Tiroler Arbeiterzeitung - page 6

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Nr. 63, Mai 2014
THEMA:
ARBEIT & SOZIALes
Problemfeld
Leiharbeit
Untersuchung.
Verbesserungen, aber noch keine Gleichstellung brachte das neue
Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Das ergab eine Online-Befragung unter Betriebsräten.
F
ür die Unternehmen ist sie ein
Erfolgsmodell: Die Einführung
der Leiharbeit, die mit dem Ar-
beitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG)
von 1988 geregelt wurde. Aber nicht
nur die Zahl der überlassenen Dienst-
nehmer stieg seither stetig, sondern
auch jene der Beschwerden von Be-
troffenen.
Seit 1. Jänner 2013 ist das neue AÜG
in Kraft, mit dem die EU-Richtlinie
zur Leiharbeit in österreichisches Recht
umgesetzt wurde. Wichtigste Grund-
sätze sind: Gleichbehandlungsgebote
und Diskriminierungsverbote.
Ob sich aber die Situation damit auch
verbessert hat, sollte die Untersuchung
„Leiharbeit – Faktische Auswirkungen
des Gleichbehandlungsgebots“ von AK
und PRO-GE klären. Im Februar 2014
fand dazu eine Online-Befragung von
Betriebsräten in Beschäftigerbetrieben
statt (Stichprobenumfang: 107).
Befragt wurde die Behandlung von
Leiharbeitern bei Bonifikationen bzw.
Prämien, Betriebspension, Ist-Lohn,
KV-Einstufung, Sozialleistungen und
Weiterbildung. Im genaueren, ob Zeit-
arbeitskräfte gegenüber der Stammbe-
legschaft gleich oder schlechter gestellt
sind.
Ergebnis.
Offenbar hat das AÜG
Positives bewirkt, aber die gesetzlich
vorgeschriebene Gleichbehandlung
ist längst noch nicht erreicht. Drei
Problemfelder lassen sich erkennen:
1. Weiterbildung:
Hier gaben 48 %
der Betriebsräte an, dass Zeitarbeit-
nehmer in ihrem Betrieb benach-
teiligt werden.
2. Bezahlung:
Nach wie vor stuft je-
der vierte Betrieb Leiharbeiter nicht
korrekt gemäß des für vergleich-
bare Tätigkeiten anzuwendenden
Kollektivvertrages ein. Bei derzeit
knapp 72.000 Betroffenen bedeu-
tet allein dies ein „Körberlgeld“
von mehreren Millionen Euro. Be-
nachteiligungen bestehen auch bei
Ist-Löhnen und darin, dass Leihar-
beiter bei Bonifikationen/Prämien
nicht berücksichtigt werden.
3. Sozialleistungen.
Obwohl sich die
stärkste positive Auswirkung der
AÜG-Novelle beim gleichgestell-
ten Zugang zu Sozialleistungen
zeigt, gaben immer noch 16 % an,
dass Zeitarbeitskräfte in ihrem Un-
ternehmen benachteiligt sind.
Hinzu kommt der
Sonderfall Be-
triebspensionen
: Nicht einmal die
Hälfte der untersuchten Betriebe hat
eine betriebliche Altersvorsorge. Gibt
es eine Betriebspension, sind in zwei
Drittel der Unternehmen Zeitar-
beitnehmer benachteiligt und nur in
einem Drittel gleichgestellt.
„Von Gleichberechtigung kann
also noch keine Rede sein“, betont
AK Präsident Erwin Zangerl. Neben
mehr Kontrollen fordert die AK Tirol
deshalb auch
Anspruch auf Übernahme ins
Stammpersonal.
Nach sechs Mo-
naten ist ein Übernahmeangebot zu
machen. Das verhindert, dass Leih-
arbeiter zu einer „Konkurrenzbeleg-
schaft“ werden.
Anteil der Leiharbeiter auf maxi-
mal 10 % beschränken
.
Mehr Transparenz in den Jahresab-
schlüssen
, indem die Anzahl sowie
Aufwendungen für Leiharbeitskräf-
te detailliert ausgewiesen werden.
Synchronisationsverbot bei Ein-
satzende:
Die einvernehmliche Be-
endigung eines Arbeitsverhältnisses
bei Ende einer Überlassung muss
verboten werden, außer der Leihar-
beiter geht unmittelbar danach ein
anderes Arbeitsverhältnis ein.
<<
Ausbessern.
Noch immer gibt es keine Gleichbehandlung für Leiharbeiter,
obwohl es das Gesetz vorsieht.
BROSCHÜRE
Geld bei
Krankheit
G
erade bei einer längeren
Erkrankung oder einem
Unfall ist es wichtig, dass der
Lebensunterhalt des Arbeitneh-
mers gesichert ist – das nennt
sich Entgeltfortzahlung. Dieses
Entgelt ist jedoch nicht nur Lohn
und Gehalt. Auch regelmäßige
Überstunden oder Zulagen, im
Durchschnitt gerechnet, gehö-
ren dazu. Wie lange bezahlt wer-
den muss, hängt von der Dauer
der Betriebszugehörigkeit ab und
ist bei Arbeitern und Angestell-
ten verschieden. Zunächst muss
die Firma das Entgelt voll zahlen,
später zur Hälfte. Danach gibt
es Krankengeld. Mehr Infos dazu
gibts in der Broschüre „Entgelt-
fortzahlung“.
