schieden. Wir Freiheitlichen Arbeitnehmer fordern eine dringende Überarbeitung
der EU-Entsenderichtlinie VO 593/2008, um Lohndumping und Ausbeutung von
Arbeitnehmern verhindern zu können.
<<
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
I
mmer mehr Betriebe bedienen sich Leiharbeitern.
Ein Unternehmer sagt zum anderen: „Die arbeiten,
wann ich will und wo ich will“. Eine traurige Realität in
unserem System. Tiroler Unternehmer beschäftigen
aktuell mehr als 2.000 Leiharbeiter, und die Tendenz
ist weiter steigend. DiesemModell muss in Form einer
prozentualen Begrenzung ein Riegel vorgeschoben
werden. Wenn es auch in Österreich mittels eigenem
Kollektivvertrag im internationalen Vergleich sehr gute
Rahmenbedingungen gibt, führt Leiharbeit doch zu
erhöhtem Unfallrisiko, Arbeitsplatzverlustrisiko, in der
Regel kürzeren Kündigungsfristen, vielfach weniger Einkommen und schlech-
teren Arbeits- und Rahmenbedingungen sowie unsicherer Lebensplanung für
die Betroffenen. Die Fraktion Sozialdemokratische GewerkschafterInnen fordert,
dass Leiharbeiter nach einem halben Jahr in die Stammbelegschaft aufgenom-
men werden müssen, immerhin verrichten sie dieselbe Arbeit. So flexibel muss
die Wirtschaft schon sein, denn sie fordert schon fast täglich selbiges von den
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
<<
AK Fraktionen zum Thema:
Baustelle Leiharbeit
Warmer
Regen für Aktionäre
2,1 Milliarden Euro.
Diese Summe schütten die im Elite-Index ATX gelisteten Unternehmen an Dividenden für
2013 aus. Das sind um 3,9 % mehr als im Vorjahr. Die Ausschüttungsquote erhöht sich um 45 % auf knapp 60 %!
D
as heißt nichts anderes, als dass
trotz gesunkener Gewinne die
Höhe der Dividenden gleich
bleibt bzw. sogar steigt. „Eine sorgsame
und nachhaltige Unternehmenspolitik
kann man darin wahrlich nicht erken-
nen“, kritisiert AK Präsident Erwin
Zangerl und fordert die Unternehmen
auf, das Geld in den Firmen zu halten
und in die Zukunft der Betriebe zu in-
vestieren.
Warmer Geldregen.
Während
sich in der laufenden Berichtssaison
auf der einen Seite Negativ-Meldungen
von börsennotierten Unternehmen häu-
fen – von Personalkürzungen über Ab-
schreibungen bis hin zu Umsatz- und
Gewinneinbußen, dürfen sich auf der
anderen Seite die Aktionärinnen und
Aktionäre über saftige Dividenden freu-
en. Denn die Negativ-Entwicklung in
den Gewinn- und Verlustrechnungen
(GuV) schlagen sich bei den Ausschüt-
tungen nicht nieder. Im Gegenteil: Alle
20 ATX-Unternehmen (inklusive Ana-
lystenschätzungen für Voestalpine und
Zumtobel sowie Ankündigung Immofi-
nanz) werden heuer für das Geschäfts-
jahr 2013 Dividenden in Höhe von
rund 2,1 Milliarden Euro ausschütten –
macht ein Plus von 3,9 % im Vergleich
zum Vorjahr. In 60 % der Konzerne
werden die Dividendenzahlungen er-
höht – zum Teil sehr kräftig.
Ausschüttungs-Explosion.
Bei
gleichzeitig sinkenden Konzernergeb-
nissen führt diese Politik in Summe zu
einer wahren Explosion der Ausschüt-
tungsquoten: Umgerechnet auf jene 17
Unternehmen, die bereits für das Ge-
schäftsjahr 2013 ihre Bilanzen gelegt
haben, liegt die Ausschüttungsquote bei
fast 60 %! Im Vorjahr machte die Aus-
schüttungsquote noch 40,1 % aus – das
bedeutet für das heurige Jahr eine Steige-
rung von 45 %.
Einige „Schmankerl“ dazu: Der Bau-
stoffkonzern Wienerberger belohnt seine
Aktionäre mit einer Dividende, obwohl
das Unternehmen einen Verlust geschrie-
ben hat – allerdings hat das schon fast
Tradition, auch im Vorjahr wurde trotz
Minus verteilt. Ähnlich bei der Erste
Group: Da steht zwar am Ende der GuV
noch ein Plus von 61 Millionen Euro,
zieht man allerdings die Dividende für
das Partizipationskapital ab, resultiert da-
raus ein zu verteilendes Ergebnis von mi-
nus 23,7 Millionen Euro. Mit dem Im-
mobilienunternehmen Conwert und der
Österreichischen Post – dem Dividen-
denpapier im ATX – gibt es gleich zwei
ATX-Mitglieder, die mehr ausschütten
als sie Gewinn erwirtschaftet haben.
<<
D
ie Top- 5-Ausschütter sind
die OMV mit 407,8 Millio-
nen Euro, gefolgt von Verbund
(347,4 Mio. Euro), Raiffeisen
Bank International (298,3
Mio. Euro), Vienna Insurance
Group (166,4 Mio. Euro) und
Voestalpine mit 165,5 Millio-
nen Euro. „Diese Entwicklung
ist alles andere als erfreulich“,
so Zangerl. „Den Unterneh-
men werden auf diese Art und
Weise wichtige Investitionen in
die Zukunft vorenthalten, was
wiederum zu einem Bumerang
werden kann. Denn irgend-
wann leidet die Wettbewerbs-
fähigkeit und die Folge ist dann
das Unkreativste, was sich
die Manager einfallen lassen
können: massiver Personal-
abbau.“ Der AK Präsident for-
dert daher die Unternehmen
auf: Weniger ausschütten und
mehr in die Unternehmen und
Mitarbeiter investieren.
Die Liste der
Top-5-Ausschütter
Üppiger Geldregen.
Darüber können sich die Aktionäre der ATX-Unternehmen
freuen.
Foto:FranzPfluegl/Fotolia.com
Foto:GrischaGeorgiew/Fotolia.com
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