AKMitglieder können sie kosten-
los anfordern unter 0800/22 55
22 – 1432 oder herunterladen
auf
GUT ZU WISSEN
Gleitend in
die Pension
N
ach einem langen Arbeitsle-
ben vor der Pension ein biss-
chen ruhiger treten? Das ist im
Rahmen der Altersteilzeit mög-
lich. Sie gibt älteren Beschäftigten
die Chance, ihre Arbeitszeit mit
Zustimmung des Arbeitgebers zu
reduzieren. So kann ein gleiten-
der Übergang in die Pension ge-
schaffen werden. Die Arbeitszeit
wird um 40 bis 60 % verringert,
und das Entgelt beträgt dabei je
nach Modell zwischen 70 und
80 % des bisherigen Einkom-
mens. Der Betrieb bekommt dazu
eine Förderung vom AMS. Das
Altersteilzeitgeld kann längstens
bis zu fünf Jahre für Personen
gewährt werden, die nach späte-
stens sieben Jahren das Regel-
pensionsalter erreichen.
Es gibt dabei auch sogenannte
Blockmodelle,dieesunterbestimm-
ten Bedingungen ermöglichen, im
ersten Durchrechnungszeitraum
voll weiter zu arbeiten, um dann im
zweiten Abschnitt die eingearbei-
teten Zeiten zu verbrauchen und
damit vom Dienst freigestellt zu
sein. Das Antrittsalter beträgt für
Männer 58 Jahre und für Frauen
53 Jahre. Mehr dazu finden Sie in
der AK Broschüre „Altersteilzeit
und Arbeitsvertrag“, kostenlos an-
zufordern unter 0800/22 55 22
– 1432 oder herunterzuladen auf
Schau genau.
Der Arbeitgeber muss Ihnen eine Kopie der Anmeldung zur
Sozialversicherung geben – und zwar unverzüglich. Kontrollieren Sie die Angaben.
V
ollzeit beschäftigt, aber nur
halbtags gemeldet. Ein Teil des
Lohns wird schwarz bezahlt.
Das ist zwar illegal, aber nicht selten
Realität. Die Arbeitnehmer schauen
dabei durch die Finger: Falschmel-
dungen kosten viel Geld, denn sie ver-
ringern die Bemessungsgrundlage für
Arbeitslosengeld, Krankengeld, Abfer-
tigung und Pension drastisch.
Falsche Meldung.
Erkun-
digen Sie sich persönlich mit Ihrem
Lohnzettel bei der Gebietskranken-
kasse (GKK), wie Sie angemeldet
sind. Beantragen Sie bei der GKK eine
Korrektur, wenn Sie mit zu geringem
Lohn oder falsch gemeldet sind. Die
GKK kann den Arbeitgeber zur Kor-
rektur der Meldung und zur Nachzah-
lung von Beiträgen für 3 Jahre (in Aus-
nahmefällen für 5 Jahre) rückwirkend
verpflichten. Für verjährte Beiträge zur
Pensionsversicherung kann der Arbeit-
nehmer selbst spätestens bis zum Pen-
sionsantritt bei der GKK einen Antrag
auf Nachentrichtung der Beiträge für
die Pensionsversicherung stellen.
Nehmen Sie eine Falschmeldung
nicht auf die leichte Schulter! Der
Schaden ist enorm. Ein Beispiel: Wenn
ein Arbeitnehmer fünf Jahre nicht und
zehn Jahre falsch gemeldet ist und statt
1.800 nur 900 Euro verdient, beträgt
allein der Pensionsschaden hochge-
rechnet auf die Lebenserwartung und
bei vorsichtigen Annahmen rund
100.000 Euro.
Das gilt.
Im Rahmen eines Ar-
beitsverhältnisses hat die Pflicht-
versicherung der Arbeitnehmer bei
der GKK mit der Aufnahme des Ar-
beitsverhältnisses zu erfolgen. Mit
Ende des Beschäftigungs-, Lehr- oder
Ausbildungsverhältnisses erlischt die
Pflichtversicherung. Eine Verlänge-
rung erfolgt dann, wenn nach Ende
Sind Sie
richtig angemeldet?
Alles o.k.
Franz hat alles kontrolliert. Seine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse passt.
Die AK Experten empfehlen jedem
Arbeitgeber dringend, An- und Ab-
meldung korrekt und umgehend
zu erstatten. Sollte dies nicht ge-
schehen, kann bei der Bezirksverwal-
tungsbehörde eine entsprechende
Anzeige erstattet werden.
des Arbeitsverhältnisses noch ein An-
spruch auf Entgelt besteht, z. B. ein
ausbezahlter Urlaub.
Die Arbeitnehmer haben sowohl
bei der Anmeldung zu Beginn des
Arbeitsverhältnisses, sowie bei der Ab-
meldung am Ende der Tätigkeit einen
gesetzlichen Anspruch auf Aushändi-
gung einer Bestätigung darüber.
Anmeldung.
Die Kopie der An-
meldebestätigung soll für den Arbeit-
nehmer vor allem dokumentieren, dass
er ordnungsgemäß angemeldet und so-
mit auch versichert ist.
Abmeldung.
Aus einer ordnungs-
gemäßen Abmeldung können sich An-
sprüche aus der Krankenversicherung
und der Arbeitslosenversicherung er-
geben.
Säumig.
Eine allfällige Säumigkeit
des Arbeitgebers ist im § 111 ASVG
geregelt. Darin heißt es, dass ordnungs-
widrig handelt, wer als Arbeitgeber
entgegen den Vorschriften Meldungen
oder Anzeigen nicht oder falsch oder
nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche
Ordnungswidrigkeit ist von der zustän-
digen Bezirksverwaltungsbehörde als
Verwaltungsübertretung zu bestrafen.
Die Geldstrafe kann zwischen 730 Euro
bis zu 2.180 Euro betragen, imWieder-
holungsfalle bis zu 5.000 Euro. Die Ver-
jährungsfrist bei solchen Verwaltungsü-
bertretungen beträgt ein Jahr.
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Foto:GüntherMenzel/Fotolia.com
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Foto:Kadmy/Fotolia.com
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